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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 1874

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Dungel, Adalbert: Die neueren archäologischen Funde in der Umgebung von Mautern
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Die neueren archäologischen Funde in der Umgebung von Mautern.
Von Adalbert Dungel.1

Den ans früheren Decennien von Mautern a. d.
Donau bekannt gewordenen Funden 3 reihen sich aus
den letzten Jahren neue an, welche den älteren an
Bedeutung nicht nachstehen.
In den Monaten März und April des Jahres 1871
wurde der Canal von der Nicolaigasse an entlang der
Ostseite des Stadtplatzes verlängert, bei welcher
Gelegenheit man einen ausgefüllten Graben fand,
welcher von seiner ursprünglichen südlichen Richtung
bei dem Hause Nr. 70 westlich gegen das Bezirks-
gerichtsgebäude abbog. Obwohl man über 2 Meter tief
und über 1 Meter breit gegraben hatte, konnte doch
weder seine volle Tiefe noch Breite erhoben werden.
Ausgefüllt war derselbe bis zu einer Tiefe von 1 Meter
mit einem regellosen Gemisch von Erde, Gefäss- und
Ziegelstücken, Bruchsteinen und Quadern, welche noch
Mörtelspuren zeigten und offenbar von einer Mauer her-
rührten; darüber lagen beiläufig 40 Skelette von Men-
schen des verschiedensten Alters, von denen einige
Kalkspuren trugen, während bei den anderen die sonst
schwarze, fette Erde eine gelbliche Färbung zeigte.
In der tieferen Schichte fand sich unter den Quadern
ein Bruchstück eines römischen Inschriftsteines, 47 Cen-
timeter lang und 37 Centimeter breit , mit drei In-
schriften, s der bereits im Corpus Inscriptionum III. 2.
addit. aust.n. 6567 im getreuen Facsimile mitgetheilten
Inschrift.
Diis Manibus . (Aelius oder Julius) Restitutus Vete-
ranus . . . Kampania . . . ila Conjux .... Et Kampania
. . Fratri Carissimo Urso . . — 3 Es ist ein Grabstein,
welchen ein Veteran seinem verstorbenen Bruder
Ursus setzte und gehört, nach dem Charakter der
Buchstaben und den Ligaturen zu urtheilen, in die Zeit
des Kaisers Commodus (180— 192) oder Septimius
Severus (193—211). Leider mangelt die Angabe des
Truppenkörpers, welchem der Veteran augehört hatte,
doch dürfte mit grösster Wahrscheinlichkeit auf die
II. italische Legion geschlossen werden können, die
um das Jahr 1734 aus Norikern und für Noricum errichtet
wurde und deren Vorkommen in Mautern ein Ziegel-
stempelbeweist.5 „Kampania“ könnte wohl die gleich-
namige Provinz Italiens und damit das Vaterland des
Veteranen bedeuten, doch dürfte es in diesem Falle
schon mit Rücksicht auf die folgende Wiederholung „Et
Kamp.“ ein Frauenname sein; als solchen hat ihn auch
eine Inschrift6 in England gefunden. Der Name Ursus
ist auf norischen Denkmälern nicht selten.7
1 Auf die meisten der hier mitgetheilten Funde wurde ich durch die
Herren Lambert Karner, Cooperator in Mautern, Dr. Schäferin Furth aufmerk-
sam gemacht, was ich hier dankendanerkenne.
3 Mitgetheilt inHormayr's Archiv für Geogr. etc. 1825, pag. 29 u. f. —
Schweighardt, V. O. W.W. X. pag. 32. — Archiv für Kunde öst. Gesch. XIII.
pag. 84.
3 Der Inschriftstein befindet sich im kais. Antikencabinet in Wien.
4 Kenner, Noricum und Pannonia, Separatdruck, pag. 62.
5 Hormayr, Archiv 1525, Kenner, Noricum, S. 136.
6 Gruteri Corpus Inscript. 546 Nr. 5. — Vgl. auch 1. c 474,7. .
7 Gruteri 1. c. 704, Nr. 2, —Muchar, Geschichte der Steiermark I.,
S. 411, 424.
XIX.

In demselben Jahre wurden weiter gefunden in
westlicher Richtung von Mautern bei Vergrösserung
des Kellers des Herrn Bürgermeisters Ramsl Stücke von
den bekannten römischen Ziegeln und Gefässscherben;
in einem Weingarten ein Grab mit Skelett und Gefässen,
darunter ein napfförmiges von gewöhnlichem braunen
Thon. Auch in Maut e mb ach wurden beim Ver-
grössern eines Kellers in bedeutender Tiefe mehrere
Gefässeder späteren römischen Zeit angehörig gefunden,
darunter ein krugförmiges, 10 Centimeter hoch, aus
grauem Thon und äusserlieh mit Graphit überzogen.
Ein anderer Fund desselben Jahres stammt von
einem Acker, welcher in der Nähe des Ortes Brunn-
kirchen bei der sogenannten „Zwingellacke“, einem
alten, theilweise abgebauten und versandeten Donau-
Arme, gelegen ist. DerEigenthümer hatte von demselben
30 Centimeter tief Erde abgehoben und stiess bei dem
späteren Umackern auf Mauerwerk, welches er heraus-
nahm. In dem Mauerwerk fand er eine Öffnung mit
einem Gefäss aus Metall, .welches 20 römische Bronze-
münzen enthielt, und die Öffnung schlossen zwei zusam-
mengehörige Mühlsteine. Das Gefäss wurde als schad-
haft weggeworfen und die Münzen in Spiritus gelegt,
wassieleider unkenntlich machte; eine davon, in meinem
Besitze, ist, nach dem Kopfbilde zu schliessen, ein
Trajan. Die beiden Mühlsteine haben einer Handmühle
angehört und sind ans Glimmerschiefer mit eingespreng-
ten Granaten, welche Steinart in der Nähe des Fund-
ortes vorkommt; sie haben einen Durchmesser von
40—43 Centimetern und eine Dicke von 4—5 Centi-
metern, sind stark verwittert und zeigen an den reiben-
den Flächen nur sehr geringe Spuren einer ehemaligen
Politur. Das Ganze dürfte den Schatz einer armen
Familie darstellen, den man vor einem feindlichen Ein-
brüche durch Verbergen sichern wollte.
Noch reicher an Funden war das Jahr 1872. In
der Nähe des Marktes Furth knapp an der Strasse
nach Mautern wurde auf einem Acker Erde ausgehoben
und in einer Tiefe von beiläufig 1 Meter zahlreiche Ge-
fässe, als Urnen, Näpfe, Deckel u. s. w. aus braunem
Thon an der Scheibe gedreht und gut gebrannt gefunden,
welche jedenfalls einheimische Erzeugnisse sind und
eine auffallende Ähnlichkeit mit einem Theile der Funde
in den Hügelgräbern von Ober-Bergern1 zeigen. Kein
Umstand deutet hier auf eine Begräbnissstätte und
dürften diese Gefässe von einer Ansiedlung herstammen.
Bei dem Orte Palt wurde ein Ziegelofen errichtet,
und dabei ebenfalls Erwähnenswerthes ausgegraben.
Diese Funde lassen sich bestimmt als zwei Perioden
angehörig scheiden. In der Tiefe von mehr als 2 Metern
wurden Theile von Hirschhorn, becherförmigen Gefässen,
welche mit freier Hand geformt und nur schwach ge-
brannt sind, Schalen mit einem röhrenartigen Ansatz
i Blätter des Vereines für Landeskunde von Niederösterreich, 1868,
pag. 100.

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