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Dartmann, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Politische Interaktion in der italienischen Stadtkommune (11. - 14. Jahrhundert) — Mittelalter-Forschungen, Band 36: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34752#0022

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2 Einleitung

2.1 Interaktion und Institution

Jede Institution ist davon abhängig, dass eine hinreichend große
Anzahl von Personen ihre Existenz anerkennt und das gleiche
auch ihren Mitmenschen unterstellt/ Egal, ob es sich um einen
informellen Arbeitskreis, eine Partnerschaft, einen Staat oder die
Römisch-Katholische Kirche handelt: Allen wohnt dieses fiktive
Moment inne, dass ihr Bestehen von Mitgliedern wie Außenstehen-
den geglaubt werden muss. Dieser geteilte und anderen unterstellte
Glaube begründet die Zuweisung von Rollen und Kompetenzen in-
nerhalb der Institution und begründet damit, was vermutlich noch
wichtiger ist, die Erwartung daran, was andere tun oder unterlas-
sen. Ist die Institution hinreichend stabilisiert, wird ihr Fortbeste-
hen auch dadurch nicht in Frage gestellt, dass diese Erwartungen
gelegentlich enttäuscht werden, so lange das nicht zum Regelfall
wird. Stellt sich hingegen dauerhaft eine Diskrepanz zwischen er-
wartetem und beobachtetem Agieren ein, zerfällt der institutioneile
Rahmen oder muss neu definiert werden. Aus einer exklusiven
Partnerschaft wird eine offene Beziehung, eine Freundschaft oder
eine tief empfundene Feindschaft, ein Staat ändert seine politischen
Strukturen, zerfällt oder geht in ein anderes Gemeinwesen auf.
Während im privaten Bereich derartige Prozesse fast zum Regelfall
zu werden scheinen, ist das öffentliche und politische Leben weit-
gehend von der Erwartung geprägt, Institutionen stünden nicht zur
Disposition, sondern seien als soziale Tatsachen beinahe so etwas
wie eine zweite Natur geworden. Der Zerfall oder das Zerschmel-
zen politischer Großeinheiten erscheint deswegen als historische
Zäsur, als Moment, in dem sich die Geschichte plötzlich rasant be-
schleunigt, wie etwa während der europäischen Umbruchsphase
zwischen 1985 und 2000.
Das Zutrauen in die Geltung institutionalisierter Strukturen wird
auf verschiedenen Wegen zum Ausdruck gebracht. Entscheidend
ist zunächst, dass Akteure durch ihr Verhalten deutlich machen,
dass sie diese Geltung anerkennen/ Denn die gegenseitige Verge-

1 STOLLBERG-RiLiNGER, Kaisers, S. 7-22; FRANK u.a., Kaisers.
2 Zur Interaktion in Organisationen vgl. KiESERLiNG, Kommunikation, S. 335-387.
 
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