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Dohmen, Linda; Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn [Editor]; Jan Thorbecke Verlag [Editor]; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Die Ursache allen Übels: Untersuchungen zu den Unzuchtsvorwürfen gegen die Gemahlinnen der Karolinger — Mittelalter-Forschungen, Band 53: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2017

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51256#0061

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A.II. Königliche Ehen im frühen Mittelalter: Ansprüche und Praktiken

Beziehung - und damit aus kirchlicher Sicht Ehebruch - überliefert. Karl III. (der
Dicke) nämlich zeugte während seiner Ehe mit Richgard mit einer namentlich
nicht bekannten Frau seinen einzigen Sohn, Bernhard.128 Für dieses Verhältnis
stand der Kaiser jedoch nach Überlieferung der Quellen nicht weiter in der
Kritik.
Bernhard erscheint dabei in den zeitgenössischen Quellen als ,illegitim'.129
Während die Ehelichkeit von Königssöhnen in merowingischer Zeit keine bri-
sante Rolle spielte, wird die Frage von Legitimität oder Illegitimität der könig-
lichen Nachfahren zu einem zentralen Problem der Karolinger.130 Auch wenn das
Eheverhalten der fränkischen Könige noch keine vergleichende Bearbeitung
gefunden hat, die diese Entwicklung gezielt in den Blick nimmt, lässt sich an den
genannten Beispielen erkennen, dass sich mit dem Dynastiewechsel von 751 der
kirchliche Einfluss auf das Eheverhalten der Herrscher zunehmend verstärkte.131
Zwar unterhielten die Karolinger weiterhin außer- bzw. nebeneheliche Konku-
binate, doch standen die Söhne aus solchen Verbindungen seit Ludwig dem
Frommen in der Nachfolge hinter ihren Stiefbrüdern aus legitimen Ehen zurück.
Brisant ist hier vor allem die Nachfolge Ludwigs des Stammlers, der sich von
seiner ersten Frau Ansgard, mit der er zwei Söhne, Ludwig (III.) und Karlmann
(II.) hatte, trennte und Adelheid heiratete.132 Dennoch konnten Ansgards Söhne
bei Ludwigs Tod dessen Nachfolge antreten - sicherlich auch weil Adelheids und
Ludwigs gemeinsamer Sohn Karl (der Einfältige) erst fünf Monate nach dem Tod
des Vaters geboren wurde; ungefähr zeitgleich wurden Ludwig und Karlmann
zu Königen geweiht. Karl hingegen kam offenbar erst um die Zeit seiner Voll-
jährigkeit für die westfränkischen Großen als Herrscher in Frage und trat
schließlich 898 die Nachfolge des Nicht-Karolingers Odo an.133 Spätere Quellen

128 Dazu ausführlich unten Kap. B.III.
129 Annales Fuldenses (CM), ed. Kurze, a. 885, S. 103: [...] Bernhartum filium suum ex concubina [...];
mit etwas größerem zeitlichen Abstand Regino, Chronicon, ed. Kurze, a. 887, S. 128: [...] Bern-
hardum filium, quem ex pelice susceperat [...]. Der Mainzer Autor dieses Abschnitts der Annalen
stand Karls Nachfolgeplänen kritisch gegenüber, vgl. dazu sowie zu den Quellen allgemein
unten Kap. B.III.
130 Vgl. bes. Stafford, Queens, S. 64-79; Kasten, Königssöhne, und die Überblicksdarstellung von
Hagn, Illegitimität, S. 59-169, sowie insbesondere zu Hugo von Lotharingien bzw. Arnulf von
Kärnten Bauer, Rechtliche Implikationen, bes. S. 83 f.; Hagn, Illegitimität, S. 130-155; Becher,
Arnulf von Kärnten, etwa S. 675 f.
131 Vgl. dazu auch die Überlegungen von van Eickels, Des epouses multiples, hier bes. S. 132, S. 134 f.
Die Arbeit von Rüdiger, Der König, konzentriert sich auf den nordeuropäischen Raum sowie
insbes. das 12. Jh., siehe etwa den Ausblick auf Westeuropa, S. 295-349.
132 So insbesondere Regino, Chronicon, ed. Kurze, a. 878, S. 114; zu diesem Eintrag Brühl, Hink-
mariana, bes. S. 63-75, der die These vertritt, Ludwig habe sich erst anlässlich seines Herr-
schaftsantritts auf Druck der Großen von Ansgard getrennt und mit Adelheid verbunden; vgl.
auch ders., Karolingische Miszellen I, der damit der Kritik von Hlawitschka, Lotharingien, Exkurs
I, S. 221-240, und Werner, Die Nachkommen, Exkurs II, S. 429-441, entgegnet; vgl. auch Konecny,
Die Frauen, S. 142 f.; Kasten, Königssöhne, S. 449 ff.
133 893 war er zuvor zum Gegenkönig erhoben worden; zu den Ereignissen Schieffer, Die Karo-
linger, S. 190 f., S. 194.
 
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