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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 4.1902

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Klein, Rudolf: Die Deutschnationale Kunstausstellung 1902
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https://doi.org/10.11588/diglit.49103#0432

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Die
Deutschnationale
Kunstausstellung
Düsseldorf 1902.
1.
Düsseldorf.


Franz Hein,
Grötzingen
bei Karlsruhe
Meine Söhne

Es giebt einen Standpunkt, von dem aus man
in einer Ausstellung vielleicht nur drei Bilder gel-
ten läfst oder womöglich gar keins. So berech-
tigt ein solcher Standpunkt unter Umständen der
Kunst gegenüber ist, so ungerecht wäre er im all-
gemeinen einer Kunstausstellung gegenüber, und
doch müfsten die Künstler ihn sich eigentlich
ohne Murren, ohne den Vorwurf der Gehässig-
keit und Ränkesucht gefallen lassen, wie die
Zurückgewiesenen das Urteil der Jury sich ge-
fallen lassen müssen, so ungern sie es auch
thun. Aber dieser Standpunkt, der mit Ewigkeits-
werten rechnet, soll hier einer Ausstellung gegen-
über nicht eingenommen werden, vielmehr ein
angemessener. Trotzdem sei an dieser Stelle
ausdrücklich betont, dafs nur der weitaus kleinere
Teil von Künstlern erwähnt werden kann.
In der Ausstellung befindet sich ein kleines
Bild von Hermann Angermeyer, „Vornehme
Leut’“. Es wird manchen wundern, dafs der Ver-
fasser mit diesem Bilde beginnt, aber er thut
es nicht ohne Absicht. Denn das Bild scheint
ihm besonders charakteristisch für Düsseldorf,
weil der Maler, wie man ihm sagt, erst 23 Jahre
zählt. Denn es wäre schlecht möglich, dafs
anderswo ein junger Mann dieses Alters solch
ein Bild malen würde. Es war ein eigener Zug
Düsseldorfer Künstler und vor allem bei einigen

jüngeren, dafs sie in etwa gegen die von aus-
wärts tönende l’art pour l’art Losung damit Front
machten, das Bild müsse einen Inhalt haben,
das Dargestellte in seinen Beziehungen eine
innere Notwendigkeit. Man forderte dies — und
darin liegt der Wert — wenn auch die Leistungen
meist hinter der Forderung zurückblieben, d. h.
sie nicht in allen Teilen genügend erfüllten.
Wer diese Forderung am sichersten formulierte
und auch seine Kunst stets auf ihrem Grunde
aufzubauen suchte, ist von den jüngeren Künst-
lern — und unter ihnen hat ja die Forderung
vor allem Wert — Wilhelm Schreuer. Aber
ich finde auch etwas von dieser bewufsten Ab-
sicht in dem eben erwähnten Bilde von Anger-
meyer, das darum durchaus nicht so wirkt, als
habe ein junger Mann unserer Tage es gemalt.
Darin liegt sein Vorzug und sein Nachteil. Welch
ein Vorzug ist es für einen jungen Künstler, mit
diesem feinen Humor an das Leben heranzu-
treten, einen Vorgang so zu erfassen und so
geschlossen darzustellen! Ein Nachteil freilich
ergiebt sich daraus, dafs man dem Künstler,
weil er sich wie eine vorhergehende ältere Maler-
gruppe der Requisiten bedient, seine Jugendlich-
keit nicht anmerkt. Freilich unterscheidet sich
sein Bild in vielem von denen der Rokokomaler.
Es ist so nichts Posiertes in ihm, dafs es wie

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