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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 4.1902

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Witzel, E.: Saujagden bei Rom
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Voigts-Rhetz, Konstantin Bernhard von: Der Eifelverein - seine Bedeutung und sein Ziel
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https://doi.org/10.11588/diglit.49103#0133

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die Jagdgesellschaft, ein Zeichen mit dem Jagd-
stuhle des voranschreitenden Führers zeigt dem
fälligen Schützen seinen Stand, — der lange
Förster von der andern Kyllseite hat natürlich
wieder seine Nummer vergessen —, bald ist der
Anschlufs mit der anderen Hälfte erreicht, ein
munterer Hornruf, der am entgegengesetzten
Ende aufgenommen wird, dann alles still. Minute
auf Minute verrinnt, dem Förster des Reviers
wird unheimlich zu Mut. Sollten die Kreiser
eine Fährte überlaufen haben? Hat der Teufel
am Ende den vermaledeiten Besenbinder in
aller Früh schon in diese Dickung . . . doch
jetzt — der kurze wohlbekannte Laut des
Finders, dem unmittelbar das langgezogene
Horridoh des Rüdemeisters folgt. Rasch werden
die Hunde gelöst, das Horridoh erschallt mächtig
aus einem halben Dutzend zum Teil rostiger
Kehlen, bald fällt der erste Schufs, ein zweiter,
dritter, vierter folgen, jetzt knallt es überall.
Dem jungen Weidmann schlägt das Herz, zumal
das Geläute der Meute rasch auf ihn zukommt.
Blitzschnell fällt ein Hauptschwein über den
schmalen Weg, dicht gefolgt von einem halben
Dutzend Hunde. Ein Doppelschufs von beiden
Schützen, und die Hunde hängen bereits am
Keiler, der tödlich angeschweifst nach rechts
und links um sich haut, bis der rasch hinzu-
eilende Rüdemeister durch einen nicht leicht
anzubringenden Fangschufs weiteres Unheil von
den Hunden abwehrt.
Nachdem durch Umfragen festgestellt ist,
dafs sämtliche Sauen heraus sind, wird die
rasch gebildete Strecke besichtigt, Zahl der
Schüsse und Namen der Schützen festgestellt,
den glücklichen ein grüner Bruch überreicht,
die Namen der Fehlschützen aber dem für
solche Sachen vortrefflichen Gedächtnisse des
Forstrates überliefert. Aber auch ein Opfer hat
die Jagd gekostet. Thränenden Auges steht der
treue Meuteführer des Salmwaldes neben seinem
Wacker, dem der dreijährige Keiler die Drossel
durchgeschlagen. Hier kann auch das Besteck
nicht helfen, welches, ein Geschenk des um die
Jägerei der Eifel hochverdienten Meisters der
Lanzette in Bonn, der Rüdemeister aus dem
Rucksacke hervorzieht, um drei aufserdem ge-
schlagene Hunde mit kunstfertiger Hand zu

flicken. Ein Schufs mufs den Qualen des
mächtigen Packers ein Ende machen.
Noch einen Blick auf die sieben Sauen der
Strecke und weiter geht es zum nächsten Treiben,
das „etwa ein Stündchen entfernt“, wie der
Jagdleiter wifsbegierigen Jagdgästen auf Befragen
erwidert, nach dreistündigem Marsche zeitig
genug erreicht wird, um bei anbrechender Dunkel-
heit die Strecke eben noch zu erkennen. Sie
fällt zwar magerer aus als die erste, liefert aber
doch noch fünf Sauen.
„Sau tot“ und „Jagd vorbei“ erschallt es jetzt
aus sämtlichen Hörnern, begleitet von dem Ge-
heule der Meute, die nun einmal dem tönenden
Bleche keinen Geschmack abzugewinnen vermag.
Der Marsch im tiefen Schnee zum nahezu
zwei Meilen entfernten Nachtquartier ist zwar
kein Genufs, um so besser schmeckt dort aber
das Nachtessen und — doch nicht schon das
Bett? Fällt uns nicht ein. Jetzt beginnt nicht
der schlechteste Teil des Tages; beim Glase
Bier oder Wein werden die Erlebnisse der Jagd
gründlich durchgesprochen, Fehlschüsse in der
unglaublichsten Weise entschuldigt, alte Jagd-
erinnerungen aufgewärmt. Dafs dabei ab und
zu lateinisch gesprochen wird, ist natürliche
Folge des klassischen Bodens, auf welchem ja
vor bald zweitausend Jahren die Römer schon
das Wildschwein gejagt haben. Endlich fallen
auch den unermüdlichen Skatspielern im unteren
Stübchen, die jeden noch so kurzen Aufenthalt
unter Dach mit den fach verwandten Grün und
Eichel ausfüllen, die Augen zu. Gute Nacht und
Weidmannsheil für morgen! E. Witzei.
* *
*
Jägern und Jagdfreunden — und wer von den verehr-
ten Lesern unserer Zeitschrift gehörte nicht zu diesen! —
werden vielleicht einige Zahlen über Schwarzwildabschuss
im Trierischen Lande von Interesse sein. Während hier in
den 20 er Jahren des vorigen Jahrhunderts Sauen kaum vor-
kamen, — in einem alten Abschätzungswerke eines der Eifel-
reviere wird ausdrücklich hervorgehoben, dass Sauen und
Wölfe längst ausgerottet seien —, haben sich diese Schwarz-
kittel etwa seit Ende der 6oer Jahre erheblich vermehrt.
So sind durchschnittlich jährlich erlegt in den Jahren
1875—77 934 Sauen, 1883—87 508 Sauen, 1897—99 226 Sauen.
Der Löwenanteil fällt auf die Eifel. Ein Rückgang ist sonach
unverkennbar, doch liegt der Tag, an welchem der letzte
Keiler zur Strecke gebracht wird, noch in nebelgrauer Ferne.
Ob ihn unsre Enkel feiern werden und wollen, wer weiss es?

Der Eifelverein — seine Bedeutung und sein Ziel.

Als am 23. Mai 1888 einige Eifeler, die sich
auch anderwärts in der Welt umgesehen, und
einige Fremde, welche die Eifel kennen und
schätzen gelernt hatten, nach Bad Bertrich eine
Versammlung beriefen, aus welcher der Eifel-
verein hervorging, geschah dies in dem Wunsche,
einem früher wohlhabenden und angesehenen
Kulturlande, das nach den Umwälzungen, welche

die französische Revolution hervorgerufen hatte,
verarmt und in seiner Abgeschlossenheit fast
vergessen war, nach Kräften wieder aufzuhelfen.
Zum Vorsitzenden des Vereins wurde damals
Gymnasialdirektor Dr. Dronke aus Trier gewählt.
Unter seiner 10jährigen Leitung wuchs und er-
starkte der Verein. Kein anderer hat mit Wort
und Schrift so viel für die Eifel gewirkt wie er.

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