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Dohmen, Linda; Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn [Editor]; Jan Thorbecke Verlag [Editor]; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Die Ursache allen Übels: Untersuchungen zu den Unzuchtsvorwürfen gegen die Gemahlinnen der Karolinger — Mittelalter-Forschungen, Band 53: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2017

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51256#0299

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B.IV. Eine Gleichung mit mehreren Unbekannten - der Fall ,Uta‘

3. Urheber und Vertreter der Vorwürfe
Welche Rolle spielte also der Kaiser selbst bei dem Verfahren um seine Gemah-
lin? In seiner königlichen Funktion als Richter führte Arnulf sicherlich den
Vorsitz bei der Verhandlung der Angelegenheit auf der Regensburger Reichs-
versammlung.51 Zehn Jahre zuvor war es möglicherweise bereits zu einer ganz
ähnlichen Situation gekommen, wenn der Schilderung Reginos von Prüm
Glauben zu schenken ist, dass auch unter Arnulfs Vorgänger Karl III. im Früh-
sommer 887 auf einer Reichsversammlung Vorwürfe gegen die Gemahlin des
Herrschers, Richgard, und seinen engsten Ratgeber Bischof Liutward von Ver-
celli zur Debatte standen.52 Arnulf und den älteren unter den Großen des Reiches
müsste dieser Skandal bekannt gewesen sein, ebenso wie der Umstand, dass sich
Karls Krankheit daraufhin dramatisch verschlimmerte und er alsbald, im Herbst
887, durch niemand geringeren als Arnulf von Kärnten abgesetzt wurde.53 War
es also Arnulf selbst, der seine Frau im Frühjahr bzw. Sommer des Jahres 899 des
Ehebruchs bezichtigte und möglicherweise gar für seine eigene Erkrankung
verantwortlich machte?
In der Nachricht des Annalisten wird der Kaiser mit keinem Wort mit dem
Verfahren gegen Uta in Zusammenhang gebracht, aber auch sonst wird kein
möglicher Urheber der Gerüchte oder gar Kläger gegen die Königin genannt.54
Das Vorgehen gegen die Gramann-Gruppe macht deutlich, dass Arnulf - bzw.
die hinter ihm stehenden Personen - eine Erklärung für seine Erlähmung suchten
und dass diese Erklärung letztlich - nachdem Uta ihre Unschuld hatte unter
Beweis stellen können? - ein Giftmordattentat war.
Arnulf war bereits seit den ersten Monaten des Jahres 897 stark angeschla-
gen; im Zuge seines Italienzuges im Vorjahr hatte er wohl seinen ersten
Schlaganfall erlitten. Auch damals scheint er seinen Gesundheitszustand mit der
Existenz auswärtiger Gefahren in Verbindung gebracht zu haben. So zog er sich
nach dem Bericht des Annalisten „wegen körperlicher Beschwerden zum
Überwintern nach Bayern an geheime Orte zurück".55 Hermann von Reichenau
weiß sogar von einem allgemeinen Treueid, den Arnulf „niemandem trauend
[...] sich und seinem kleinen Sohn Ludwig von den übrigen" habe schwören

51 VgL zu dieser königlichen Aufgabe allgemein Deutinger, Der König, und hier konkret S. 34 zur
Charakterisierung der Uta-Verhandlung als „Königsgericht".
52 Regino, Chronicon, ed. Kurze, a. 887, S. 127. Vgl. dazu ausführlich oben Kap. B.III.
53 Die bei Reuter, Der Uota-Prozeß, S. 266 ff., angeführten weiteren Beispiele für Fälle, in denen der
Tod eines mächtigen Adligen oder Herrschers von Anklagen, insbes. der Hexerei, begleitet war,
sind zeitlich sehr viel später anzusiedeln und bieten zudem nur ansatzweise Vergleichspunkte.
Vor allem können sie bei Arnulf und seinen Großen keine Erinnerungen und Ängste geweckt
haben.
54 Annales Fuldenses (CB), ed. Kurze, a. 899, S. 132 (zitiert oben bei Anm. 24).
55 Ebd., a. 897, S. 130 (zitiert oben Anm. 48). Arnulfs Itinerar weist zwischen dem 30.1. (D Am 151,
[Regensburg], S. 230 f., einem „Diplom zweifelhafter Originalität", ebd., vgl. aber auch vom
selben Tag D Am 150, [Regensburg], S. 298ff.) und dem 5.5.897 (D Am 152, [Velden], S. 231 f.)
eine Lücke auf.
 
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