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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 1874

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Kohn, N.: Über ein Votivtäfelchen aus Cilli
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Grueber, Bernhard: Die Kunst des Mittelalters in Böhmen, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.26256#0055

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Name auf den beiden oben erwähnten Votiv-Steinen der-
selben Fundstätte begegnet. Während dort das Prseno-
men des Procurators fehlt, wurde auf unserem Votiv-
täfelclien mit seinem knappen, ohnediess sorgfältig aus-
genützten Raume — wie übrigens auch in der besten

Zeit zu geschehen pflegte — das nomen gentilicium
weggelassen. So 'würden also, wenn die hier ausge-
sprochene Vermuthung berechtigt ist, diese drei Denk-
mäler sich gegenseitig ergänzen, um uns den vollen
Namen eines Procurators von Noricum zu überliefern.

Die Kunst des Mittelalters in Böhmen.
Von Bernhard Grueber.
Fortsetzung.
(Mit 21 Holzschnitten.)

Sculptur.
Wie die Baukunst im ersten Viertel des dreizehn-
ten Jahrhunderts noch an der romanischen Formgebung
festhielt und erst nach dem Tode Otakar I. (1230)
eine veränderte Richtung annahm, so bewegt sich auch
die gleichzeitige Bildnerei in den hergebrachten byzan-
tinischen Traditionen, welche nur allmählich einer
freiem, auf Naturstudien gegründeten Anschauungs- und
Behandlungsweise Platz machen.
Wenn auch die Sculpturen der gothischen Periode
im Vergleich mit den byzantinischen Gebilden eine
minder regelmässige Zeichnung einhalten und häufig
ein manierirtes, ja sogar ein verschobenes Ansehen haben,
offenbart sich dennoch in den früh-gothischen Werken
ein beachtenswerthes Streben nach Ausdruck und Be-
wegung, welches als richtiger Fortschritt bezeichnet
werden muss.
In so ausgedehnter und wirksamer Weise wie in den
nachbarlichen fränkischen und sächsischen Gauen kam
in Böhmen der bildnerische Schmuck nicht in Anwen-
dung : es wurde überhaupt das Bedürfniss plastischer
Ausstattung noch nicht gefühlt, wesshalb jene gross-
artigen Pracht-Portale, die in Frankreich und Deutsch-
land das Aufblühen der Bildhauerkunst im hohen Grade
förderten, in den östlichen Ländern nie allgemeinen Ein-
gang gefunden haben. Die Bogenfelder über den Portalen

bleiben wie in früherer Zeit vorzugsweise die Stellen pla-
stischer Ausstattung und es sind halberhabene Arbeiten am
meisten beliebt. Im Innenbau sind die Schlusssteine der
Gewölbe, die Capitäle und Gurtträger häufig mit figür-
lichen Darstellungen ausgestattet, auch fehlen die aller-
orten vorkommenden Bestiarien beinahe an keinemÜber-
gangsdenkmal. Desto seltener treten runde Statuen auf
und nur in denGewänden derHaupt-Portale zuTischnowitz
und Kolin werden reichere Zusammenstellungen freier
Figuren getroffen, wenn auch hie und da, z. B. in Hra-
dist und Pomuk ähnliche Anordnungen vorhanden
gewesen sein mögen.
Das Material, aus welchem die meisten der bisher
bekannten monumentalen Sculpturen hergestellt sind,
ist Sandstein und es wurde der bei Prag vorgehende
feinkörnige Mergelsandstein zu diesem Zwecke nach
allen Gegenden des Landes verführt. Granit wurde
ausnahmsweise benützt, wie z. B. in Hohenfurt, öfter
jedoch kommt vor, dass man in granitisclien Gegenden
den für Bildhauerarbeiten nöthigen Sandstein aus der
Ferne herbeiholte. Die Holzschnitzerei wurde geübt,
eben so die Thonformerei, doch haben sich nur wenige
Reste aus dieser Zeit erhalten.. Metallarbeiten, Thür-
beschläge, Schlösser, Gitterwerke, welche nachweisbar
dem XIII. Jahrhundert angehören, sind nicht vorhanden:
auch scheint der Erzguss mit Ausnahme der Glocken-
giesserei nicht betrieben worden zu sein. Dagegen ist


7 *

Fig. 1. (Tischnowitz.)
 
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