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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 4.1902

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Rheinisches Kunstleben
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https://doi.org/10.11588/diglit.49103#0263

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Rheinisches

BASEL. (Universität. — Liedertafel.) An unserer
Universität sind die Privatdozenten für Kunstgeschichte und
Archäologie, die Herren Dr. Daniel Burckhardt und
Dr. Friedrich Münzer, zu ausserordentlichen Professoren
ernannt worden. — Die „Basler Liedertafel“, unser be-
deutendster Männergesangverein (Dirigent Dr. A. Volkland),
hat ihr fünfzigstes Stiftungsfest mit grossem, wohlgelungenem
Konzert, Bankett und Ball festlich begangen. Die Ehrengaben
anderer Vereine an die in der ganzen Schweiz hochangesehene
„Liedertafel“ machen einen ganzen Silberschatz aus. -s-
KARLSRUHE. (Jubiläum des Grossherzogs und
einige Gedanken, die sich daran knüpfen. — Er-
öffnung der Jubiläums-Kunstausstellung. — Die
Gartenbauausstellung. — Allerlei von den Fest-
tagen. — Die Karlsruher Rheinhafeneinweihung. —
Die künstlerische Bilanz des Hoftheaters pro 1901/02.)
Seit einem Monat befindet sich Karlsruhe in Fest-
stimmung. Die schönen und guten Tage reihen sich so eng
aneinander, dass ihrer fast zu viele werden. Aber selten war
auch ein Fest so würdig, vom Volke nachdrücklich und mit
langdauernder Begeisterung gefeiert zu werden, als das
Jubiläum des Grossherzogs. Zunächst die Persön lich-
keit des Gefeierten. Kein Imperator, keine glänzende Er-
scheinung, hervorstechend in Tugenden und Schwächen;
aber eine milde, ausgeglichene, vollreife Persönlichkeit, für
das Gute, Schöne, Fördernde allezeit zu haben. So vor allem
auch in der Kunst und Wissenschaft. Freiburg i. B. und
Heidelberg, die demnächst ihren 2000 sten Studenten be-
grüssen dürfen, Karlsruhe mit seiner ausgezeichneten tech-
nischen Hochschule, seiner bildenden Kunst und seinem
Kunstgewerbe, Mannheim mit seinem Handel, um von diesen
Städten das Auszeichnendste zu geben, sie dokumentieren,
was in fünfzig Jahren dieser Regierung sich entwickeln
konnte. Ja, es war ein Frühling voller Blüten und es bricht
ein Sommer an voller Früchte, unter der Sonne seiner Gunst,
Neigung, Mitarbeit entfaltet und aufgeblüht. Mit Fug und

Kunstleben.
Recht hat Thoma den Grossherzog auf der Mainau — im
Hintergrund die Segensgefilde des schwäbischen Meeres,
umrahmt von einem Kranz von Nadelholzzweigen — dar-
gestellt. Ein Friedens- und Kulturfürst ist er, bewunderns-
wert in seiner Arbeitskraft, sympathisch durch seine schlichte
zu Herzen sprechende volksfreundliche Persönlichkeit, ver-
ehrungsvoll aus manchem Schicksal heraus, das dies weiss-
umrahmte ehrwürdige Antlitz gestreift hat. Aber auch das
Volk, das in ihm seinen Vater mehr denn seinen Regenten
erblickt, ist es wert, von einem solchen Manne geleitet zu
werden. Baden und Karlsruhe voran werden immer mehr
zeigen, was sie können auf geistigem, künstlerischem, ge-
werblichen Gebiete. Man nimmt nordwärts der Mainlinie
gerne das Spottwort vom „Musterländle“ in den Mund. Nun,
wer Augen und Ohren hat, der hat jetzt schon sehen können,
dass es diesen Übernamen in fast allen Teilen volklichen
Lebens mit Stolz tragen darf.
So war es dem Grossherzog als Kulturfürst wohl die
liebste Aufgabe, die Jubiläums-Kunstausstellung (April
bis Oktober), die erste dieser Art in Baden, zu eröffnen, und
eine der liebsten Erinnerungen wird ihm dies auch bleiben.
Denn diese Ausstellung trägt etwas mehr in sich als viele
andere jener Kunstausstellungen in München oder Berlin,
welche alljährlich von Hunderttausenden besucht werden.
Sie ist im Sinne eines Kulturwerks aufgefasst und aus-
geführt worden, und wie sie als Ganzes sich jetzt zeigt, ver-
dient sie diesen Namen vollauf. In der künstlerischen Er-
scheinungen Flucht, der in- und ausländischen, möchte sie
einen ruhenden Pol des Besten, einen Extrakt geben, und
dies ist ihr gelungen, soweit unter den gegebenen Verhält-
nissen dies möglich war. So wird sie den Laien belehren,
und die Künstler, besonders die einheimischen, anspornen,
immer mehr und mehr, unbekümmert um Beifall oder Miss-
fallen, den persönlichen Kern ihres Wesens heraus-
zuschälen, ihn Kunst werden zu lassen und so Kultur zu
schaffen, die von jeher nichts anderes war als dieses mutige
unbeirrte Aussprechen des Persönlichen in allen Gebieten.

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