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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 4.1902

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Lücke, Hans: Blüchers Rheinübergang bei Caub: Panorama von H. Ungewitter und G. Wendling
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https://doi.org/10.11588/diglit.49103#0042

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Noch sieht man die 250 schweren Steine
am unteren Ende dieser mächtigen Leinwand,
bestimmt, dieselbe straff zu ziehen, und doch
erreicht diese Belastung ihren Zweck nie ganz
und mufs die ungefähr in der Mitte der Lein-
wand rundlaufende Bauschung von den Malern
berücksichtigt werden, sollen nicht optische
Verkürzungen eintreten.
Noch stolpert man über mit Weichen ver-
sehene rundgehende Bahngeleise und thut gut,
zur Seite zu springen, wenn das Warnungssignal
ertönt, und eines der drei Riesenmalgerüste,
unbekleideten römischen Belagerungstürmen ver-
gleichbar, auf seinen Rädern die Leinwand ent-
lang weiter geschoben wird, bis eine Stimme von
hoch unter der Decke — einer fingergrofsen weifsen
Figur, einem der Künstler im Malkittel gehörend
— ein Halt ruft. Der Höhe dieses Baues entspricht
ein Durchmesser von 42 Meter, und die starke
Mittelsäule, an deren Fufs sich die für den Be-
schauer bestimmte 7^2 Meter hohe Plattform
mit Treppenaufgang anlehnt, und welche Träger
eines verwirrenden Systems von Kuppeldach-
stützen ist, erhöht diesen Eindruck des Grotesken.
Geradezu verblüffend oder sagen wir
scherzhaft ist der Umfang der Farben-
tuben, besser Farbenkessel, dutzend-
weise in langen Reihen einen Tisch
belastend, welche eher für einen Gar-
gantua bestimmten Konservenbüchsen
gleichen, und deren Inhalt wie mit
grofsen Löffeln auf Paletten geschöpft
wird, auf deren Fläche man bequem
zwei Kinder zugleich wickeln kann.
1500 Pfund sind allein für Weifs
gebraucht worden — und sei hier ein-
gefügt, dafs dies Panorama mit den
gewöhnlich gebrauchten Ölfarben ge-
malt ist, doch wird dasselbe nur in
einzelnen Teilen gefirnifst.
Übermäfsig wohnlich kann diese
Werkstatt freilich nicht genannt wer-
den, besonders nicht in den kalten
Wintertagen, da an Heizung nicht zu
denken ist, und erinnerten die tief in
Pelz, Pelzmützen und dicken Baum-
wollhandschuhen steckenden Gestalten
der Maler dann eher an Gefährten des
unsterblichen Nansen, wozu aufser dem
gemalten Winterhintergrund auch zeit-
weise sehr natürliches, durch undich-
tes Oberlichtfenster herabstäubendes
Schneegeriesel beitrug; jedoch ist für
die Arbeiter und Handwerker eine Hütte,
man könnte sagen Baude vorgesehen,
wo sie kochen und sich wärmen können,
während Herr Edel, Faktotum und Cer-
berus zugleich, sich mehr am zugigen
Eingänge aufhalten mufs, als ihm wohl
lieb ist, da geladene und auch ungeladene
Besucher fortgesetzt die Klingel ziehen.

Nach Aussage dieses sehr tüchtigen und unent-
behrlichen Mannes übrigens „wird das Pan-
orama gut“.
Einen fröhlichen Ton brachte auch zeitweise
das Gezwitscher aus einem sehr grofsen, gut
besetzten Vogelbauer, welche Musik die „ein-
tönige“ Arbeit unterbrechen sollte, da, wie einer
der Künstler bemerkte, eine permanente Belebung
des Betriebs durch eine Zigeuner- oder Ungarn-
Kapelle den Aktionären doch wohl zu teuer
werden würde, sowie das Gekläff mehrerer zum
Teil wohldressierter Hunde, deren Gestalten
übrigens auf dem Bilde selbst verewigt sein
werden.
Malerische Winkel enthält dies Atelier denn
auch zur Genüge, und tragen nicht wenig dazu
zahlreiche Kostümstücke bei, wie sie von ein-
zelnen Regimentern, Museen, der reichen Garde-
robe des Malkastens, sowie der des Herrn Professor
Hünten zur Verfügung gestellt wurden; da sind
auch die Studien aufgestapelt, sowie Werke und
„Kupfer“ aus der darzustellenden Zeit und die
einzelnen Teile der Modellpanoramen; das über-
raschendste aber ist wohl der Anblick zweier


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