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Dartmann, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Politische Interaktion in der italienischen Stadtkommune (11. - 14. Jahrhundert) — Mittelalter-Forschungen, Band 36: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34752#0134

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Geschichte und Überlieferung Genuas im 12. Jahrhundert

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tische Leben nachzuverfolgen und ihre Bedeutung gegen die an-
derer handlungsleitender Orientierungen abzuwägen. Die Folgen,
die die sich verfestigenden politischen Strukturen für die direkte
Interaktion hatten, lassen sich dann aus einer doppelten Perspekti-
ve erfassen. Einerseits ermöglicht es die Rekonstruktion einzelner
Vorgänge, vor allem konkreter Konfliktabläufe, die Situationen
herauszuarbeiten und zu analysieren, in denen sich kommunale In-
stitutionen präsent setzten oder ihre Intervention gefordert wurde.
Entscheidend ist nicht nur das Zustandekommen und die Ausge-
staltung dieser Situationen, sondern auch die Frage, ob kommu-
nales Agieren langfristige Folgen zeitigte oder gar Erfolge erzielen
konnte. Mit diesem Zugang kontrastiert andererseits eine systema-
tische Zusammenstellung des Agierens kommunaler Amtsträger
und Institutionen. In diesem doppelten Zugriff erschließt sich die
Bedeutung direkter Interaktion in einer mittelalterlichen Stadt, de-
ren neues institutionelles Profil sich rasch herausbildet und verfes-
tigt und in der zugleich schriftgestütztes Agieren in einigen Hand-
lungsfeldern selbstverständlich wird.

4.1 Der Sonderfall Genua - Geschichte und Überlieferung
einer mediterranen Großmacht des 12. Jahrhunderts
Genua stellt für die Analyse italienischer Stadtkommunen während
des 12. Jahrhunderts in doppelter Hinsicht einen Sonderfall dar,
sowohl wegen der herausragenden Bedeutung für den gesamten
Mittelmeerraum als auch wegen der exzellenten Überlieferungsla-
ge. Schon bevor sich die Stadtkommune verfestigte, beteiligte sich
Genua intensiv am Handel, an der Piraterie und an den Kriegszü-
gen, also der Trias maritimer Aktivitäten, die den herausragenden
Reichtum auch anderer italienischer Hafenstädte wie Pisa und Ve-
nedig begründete. Im Selbstbild der Städte wurde dies vor allem
als Kampf gegen die Sarazenen im Dienste einer Verteidigung oder
Ausbreitung des Christentums gefeiert, so dass - gerade in Pisa -
die Siege gegen die ,Heiden' zum Kern des städtischen Geschichts-
bildes wurden.^ De facto erzielten die Städte im ständigen Wechsel
von Krieg und Kooperation nicht nur mit den Sarazenen, sondern
ebenso mit den eigenen Glaubensbrüdern Reichtümer, die zu einer
notwendigen Voraussetzung für den Aufstieg der Hafenstädte zu
führenden Mächten auf dem italienischen Festland wie im gesam-
ten Mittelmeerraum wurden. Die Lage Genuas, die den für andere

6 WiCKHAM, Sense; VON DER Hön, Erinnerungskultur.
 
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