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Dartmann, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Politische Interaktion in der italienischen Stadtkommune (11. - 14. Jahrhundert) — Mittelalter-Forschungen, Band 36: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34752#0219

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208

Die konsularische Kommune - Genua im 12. Jahrhundert

Damit ist die zweite Frage angesprochen, die die Analyse von
Konflikt und Gericht in der Kommune des 12. Jahrhunderts beant-
wortet hat: Welchen Einfluss gewannen die kommunalen Normen
und Institutionen auf innerstädtische Interaktion? Hier fällt die
Antwort ambivalent aus. Auf der einen Seite steht die erkennbare
regelmäßige Nutzung kommunaler Gerichte, um - modern gespro-
chen - zivilrechtliche Streitigkeiten zu klären. In den meisten Fällen
erschienen die Streitparteien vor Gericht, wo adjudikative Entschei-
dungen getroffen wurden, die Sieger und Verlierer produzierten.
Auf der anderen Seite griff die Kommune dort, wo es für die Kon-
fliktparteien um zentrale Fragen wie die Wahrung der eigenen Ehre
oder gar um Leben und Tod ging, über lange Zeit eher moderierend
ein. Nach den Eidbreven hätten kommunale Amtsträger Morde und
schwere Gewalttaten strikt unterbinden und die Verantwortlichen
hart bestrafen müssen. Statt dessen setzten sie ihre Machtmittel ein,
um eine Versöhnung zwischen den verfeindeten Gruppen herbei-
zuführen. Erst gegen Ende des 12. Jahrhunderts scheint sich das
geändert zu haben. Wertet man das als Indikator für die Versteti-
gung institutioneller Strukturen, wird an dieser Stelle deutlich, wie
prekär auch nach drei Generationen immer noch die Stellung der
Stadtregierungen blieb. Sie konnten sich nicht gegen lang etablier-
te und mit hohem Engagement verfolgte Konventionen der Kon-
fliktführung in den städtischen Oberschichten durchsetzen. Agieren
nach den Vorgaben der Stadtkommune widersprach allzu deutlich
der Aggressivität, mit der miüfcs ihre eigene Ehre wie die ihrer Fa-
milien und Freunde verteidigten. Selbst wenn das den Bestand der
Kommune gefährdete, waren die Mitglieder der städtischen Füh-
rungskreise nicht bereit, auf den bewaffneten Kampf zur Verteidi-
gung des eigenen Status zu verzichten. In diesem Sinne blieb Kom-
mune' darauf angewiesen, dass die Bürger bereit waren, sich den
institutioneilen Vorgaben zu fügen, konnte sie aber nicht in jedem
Fall dazu zwingen.

4.5 Über Geld spricht man - die Finanzen der
Kommune in der Mitte des 12. Jahrhunderts
Zu den notwendigen Voraussetzungen für den raschen Aufstieg der
italienischen Stadtkommunen zählte ihre Fähigkeit, in erheblichem
Ausmaß an den großen finanziellen Mitteln Anteil zu bekommen,
die der städtischen Gesellschaft Italiens seit der Jahrtausend wende
zunehmend zur Verfügung standen. Die Stadt Genua, deren Um-
 
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