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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 4.1902

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Witzel, E.: Saujagden bei Rom
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https://doi.org/10.11588/diglit.49103#0132

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und Geist in der herrlichen Winternatur zu
erfrischen.
Bald sind sämtliche Räume der vorhandenen
Wirtshäuser gefüllt, alte Freundschaften werden
hier erneuert, neue geknüpft. Von allen Seiten
treffen jetzt auch die Kreiser ein, die ihr müh-
sames Tagewerk meist schon vor Tagesanbruch
beginnen mufsten und, durch den tiefen Schnee
bergauf bergab sich durcharbeitend, schweifs-
triefend ihre Meldung überbringen. Ob sie
„etwas fest haben“, läfst ihre Miene den Kundigen
meist schon äufserlich erkennen, wenn sie auch
nicht, wie jener längst verstorbene alte Kreiser
des herrlichen Kondelwaldes, durch Schütteln
der Hand in der Hosentasche von weitem schon
sagen: „Eich hun se am Sack“.
Noch sind nur vereinzelt Sauen fest: jeden-
falls ist ein grofser Teil bei dem wüsten Schnee-
treiben der Vornacht gar nicht gewechselt. Jetzt
aber bringt der wiederholt zum Telephon ge-
rufene Forstrat gute Kunde: „im Salmwalde
stecken zwei stärkere Rotten, allerdings etwas
voneinander entfernt, die nehmen wir vor“.
Das Jagdhorn ruft zum Sammeln; rasch leeren
sich die Quartiere, nahezu 50 Schützen schliefsen
sich dem voranschreitenden Jagdleiter an. Am
Schlüsse folgt die Meute, der Rüdemeister an
der Spitze. Von den Hundeführern hebt sich
der brave Holzhauermeister aus dem Salmwalde
hervor, der mit seiner Saufeder sich schon so
manchen Keiler „geholt“ hat. Nur der kleinere
Teil der „Königlichen Sauhunde“, etwa stark
ein Dutzend meist fragwürdiger Gesellen, vermag
die Ahnenprobe zu bestehen.

Unweit des Dorfes wird kurzer Halt gemacht,
die Jägerei tritt in bunter Reihe an. Jeder nicht
als sicherer Schütze dem Jagdleiter schon be-
kannte Gast erhält zwei bewährte Nebenleute
aus der grünen Farbe, die ihm auf die Flinte
passen. Das gleiche geschieht ohne Unterschied
des Ranges bei denjenigen Forstbeamten, die
auf diesen Jagden eine Sau gefehlt oder
laufen gelassen haben, bis ein guter Schufs sie
wieder von diesen unwillkommenen Eideshelfern
befreit. Nach Bekanntmachung der Jagdregeln*
wird abgezählt, die Teilung der Schützen in
zwei Hälften und der jeder dieser zugewiesene
Führer bestimmt.
Nach mühseligem Marsche in nachgerade
beinah fufshohem Schnee erscheint ein ärmliches
Dörfchen mit etwa einem Dutzend meist arm-
seliger Hütten: wir sind vor Rom. Zwar fehlen
ihm die sieben Hügel nicht, im übrigen fällt
aber der Vergleich mit der stolzen Tiberstadt
nicht zu Gunsten der Namensschwester am
Salmwalde aus. Einen Vorzug hat diese jedoch:
die Luft ist hier bei etwa 600 m Meereshöhe
ein gutes Teil besser als in der fieberschwangeren
Campagna di Roma.
Ein letzter Halt; „von jetzt ab kein Laut!“
Lautlos geht es steil bergan durch den schneeigen
Tann, an der nächsten Wegegabelung teilt sich
* Es wird nur auf Sauen geschossen, erst aber auch
sofort auf dem Stande geladen, dort bis zum Abblasen
schussfertig geblieben und beim Verlassen dieses sofort ent-
laden. Grösste Vorsicht im Schiessen. Geschlossene Rotten
durch einen Schuss, nötigenfalls in den Boden, im Treiben
zu sprengen.


Müller-Werlau.

Dorfstrasse in Wiersheim bei Münstermaifeld (Eifel).

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