Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Dartmann, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Politische Interaktion in der italienischen Stadtkommune (11. - 14. Jahrhundert) — Mittelalter-Forschungen, Band 36: Ostfildern, 2012

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34752#0044

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
3 Die Genese der Kommune
in Mailand (1050-1140)

Die Kommune verdankt ihr Entstehen keinem einmaligen Grün-
dungsakt, sondern entwickelte sich in einem generationenübergrei-
fenden Prozess aus älteren Organisationsformen sozialer Verbän-
de. Während die rechts- und verfassungshistorische Forschung des
19. Jahrhunderts am anachronistischen Bild überzeitlicher staatli-
cher Funktionen ausgerichtet war, die die Kommune als Nachfol-
gerin traditioneller Herrschaftsträger übernahm, sind, wie im An-
schluss auszuführen sein wird, im 20. Jahrhundert - vor allem von
sozialhistorischen Ansätzen angeregt - die hochmittelalterlichen
Formen der Machtausübung in der Stadt und der Selbstorganisati-
on ihrer Bevölkerung zunehmend in ihrer zeitspezifischen Eigenart
erfasst worden. Der Stand dieser Diskussion kann mit einem Fo-
kus auf die oberitalienische Stadt Mailand dokumentiert werden,
denn wegen ihrer zentralen Bedeutung für Oberitalien und wegen
der herausragenden Quellenlage für das 11. Jahrhundert stand die
lombardische Metropole vielfach im Zentrum der Debatten um die
Entstehung und die Grundlagen der italienischen Stadtkommunen.
Nur für Mailand lassen sich Formen und Funktionen öffentlicher
Kommunikation während der Phase detailliert untersuchen, in der
sich die frühkommunalen Strukturen herausbildeten und zu verfe-
stigen begannen.

3.1 Übergänge zur Kommune
Mehrere miteinander verwobene Faktoren haben dazu geführt,
dass die Entstehung der Stadtkommune zu den am intensivsten dis-
kutierten Momenten des italienischen Mittelalters gehört/ Erstens
stellte sie eine zentrale Episode des italienischen,Nationalepos' dar,
das nicht unwesentlich zur Selbstvergewisserung und historischen
Fegitimation der Einheitsbewegungen im 19. Jahrhundert beitrug,
die gleichsam an der Wiege der italienischen Geschichtswissen-
schaft im modernen Sinne stand/ Zweitens wurde und wird bis in

1 Vgl. WiCKHAM, Courts, S. 16.
2 l'ABAcco, Cittä; KROGEL, Freiheit; D'AcuNTO, Mito, ebd. S. 288 der Hinweis auf die von Bene-
detto Croce geprägte Formulierung vom „epos italiano".
 
Annotationen