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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 4.1902

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Nedden, Eduard zur: Ein Töpfermeister in der Eifel
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https://doi.org/10.11588/diglit.49103#0119

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Ein Töpfermeister in der Eifel.
Sehr geehrter Herr Schäfer!
Sie wünschen von mir einen Beitrag zu dem
Eifelhefte, welches die „Rheinlande4' aus Anlafs
der von dem Trierer Kunstverein geplanten
Ausstellung „Die Eifel in der Kunst“ höchst
willkommener Weise herauszugeben gedenken.
Gewifs bieten Eifelnatur, Eifelgeschichte,
Eileieigenart Material in Hülle und Fülle und
gerne würde ich beispielsweise erzählen von
unserm heifsen Bemühn, Eifelburgen, Eifel-
kirchen etc. zu erhalten und zu restaurieren.
Leider aber fehlt’s mir an der nötigen Mufse,
um des Stoffs reich strömende Quelle für Ihre
Leser gefällig zu fassen. Und so müssen Sie
mich denn freundlichst dispensieren.
Doch da fällt mir ein: Könnten Sie vielleicht
für Ihr Heft die beifolgenden Bilder verwerten?
Nicht aus dem Atelier eines für Ihre Kunstzeit-
schrift legitimierten Künstlers sind die kleinen,
aber ansprechenden Figuren hervorgegangen.
Jakob Plein-Wagner aus Speicher im Kreise
Bitburg, ein sechzigjähriger Thonformer und
Landmann, hat die Originale im treuen Geden-
ken an seinen früheren Seelsorger, den Pastor
München, mit geschickter Hand aus demselben
Thon gefertigt, der in seiner kleinen Fabrik zur
Herstellung von Thonröhren und Milchsatten
dient.
Es lohnt ein Besuch im Plein-Wagnerschen
Hause. Stolz zeigt der mit aufsergewöhnlichem
historischem und künstlerischem Verständnis
ausgestattete, einfache Mann sein „Museum“, in
dem neben hübschen Arbeiten von eigener Hand
Erzeugnisse verschiedener Kulturperioden aus
der heimatlichen Thonerde paradieren. Ist doch
auch Herrn Plein-Wagner hauptsächlich zu ver-
danken die vorsichtige Ausgrabung der bei
Speicher gefundenen römischen Thonöfen und
mancher interessanter Stücke im Trierer Pro-



vinzial-Museum. Und wie leuchten die Augen
des prächtigen Mannes, wenn er pietätvoll erzählt
von dem originellen Regiment, das der erwähnte
Pastor München über seine unruhigen Speicherer
Pfarrkinder 40 Jahre lang mit fester Hand geführt
hat. Endlos sind die „Stückcher“, die von dem
ehrwürdigen alten Herrn in Kniehose und Haube
heute noch in Speicher kursieren. Hier nur
eines: In der Karfreitags-Predigt ruft München,
zum Grabe Christi gewandt, aus: „Da liegst du
nun, nackig und plackig; die Juden haben dich
gepeinigt und mit Dornen gekrönt, sie haben
dich gekreuzigt — nun ist es noch dein Glück,
dafs du nicht unter die Speicherer gefallen bist,
sonst wär’s dir noch schlimmer ergangen“ . . .
Unwillkürlich und immer wieder hat der Thon
in der schaffensfreudigen Hand unseres Freundes
Plein-Wagner zur volkstümlichen Gestalt des
verehrten geistlichen Herrn sich geformt. Und
so soll denn in der bevorstehenden Ausstellung
„Die Eifel in der Kunst“ das Figürchen dieses
ehrwürdigen, alten Eifelpastors einen Platz finden
und ebenso bescheiden wie charakteristisch dar-
thun, dafs auch die Kunst in der Eifel nicht
ganz fremd geworden ist.
Mit vorzüglicher Hochachtung bin ich
Ihr sehr ergebener
E. zur Nedden.

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