Die frühe Genueser Kommune zwischen Fakten und Fiktionen
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berufen, um in ihr auftreten zu können. In der Versammlung selbst
werden persuasive Reden gehalten, gleichsam als ,Beschlussvor-
lagen', die die Versammlung durch zustimmende Rufe annimmt.
Durch den Bezug auf die eidlich eingegangen Verpflichtungen der
Bürger verweist der Konsul zugleich auf die von den Mitbürgern an
ihn delegierte Befehlsgewalt.^^Diese kleine Szene fängt also in der
Konstellation der Protagonisten wie auch in den Grundmustern der
Abläufe eine Situation ein, die in der Stadt des 12. Jahrhunderts zu
den Kernbeständen kommunaler Aktivität zählen sollte. Das The-
ma der Kommunikation - Gott will, dass die Genuesen die von den
Sarazenen gehaltene Stadt erobern, und schenkt ihnen deswegen
einen spektakulären Erfolg, wenn sie die gebotene Demut wahren
- gewährleistet „die Einbindung dieses frühen kommunalen Han-
delns in einen sakralen Kontext."^ Wie in einer Urszene der Genue-
ser Kommune bindet somit Caffaro in dem Gründungsmythos, mit
dem die offiziellen Annalen beginnen, gängige formale Abläufe mit
den Kernthemen Genueser Identität zusammen.
4.3.2 Caffaro, die frühe Kommune und die Auseinan-
dersetzung mit Pisa um die Kontrolle Korsikas
Nachdem die Kommunalannalen den Erfolg im Heiligen Land an
den Anfang ihrer ,Erfolgsgeschichte' gestellt haben, wählt Caffaro
mit den jahrzehntelang währenden Auseinandersetzungen mit Pisa
über die Kontrolle über Korsika einen zweiten Handlungsstrang,
um die Macht Genuas narrativ zu exemplifizieren und zugleich sei-
ne eigene Beteiligung am Geschehen ins rechte Licht zu rücken.^
Für den Zeitraum seit dem Ende des Genueser Engagements wäh-
rend des Ersten Kreuzzugs beinhalten die Annalen neben den ob-
ligatorischen Erwähnungen der Dauer und der Besetzung der ein-
zelnen Konsulate allenfalls dürre Notizen über wichtige Ereignisse.
Nachdem er aber seine Beteiligung am ersten Kollegium der nur
für ein Jahr benannten Konsuln im Jahr 1121 erwähnen durfte, be-
richtet Caffaro nun ausführlich über die Genueser Erfolge während
des Ersten Laterankonzils, an denen er als Gesandter der Kommune
maßgeblich beteiligt war."°
107 Zur Funktionsweise der pariawcMfa siehe unten Kapitel 4.7.2.
108 ScHWEPPENSTETTE, Politik, S. 127.
109 Pisas Bedeutung als ,Erzfeindin' Genuas im narrativen Gefüge der Kommunalannalen Caffa-
ros untersucht ebd. S. 131-141
110 Annali genovesi, hg. v. BELGRANO - IMPERIALE Di SANT'ANGELO 1, S. 17-20. Vgl. zu diesem
Bericht und den ihm zugrundeliegenden Auseinandersetzungen zwischen Genua und Pisa
ScHWEPPENSTETTE, Politik, S. 53 ff.; PoLONio, Provinda, S. 161-164.
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berufen, um in ihr auftreten zu können. In der Versammlung selbst
werden persuasive Reden gehalten, gleichsam als ,Beschlussvor-
lagen', die die Versammlung durch zustimmende Rufe annimmt.
Durch den Bezug auf die eidlich eingegangen Verpflichtungen der
Bürger verweist der Konsul zugleich auf die von den Mitbürgern an
ihn delegierte Befehlsgewalt.^^Diese kleine Szene fängt also in der
Konstellation der Protagonisten wie auch in den Grundmustern der
Abläufe eine Situation ein, die in der Stadt des 12. Jahrhunderts zu
den Kernbeständen kommunaler Aktivität zählen sollte. Das The-
ma der Kommunikation - Gott will, dass die Genuesen die von den
Sarazenen gehaltene Stadt erobern, und schenkt ihnen deswegen
einen spektakulären Erfolg, wenn sie die gebotene Demut wahren
- gewährleistet „die Einbindung dieses frühen kommunalen Han-
delns in einen sakralen Kontext."^ Wie in einer Urszene der Genue-
ser Kommune bindet somit Caffaro in dem Gründungsmythos, mit
dem die offiziellen Annalen beginnen, gängige formale Abläufe mit
den Kernthemen Genueser Identität zusammen.
4.3.2 Caffaro, die frühe Kommune und die Auseinan-
dersetzung mit Pisa um die Kontrolle Korsikas
Nachdem die Kommunalannalen den Erfolg im Heiligen Land an
den Anfang ihrer ,Erfolgsgeschichte' gestellt haben, wählt Caffaro
mit den jahrzehntelang währenden Auseinandersetzungen mit Pisa
über die Kontrolle über Korsika einen zweiten Handlungsstrang,
um die Macht Genuas narrativ zu exemplifizieren und zugleich sei-
ne eigene Beteiligung am Geschehen ins rechte Licht zu rücken.^
Für den Zeitraum seit dem Ende des Genueser Engagements wäh-
rend des Ersten Kreuzzugs beinhalten die Annalen neben den ob-
ligatorischen Erwähnungen der Dauer und der Besetzung der ein-
zelnen Konsulate allenfalls dürre Notizen über wichtige Ereignisse.
Nachdem er aber seine Beteiligung am ersten Kollegium der nur
für ein Jahr benannten Konsuln im Jahr 1121 erwähnen durfte, be-
richtet Caffaro nun ausführlich über die Genueser Erfolge während
des Ersten Laterankonzils, an denen er als Gesandter der Kommune
maßgeblich beteiligt war."°
107 Zur Funktionsweise der pariawcMfa siehe unten Kapitel 4.7.2.
108 ScHWEPPENSTETTE, Politik, S. 127.
109 Pisas Bedeutung als ,Erzfeindin' Genuas im narrativen Gefüge der Kommunalannalen Caffa-
ros untersucht ebd. S. 131-141
110 Annali genovesi, hg. v. BELGRANO - IMPERIALE Di SANT'ANGELO 1, S. 17-20. Vgl. zu diesem
Bericht und den ihm zugrundeliegenden Auseinandersetzungen zwischen Genua und Pisa
ScHWEPPENSTETTE, Politik, S. 53 ff.; PoLONio, Provinda, S. 161-164.