DOI Artikel:
Gantner, Joseph: Die Situation
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.17293#0135
liehen Wirtfchaftskrife, die wir durchmachen, (chon ganz klar
geworden: die Architektur und mit ihr die getarnte Einrichfungs-
induftrie orientiert fich heute fchon entfeheidend nach der Seife
der wirtlchaftlichen Notwendigkeiten hin! Bereits ilt jedes kommu-
nale Bauprogramm bei uns der Exponent von lauter kleinen Fünf-
und Zwei- und Ein-Jahresplänen, und die Erörterungen formaler
Art treten immer mehr zurück. Wir hoffen, bald in einem Ergänzungs-
heft zu unfern grofjen Siedlungspublikafionen einen Begriff davon
geben zu können, wie lieh dieler eminent wichtige Prozeß in der
Stadt Frankfurt allein fchon ausgewirkt hat! Auch da ift natürlich
der Wohnungsbau der Ncherfte Gradmelfer, weil in ihm die öko-
nomifchen Notwendigkeiten immer ftärker maßgebend werden.
Und von ihm aus wird fich fchlreFjlich das gefamte Gebiet der
geftallenden Arbeit, Stück um Stück, mit den neuen Ideen erfüllen !
III.
Wie aber wird die nächfte Zukunft ausfehen? Und wie können
die „Probleme kultureller Neugeftaltung", für welche unfere Zeit-
(chrift eine Art internationaler Tribüne bedeutet, in der Zukunft
gelöft werden?
Die Frage ift gerade aus einem internationalen Gefichtswinkel
heraus kaum mehr einheitlich zu beantworten. Von der ru ffi (chen
Situation haben wir schon gesprochen: fie ift gekennzeichnet
durch eine unbeirrbare Anfpannung aller künftlerifchen und tech-
nifchen Kräfte im Dienfte einer wirtfehafflichen Idee. Wie (eltfam,
dafj daneben zur gleichen Zeit in dem andern Lande der poli-
tifchen Diktatur, in Italien, die jungen Architekten, die (ich neu-
lich zum "Movimento italiano di architetfura razionale" zutammen-
gefchloffen haben, eben erst am 30. März Muffolini ein Manifeff
überreichten, das ein wahrer Notfchrei ift und (ich bitter über die
Mißachtung der neuen Ideen und die Bevorzugung einer ausge-
leierten Traditionsarchitektur beklagt. Ihrer fünfzig junge Architek-
ten haben in vier Jahren zufammen fechs Häuter bauen können!
So fieht die Bilanz des neuen Bauens in Italien aus! Und wäre
nicht der (kandinavifcheNorden, wo die große Stockholmer
Ausftellung vom lerjten Sommer einem wahren Siegeszuge der
neuen Ideen gleichkam, und die T f ch e ch o 11 o w a k e i, deren
Jugend erltaunlich arbeitet (f. einige Proben S. 111), (o wären
die Länder von ausgefprochen moderner Prägung, Deutfchland
und Rußland vor allem, in einer erfchreckenden Minorität.
2
STRANDHOTEL IN NORWEGEN • Norwegian Strand hotel • Hotel de plage
norvegien, Projet de M. E. Kindt-Larsen, architecte (pris de la revue „Ar-
chitecten", Oslo)
Um [o mehr, als die (tets deutlichere „Verwirtlchaftlichung" des
Bauens unter dem Druck der fchweren Krife gerade Deutfchland
immer mehr zu ifolieren droht. Nicht nur nach außen, gegen feine
glücklicheren Nachbarn, bei denen es außer Ortskrankenkaffen
und Metallarbeitergewerkfchaften auch noch viele andere feudale
Bauherren gibt, fondern auch nach innen, wo viele das einlt fo
brennende Interetfe an einer Idee verlieren, fobald deren Ver-
wirklichungen nicht mehr blofj äfthetifche, fondern nun im Wortfinne
foziale Formen fuchen müflen!
Da gibt es keinen andern Weg, als darj die Öffentlichkeit immer
wieder auf die Notwendigkeit einer (olchen ungeheuren Ver-
innerlichung des Bauens und aller anderen kulturel-
len Äußerungen hingewiefen, auf (ie vorbereitet und zur
Mitarbeit aufgerufen wird. Und in diefem Sinnne fei auch hier an
die Exiftenz des „Bundes Das Neue Frankfurt" erinnert,
der, nunmehr ein Jahr alt und in feinem Beftehen gefeitigt, alle
Freunde eines folchen Programmes in gemeinfamer Arbeit zu-
fammenführt. Gantner
Das gefamte nächfte Heft bringt unter dem Titel „Neue ruffifche Städte" die
erffe Publikation der Arbeiten von Ernft May und feinen Mitarbeitern
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geworden: die Architektur und mit ihr die getarnte Einrichfungs-
induftrie orientiert fich heute fchon entfeheidend nach der Seife
der wirtlchaftlichen Notwendigkeiten hin! Bereits ilt jedes kommu-
nale Bauprogramm bei uns der Exponent von lauter kleinen Fünf-
und Zwei- und Ein-Jahresplänen, und die Erörterungen formaler
Art treten immer mehr zurück. Wir hoffen, bald in einem Ergänzungs-
heft zu unfern grofjen Siedlungspublikafionen einen Begriff davon
geben zu können, wie lieh dieler eminent wichtige Prozeß in der
Stadt Frankfurt allein fchon ausgewirkt hat! Auch da ift natürlich
der Wohnungsbau der Ncherfte Gradmelfer, weil in ihm die öko-
nomifchen Notwendigkeiten immer ftärker maßgebend werden.
Und von ihm aus wird fich fchlreFjlich das gefamte Gebiet der
geftallenden Arbeit, Stück um Stück, mit den neuen Ideen erfüllen !
III.
Wie aber wird die nächfte Zukunft ausfehen? Und wie können
die „Probleme kultureller Neugeftaltung", für welche unfere Zeit-
(chrift eine Art internationaler Tribüne bedeutet, in der Zukunft
gelöft werden?
Die Frage ift gerade aus einem internationalen Gefichtswinkel
heraus kaum mehr einheitlich zu beantworten. Von der ru ffi (chen
Situation haben wir schon gesprochen: fie ift gekennzeichnet
durch eine unbeirrbare Anfpannung aller künftlerifchen und tech-
nifchen Kräfte im Dienfte einer wirtfehafflichen Idee. Wie (eltfam,
dafj daneben zur gleichen Zeit in dem andern Lande der poli-
tifchen Diktatur, in Italien, die jungen Architekten, die (ich neu-
lich zum "Movimento italiano di architetfura razionale" zutammen-
gefchloffen haben, eben erst am 30. März Muffolini ein Manifeff
überreichten, das ein wahrer Notfchrei ift und (ich bitter über die
Mißachtung der neuen Ideen und die Bevorzugung einer ausge-
leierten Traditionsarchitektur beklagt. Ihrer fünfzig junge Architek-
ten haben in vier Jahren zufammen fechs Häuter bauen können!
So fieht die Bilanz des neuen Bauens in Italien aus! Und wäre
nicht der (kandinavifcheNorden, wo die große Stockholmer
Ausftellung vom lerjten Sommer einem wahren Siegeszuge der
neuen Ideen gleichkam, und die T f ch e ch o 11 o w a k e i, deren
Jugend erltaunlich arbeitet (f. einige Proben S. 111), (o wären
die Länder von ausgefprochen moderner Prägung, Deutfchland
und Rußland vor allem, in einer erfchreckenden Minorität.
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STRANDHOTEL IN NORWEGEN • Norwegian Strand hotel • Hotel de plage
norvegien, Projet de M. E. Kindt-Larsen, architecte (pris de la revue „Ar-
chitecten", Oslo)
Um [o mehr, als die (tets deutlichere „Verwirtlchaftlichung" des
Bauens unter dem Druck der fchweren Krife gerade Deutfchland
immer mehr zu ifolieren droht. Nicht nur nach außen, gegen feine
glücklicheren Nachbarn, bei denen es außer Ortskrankenkaffen
und Metallarbeitergewerkfchaften auch noch viele andere feudale
Bauherren gibt, fondern auch nach innen, wo viele das einlt fo
brennende Interetfe an einer Idee verlieren, fobald deren Ver-
wirklichungen nicht mehr blofj äfthetifche, fondern nun im Wortfinne
foziale Formen fuchen müflen!
Da gibt es keinen andern Weg, als darj die Öffentlichkeit immer
wieder auf die Notwendigkeit einer (olchen ungeheuren Ver-
innerlichung des Bauens und aller anderen kulturel-
len Äußerungen hingewiefen, auf (ie vorbereitet und zur
Mitarbeit aufgerufen wird. Und in diefem Sinnne fei auch hier an
die Exiftenz des „Bundes Das Neue Frankfurt" erinnert,
der, nunmehr ein Jahr alt und in feinem Beftehen gefeitigt, alle
Freunde eines folchen Programmes in gemeinfamer Arbeit zu-
fammenführt. Gantner
Das gefamte nächfte Heft bringt unter dem Titel „Neue ruffifche Städte" die
erffe Publikation der Arbeiten von Ernft May und feinen Mitarbeitern
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