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Dohmen, Linda; Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn [Hrsg.]; Jan Thorbecke Verlag [Hrsg.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Ursache allen Übels: Untersuchungen zu den Unzuchtsvorwürfen gegen die Gemahlinnen der Karolinger — Mittelalter-Forschungen, Band 53: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.51256#0205

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204

B.II. Der König als Kläger - der Fall ,Theutberga‘

unerträgliche Unterdrückung und außerordentliche Gewalt" habe ertragen
müssen und auf diese Weise zu ihrem Appell an ihn gezwungen worden sei,* * 125
und zitierte unbeirrt die heilige Schrift: „Was aber Gott verbunden hat, das darf
der Mensch nicht trennen".126
Erst mit Nikolaus' Tod am 13. November 867 und der anschließenden Wahl
seines Nachfolgers Hadrians II. wandte sich möglicherweise das Blatt allmählich
für Lothar und seine Waldrada.127 Nach seiner Romreise im Sommer 869 war der
König wohl ausgesprochen zuversichtlich, endlich mit päpstlichem Segen die
Ehe mit Waldrada schließen zu können, doch verstarb er sehr plötzlich auf der
Heimreise.128 Damit hatte sich der Ehestreit gewissermaßen von selbst gelöst.
Von Theutberga und Waldrada ist danach nur noch bekannt, dass sie sich in
adlige Damenstifte zurückzogen, die eine wohl ins Kloster der heiligen Glode-
sinde zu Metz, die andere nach Remiremont.129
3. Urheber und Vertreter der Vorwürfe sowie weitere Akteure
a. Lothar II. und seine Anhänger
Obschon es natürlich Lothar II. selbst war, der Theutberga 857 verstieß, kann er
die gegen seine Frau im Verlauf dieser Trennung ins Feld geführten Vor würfe
ursprünglich nicht selbst vorgebracht haben. Schließlich handelte es sich um
Ereignisse, die noch in Theutbergas Elternhaus und nicht am Königshof statt-
gefunden haben sollen. Nach dem zweiten Bericht der ersten Aachener Ver-
sammlung von 860 sollen denn auch gewisse namentlich nicht spezifizierte
Personen den Herrscher von Theutbergas „schrecklichem Verbrechen" (scelus

Auf dessen späte Verwendung machte bereits Hellmann, Die Heiraten, S. 352 f. und S. 356 f.,
aufmerksam, dazu auch unten.
125 Nikolaus I., Epistolae, ed. Perels, Nr. 45 (wie oben Anm. 124), S. 320: Omnes enim te irremotam
afflictionem, intolerabilem oppressionem nimiaraque violentiam pati testantur.
126 Mt 19,6; so zum Beispiel Nikolaus I., Epistolae, ed. Perels, Nr. 46 (24. oder 25. Jan. 867: an Lothar
II.), S. 322-325, S. 324: Quod Deus coniunxit, homo non separet.
127 Siehe zum Beispiel Hadrian II., Epistolae, ed. Perels, Nr. 4 (Febr. 868: an Waldrada), S. 700 f. Dazu
etwa Brühl, Hinkmariana, S. 59 mit Anm. 14.; ausführlich jetzt Heidecker, The divorce, S. 173-
176.
128 RI2 I, 1 Nm. 1325b-e. Die ,Annales Bertiniani' bescheinigen Lothar eine Missdeutung der Hal-
tung des Papstes, Annales Bertiniani, edd. Grat - Vielliard - Clemencet, a. 869, S. 155. Siehe auch
RI2 I, 1 Nr. 1325a; mit Verweisen auf weitere historiographische Quellen.
129 Zu Theutberga Johannes von Metz, Historia translationis sanctae Glodesindis, ed. Migne, c. 29,
Sp. 232 A: Nam et ipsa Teutberga regina loci ipsius regimen tune tenebat, quae etiam ibi quiescit. Wenn
das stimmt, muss Theutberga vor dem 25.11.875 gestorben sein, da sie in dem verunechteten D
LD 168 (Metz, 25. Nov. 875), S. 234-237, nicht erscheint, vgl. dazu Hartmann, Die Königin, S. 130,
bes. Anm. 803 f. Zu Waldrada Liber memorialis Romaricensis, edd. Hlawitschka - Schmid -
Tellenbach, foL 13r (Textband: S. 24) zu einem 9. April. Zum Lebensabend beider Frauen vgl.
Parisot, Le Royaume, S. 324.
 
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