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Dartmann, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Politische Interaktion in der italienischen Stadtkommune (11. - 14. Jahrhundert) — Mittelalter-Forschungen, Band 36: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34752#0155

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Die konsularische Kommune - Genua im 12. Jahrhundert

gen getroffen und verbindlich gemacht wurden. Über die von ihr
selbst geprägten Situationen - etwa vor Gericht oder in der Bürger-
versammlung - hinaus beanspruchte die Kommune auch, konflikt-
trächtiges Agieren zu normieren und Verstöße gegen ihre Normen
zu sanktionieren. Somit ergibt sich anhand der Eidbreven der Kon-
suln und der Bürger aus der Mitte des 12. Jahrhunderts ein breites
Spektrum sozialer Situationen, deren Handlungsrahmen die Kom-
mune zu definieren beanspruchte. Dies betraf die Interaktion der
Amtsträger untereinander ebenso wie die der Amtsträger mit den
Bürgern und der Bürger untereinander. Die kommunalen Vorgaben
für diese sozialen Situationen fanden ihre Anerkennung zum einen
während der feierlichen Sprechakte, in denen die Bürger und die
von ihnen beauftragten Mitglieder der Stadtregierung explizit die
ausformulierten Vorgaben als für sich verbindlich übernahmen. Im
compagnc verband sich die Verpflichtung auf positives
Satzungsrecht mit einem persönlichen Unterordnungs- und Bei-
standsversprechen für die Träger delegierter Macht. Zum anderen
mussten die kommunalen Vorgaben aber auch im Alltag Anerken-
nung finden. Obwohl sich die Kommune durch persönliche Eide
konstituierte, definierte sie die Reichweite ihrer Normen territorial.
Sie beanspruchte, jeden Bewohner Genuas zum Bürgereid aufzu-
fordern, bei dem dies opportun erschien. Darüber hinaus enthalten
die Eidbreven präzise geographische Umschreibungen des Raumes,
für den sie sich für zuständig erklärt, und zwar in einer dreifachen
Staffelung, die das Stadtgebiet selbst, mit dem Contado einen bis
zum Kamm der Apenninen reichenden Küstenstreifen sowie den
Bereich der Erzdiözese voneinander unterscheidet.^ Für die Be-
wohner dieser Gebiete gelten jeweils unterschiedliche Maßgaben
für den Zugang zum und die Behandlung bei Gericht wie auch für
das von ihnen zu erwartende friedfertige Agieren.
Im Zentrum der kommunalen Normierungsbemühungen stehen
das Agieren der Träger delegierter Macht sowie die Gewährleistung
des Friedens in der Stadt. Hinter den für diese Bereiche detailliert
ausgearbeiteten Normen stehen andere Bereiche des sozialen Le-
bens zurück, die allenfalls beiläufig behandelt werden, wenn etwa
die Anerkennung langfristiger Lehnsverhältnisse oder der Aus-
schluss Auswärtiger aus lukrativen Handelsunternehmungen gere-
gelt werden.^ Ebenfalls sind die städtischen Finanzen und diebreit
gefächerten militärische Aktivitäten der Kommune oder einzelner
Bürger nicht in den Fokus der Aufmerksamkeit derjenigen geraten,
die die Eidbreven aufzeichneten. Für das Thema der vorliegenden

92 PAvoNi, Comitato, S. 156
93 Codice diplomatico, hg. von IMPERIALE Di SANT'ANGELO 1, Nr. 128 (1143), S. 153-166, hier
S. 155, S. 160; ebd. Nr. 285 (Februar 1157), S. 350-359, hier S. 354 f.
 
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