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Dartmann, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Politische Interaktion in der italienischen Stadtkommune (11. - 14. Jahrhundert) — Mittelalter-Forschungen, Band 36: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34752#0229

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218

Die konsularische Kommune - Genua im 12. Jahrhundert

wie ihr Widerruf. Die Kommune hatte ein differenziertes System
öffentlicher oder halböffentlicher Situationen etabliert, in dem die
Konsuln ihre Verantwortung für den Umgang mit gemeindlichem
Besitz wahrnahmen, aber in Konsens und Kooperation mit einem
unterschiedlich breiten Kreis von Mitbürgern. Nicht zuletzt die
immer problematische Repräsentation aller Bürger bzw. der ge-
samten Kommune durch Einzelpersonen bewirkte eine mehrfache
Verschränkung von Schriftgebrauch und öffentlicher Interaktion,
wodurch die Repräsentationsverhältnisse über die reine Amtsge-
walt hinaus ab gesichert, weil auf einen breiteren Konsens gestützt
wurden. In der Finanzkrise und ihrer Überwindung in Genua wäh-
rend Mitte des 12. Jahrhunderts erwies sich somit einerseits, in wel-
chem Maße die neue Institution der Kommune bereits ein differen-
ziertes Spektrum von klar definierten Situationen nutzte, in denen
sie institutioneile Zuständigkeiten zur Geltung brachte. Diese Vor-
strukturierung politischer Kommunikation ging andererseits einher
mit öffentlichen Akten, die der Einbindung weiterer Personenkreise
dienten, so dass die Ausübung delegierter Amtsgewalt ad an den
Konsens der Stadtgemeinde zurückgebunden wurde.

4.6 Jenseits der Stadtmauern -
die Sicherung der eigenen Einflusssphäre
Die Außenbeziehungen der ligurischen Hafenstadt waren das ge-
samte 12. Jahrhundert hindurch von dem Bestreben geprägt, sowohl
in ihrer näheren Umgebung als auch an allen für den Fernhandel re-
levanten Küsten des Mittelmeers eigene Positionen zu begründen,
auszubauen und gegen ihre Rivalen zu verteidigen.^" Während der
großen Kriegszüge und kleinen Scharmützel wegen des Einflusses
auf den Mittelmeerhandel musste sich Genua mit Hafenstädten wie
Pisa und Venedig, aber auch mit den unteritalienischen Königen,
dem Kaiser von Byzanz sowie weiteren christlichen und musli-
mischen Herrschaftsträgern in der Levante wie auf der iberischen
Halbinsel auseinandersetzen. In dem Engagement etwa während
des Ersten Kreuzzu^s oder während der Belagerung der spanischen
Hafenstädte Almena und Tortosa in den Jahren 1147 und 1148 la-
gen ebenso große Gewinnspannen wie Risiken, wie sich vor allem
in der Finanzkrise Genuas während der Mitte des 12. Jahrhunderts
zeigte.^

300 Vgl. erneut die Überblicke von ErsTEiN, Genoa; PoLONio, Provincia.
301 Siehe dazu oben Kapitel 4.5.
 
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