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Dartmann, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Politische Interaktion in der italienischen Stadtkommune (11. - 14. Jahrhundert) — Mittelalter-Forschungen, Band 36: Ostfildern, 2012

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.34752#0365

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Politische Interaktion in der Stadtkommune des 13. Jahrhunderts

ob bewaffnet oder unbewaffnet. So sollte verhindert werden, dass
einzelne Große eine große Schar Bewaffneter versammelten, um
dann wirkungsvoll losschlagen zu können.^

5.2.2 Kommunale Gegenmaßnahmen? Die Florentiner Bürgermilizen

Historiographie, Gerichtsakten und auch Statuten zeichnen das
Bild einer Gesellschaft, in der gewalttätige Auseinandersetzungen
an der Tagesordnung waren oder zumindest jederzeit im Bereich
des Möglichen lagen. Es scheint immer wieder zu Angriffen auf
Mitglieder aller Familien gekommen zu sein, gerade auch die ge-
sellschaftliche Elite befleißigte sich eines aggressiven Lebensstils.
Wenn insbesondere Scharen unverheirateter Männer (mucucs) die
Straßen und Plätze unsicher machten, bedeutet das nicht, dass die
Häupter der Familien vor Nachstellungen sicher sein konnten. Die
Florentiner Kommunalregierung schrieb vor allem bestimmten Fa-
milien der Oberschicht unbesehen ihrer höchst unterschiedlichen
sozialen Traditionen ein kaum zu kontrollierendes Gewaltpotenzial
zu.^ Die Regierung war bestrebt, das Gewaltpotenzial in der Stadt
durch normative Vorgaben einzuhegen, die besonders gewaltträch-
tige Momente zu entschärfen geeignet schienen. Im Umkehrschluss
ist plausibel, dass Gewalt bei Nacht, an politischen, religiösen und
wirtschaftlichen Zentralorten der Stadt oder auch gegen die Häu-
ser der Bürger ebenso besonders gefürchtet waren wie gewalttätige
Vergnügungen, weil sie dazu geeignet waren, größere Unruhen
auszulösen. Die Grundzüge der Gewalt scheinen den Genueser
Verhältnissen des 12. Jahrhunderts zu entsprechen, nicht jedoch die
Reaktion der Kommune. Denn wenn die peniblen Normen und Ver-
bote tatsächlich in Florenz verfolgt worden sind, bemühte sich die
Kommune in ganz anderer Intensität darum, den städtischen Raum
als Friedensraum zu sichern.
Die größten Kontingente, die der Kommunalregierung zu die-
sem Zweck zur Verfügung standen, waren bewaffnete Bürgermili-
zen, die entweder in verschiedenen Stadtteilen in Bereitschaft oder
unmittelbar der Regierung zugeordnet waren. Die Florentiner Uber-

202 Ebd. 1, S. 262-277, Statuto del Capitano del Popolo 5,83-111, insbesondere 5,83, S. 262; 90-92,
S. 268. Zu den in diesen Statuten eingerichteten Bürgermilizen siehe unten Kapitel 5.2.2.
203 Zu den gewalttätigen Jugendbanden vgl. CROuzET-PAVAN, Blume; zu den miEüs und ihrem
aggressiven Lebensstil MAiRE ViGUEUR, Cavaliers; zur antimagnatizischer Gesetzgebung ne-
ben FAson, Ricerche; ARRiGHi, Ordinamenti, jetzt zusammenfassend NAjEMY, History, S. 5-34
(zur städtischen Oberschicht), S. 81-87 (Ordinamenti di giustizia); vgl. für die weiteren Ge-
schicke der Klassifikation der Magnaten KLAnscH-ZuBER, Retour.
 
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