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Dartmann, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Politische Interaktion in der italienischen Stadtkommune (11. - 14. Jahrhundert) — Mittelalter-Forschungen, Band 36: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34752#0315

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304

Politische Interaktion in der Stadtkommune des 13. Jahrhunderts

strument, um die Reichweite wie die Grenzen regierungsamtlicher
Interventionen in die Interaktion in der Stadt auszuloten.^

5.1 Inszenierte Normen - die Einordnung des
Statutencodex in das Gefüge kommunaler Interaktion
5.1.1 Die Genese des Statutencodex in der Stadt-
kommune des frühen 13. Jahrhunderts
5.1.1.1 Vom Eidbreve zum Gesetzbuch

Die formlos niedergeschriebene Notiz eines Schwurtextes und der
aufwendig gestaltete, nach thematischen Gesichtspunkten geord-
nete Statutencodex stellen die beiden Endpunkte einer Entwicklung
dar, in der das kommunale Normgefüge immer weiter ausgearbei-
tet und voll auf schriftliche Informationsspeicherung umgestellt
wurdet Wie bereits am Beispiel der Genueser Bürger- und Amtsei-
de ausgeführt, gehörte die schriftliche Fixierung nicht zu den not-
wendigen Bedingungen, um den Grundlagen kommunaler Orga-
nisation wie weiteren Beschlüssen der Stadtregierung Geltung zu
verschaffen. Vielmehr leisteten Bürger und Amtsträger regelmäßig
Eide, in denen sie die ihnen auferlegten Pflichten als verbindlich
anerkannten und jede Zuwiderhandlung der Sanktion Gottes und
der Stadtgemeinde unterwarfen. Wenn in diesen Zeremonien das
Geflecht wechselseitiger Eide begründet wurde, das die Kommune
strukturierte und die Rollen festlegte, die die Einzelnen in ihr zu
spielen hatten, kam der Schrift im 12. Jahrhundert allenfalls eine
subsidiäre Funktion zu. Eidbreven konnten niedergeschrieben wer-
den, mussten dies aber nicht. Wenn schriftliche Aufzeichnungen
vorliegen, dienten sie nicht der dauerhaften Fixierung geschrie-
benen Rechts, sondern erfüllten eine kommemorative Funktion/"
Der Amtseid, den der Podestä der Kommune von Pistoia im aus-
gehenden 12. Jahrhundert geleistet hatte, sollte regelmäßig zur Ver-
lesung kommen: „Der Podestä lese jeden Monat - oder lasse sich
vorlesen - das Breve, das er geschworen hat, und zwar im Rat der

22 Kapitel 5.2 - 5.4.
23 Zum thematisch geordneten Statutencodex vgl. KELLER, Statuten; DERS. - BuscH, Statutencodi-
ces; zuletzt KELLER, Quellengattung.
24 Siehe zu diesen Zusammenhängen oben Kapitel 4.2 und 4.7.2; als Literatur sei verwiesen auf
SCHULTE, Omnis homo; HusMANN, Sviluppo; BLATTMANN, Statutencodices; DARTMANN, Schrift
im Ritual.
 
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