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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 4.1902

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Schäfer, Wilhelm: Düsseldorfer Kunst auf der Deutschnationalen Kunstausstellung zu Düsseldorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.49103#0190

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Düsseldorfer Kunst auf der Deutschnationalen Kunstausstellung
zu Düsseldorf.

Weil es die erste Düsseldorfer Ausstellung
ist nach 22 Jahren, weil sich an sie die Hoff-
nungen auf ein neues Aufblühen der alten Kunst-
stadt knüpfen, wäre es unzureichend, das Einzelne
kritisch durchzusprechen. Es handelt sich hier
um mehr als Künstler und Bilder. Diese Aus-
stellung ist das gesamte Beweismaterial zur
Entscheidung, wie viel Düsseldorf in dem augen-
blicklichen Stand der deutschen bildenden Kunst
bedeutet.
Wenn dazu die Mienen der Geschworenen
nicht so hell sind, wie es die Düsseldorfer
Künstler möchten, so liegt das an einer Reihe
von Umständen, die den Gesamteindruck un-
günstig gestalten.
Zum ersten hat Düsseldorf allein genau so
viel Wandfläche gefüllt, wie das übrige Deutsch-
land zusammen. Dadurch mufste es zu viel
Durchschnitt aufhängen. Weil es hier wie
überall nicht viel bedeutende Bilder giebt, ver-
schiebt sich der Durchschnitt nach unten mit
jedem weiteren Werk.
Man kann aus den
Düsseldorfer Sälen
zum mindesten hun-
dert Bilder hinaus-
thun, die ganz an-
ständig gemalt aber
unpersönlich sind, und
deshalb zur fraglichen
Entscheidung über-
flüssig waren. Zwar
die Jury war blutig
und schon öffnet sich
ein Salon der Refüsier-
ten, wie ein geist-
volles Plakat des mo-
dernen J. A. Lang an-
kündigt. Aber mir
scheint, dafs eine Jury
aus den einzelnen
Gruppen gewählt
wurde, war trotzdem
schon das Unzu-
reichende. An deren
Stelle hätten einige
Künstler solche Bilder
aussuchen sollen, die
wirklich durch eine
Sonderheit etwas Ei-
genes über Düssel-
dorf aussagten. Diese
Künstler aber brauch-
ten weder verdienst-
volle Würdenträger
noch Abgeordnete der
einzelnen Gruppen zu

sein. Gerade das Gruppenvielerlei hat hierbei
seine absolute Unzulänglichkeit bewiesen.
Diese Künstler hätten es dann vielleicht auch
fertig gebracht, eine dekorative Gesamtwirkung
zu erzielen. Wie jetzt die einzelnen Säle und
Sälchen ineinander kleben, wie sie teilweise zum
Jammern ausgestattet sind und wie vor allem
der grofse Saal daliegt, dieses Riesen-Lagerhaus:
Das zeigt so recht die Kraftlosigkeit zu vieler
Köche, die auch unter Malern, oder da erst
recht, den Brei verderben. Dafs dieser Saal so
dem Publikum geöffnet werden konnte, ist viel-
sagender und schärfer als alle Boshaftigkeiten,
die jemals gegen Düsseldorf geschrieben wurden.
Ich habe schon einmal hier gesagt, dafs eine
Kunststadt etwas anderes ist, als dafs Künstler
darin leben. Man möchte glauben, Düsseldorf
sei keine Kunststadt, sonst hätten sich Männer
gefunden, dergleichen abzuwenden.*
Diese mangelhafte „Aufmachung“, an der die
Düsseldorfer Säle leiden, führt gleich zu einer
Besonderheit der
Düsseldorfer Kunst:
es fehlt an dekorati-
ven Talenten. Es
giebt hier sogenannte
Monumentalmaler,
aber in keinemDüssel-
dorfer Saal hängt ein
rein dekorativ gemal-
tes Bild. Ich denke
dabei natürlich nicht
an jene Anstreicher-
Dekoration mit mög-
* Ein Vorschlag: Dem-
nächst kommt der Beet-
hoven von Klinger nach
Düsseldorf. Man stelle ihn
vor die Apsis mitten in
diesen Saal und werfe hin-
aus, was da steht und
hängt, was an und für
sich zumeist gut aber in
der Zusammenstellung
grässlich ist: das Lorbeer-
gemüse, die Rindviehbilder,
den Berliner Schinken, der
dabei in den Orkus ver-
sinken möge, und all den
andern Kram. Die grossen
Bilder Peter Janssens
lasse man darin, alles
andere hinaus. Dann ver-
suche man, was von der
vor die Thür gesetzten
Plastik im Ehrenhof die
Nähe des grossen Werkes
aushält und stelle es sorg-
sam symmetrisch in den
Saal hinein, der so vielleicht
in der Wirkung zu retten
wäre.


EDUARD VON GEBHARDT
Porträtradierung von Ernst Forberg.

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