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Dohmen, Linda; Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn [Editor]; Jan Thorbecke Verlag [Editor]; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Die Ursache allen Übels: Untersuchungen zu den Unzuchtsvorwürfen gegen die Gemahlinnen der Karolinger — Mittelalter-Forschungen, Band 53: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2017

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51256#0138

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4. Ziele der Vorwürfe

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können solche Namenslisten sowohl für 830 als auch für 833/834 nur mit äu-
ßerster Vorsicht zusammengestellt werden, denn ähnlich wie Nithard die Vor-
gänge dieser Jahre insbesondere in Bezug auf Judith vertauscht,* * * * * * 153 ist gut vor-
stellbar, dass auch andere Quellen die Aufständischen von 833 auf 830 rück-
projizierten und umgekehrt, ohne über verlässliche Informationen zu verfü-
gen.154
Anders sieht die Überlieferungslage in Bezug auf die drei Söhne der Kaiserin
Irmingard 833 aus, weshalb dieser zweite Auf stand auch als „Auf stand der
Söhne" im Gegensatz zur „loyalen Palastrebellion" der Großen von 830 be-
zeichnet worden ist.155 In beiden Fällen aber war das Vorgehen gegen Ludwig -
und Judith - nur mit Rückendeckung des Heeres möglich, wobei den (Ehe-
bruchs-) Vorwürfen gegen die Kaiserin eine entscheidende Rolle zukam. Ago-
bard von Lyon nutzte sie noch im Jahr 833 als zündendes Argument, die Stim-
mung des Heeres zu Gunsten der Kaisersöhne zu beeinflussen. Auch dies spricht
dafür, dass sie sich bereits zuvor entsprechend bewährt hatten.

4. Ziele der Vor würfe
Im Jahr 830 waren die konkreten Ziele der Ehebruchsvorwürfe jedoch andere als
833, als sie lediglich der Rechtfertigung vergangener und sich nun wiederho-
lender Handlungen dienten, die Frage ihrer Wahrhaftigkeit jedoch nicht erneut
in einem rechtlich-förmlichen Rahmen erörtert werden sollte. Der unterschied-
liche Charakter der öffentlichen Diskussion um diese Vorwürfe lässt sich an der
Stoßrichtung der Beschuldigungen festmachen. Gegen wen richteten sie sich -
830 wie 833 - und was waren die Ergebnisse, auf die ihre Urheber hofften? Als
Ausgangspunkt der Analyse können die ,Annales Bertiniani' dienen, die das,
wozu die Aufständischen die Irmingard-Söhne Lothar und Pippin im Frühjahr
830 angestiftet hätten, in einem Dreiklang zusammenfassen: „den Vater vom
Reich zu verdrängen, ihre Stiefmutter zu vernichten und Bernhard zu töten".156

1 Nr. 931d. Goswin als derjenige, der Ludwig sein Schwert entrissen haben soll, nur in einem
Brief Egilmars von Osnabrück an Stephan V., Stephan V. Epistolae, ed. Laehr, Nr. 3 (891), S. 359-
363, S. 360 (zur Quelle Staab, Die Wurzeln). Zu den fränkischen „Einwanderern" nach Italien im
Gefolge Lothars I. vgl. Hlawitschka, Franken, S. 53-55; Quellenbelege zu den einzelnen Personen
zum Teil auch bei Depreux, Prosopographie, S. 148 (Burgarit), S. 363 ff. (Richard); zu den bereits
bekannten wie oben Anm. 98, 104 und 112.
153 Vgl. dazu oben Anm. 41.
154 Vgl. dazu auch Brunner, Oppositionelle Gruppen, S. 109 f.
155 So etwa Boshof, Ludwig der Fromme, S. 182 und S. 192 (Kapitelüberschriften).
156 Annales Bertiniani, edd. Grat - Vielliard - Clemencet, a. 830, S. 2: Ideoque omnis populus qui in
Brittaniam ire debebat ad Parisium se coniunxit, necnon Hlotharium de Italia et Pippinum de Aquitania
hostiliter aduersum patrem uenire, ut illum de regno eicerent et nouercam suam perderentac Bernardum
interficerent, compulerunt. Vgl. auch Astronomus, Vita Hludowici, ed. Tremp, c. 44, S. 456: At vero
imperator, ut eorum conspirationem contra se et uxorem Berhardumque obstinatissime conperit feraliter
armatam [...].
 
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