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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 4.1902

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4. Ausstellungsheft
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Schäfer, Wilhelm: Das Kunstgewerbe in der Nordischen Kunstausstellung zu Krefeld
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https://doi.org/10.11588/diglit.49103#0416

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Tafelauffatj (Kayferzinn).


hoch kann ein Kunftgewerbe kommen, wenn
Künftler mit feiner Seele itjre fanbfchaft fühlen
unb in enger Derbinbung mit ber ftrengen 3udjt
einer ausgelernten Technik fdjaffen.
Gbenfo ftark, vielleicht noch verblüffenber, weil
nicht fo bekannt, wirkt bie „norske Billebräverei",
Chriftiania. Da hängt zwilchen zwei Sälen ein
Dorhang „Wilbe Rofen“, vor hoffen Glanz man
betroffen ftehen bleibt IDo ift der perfifche
Teppich, ber fo ruhig unb fo lebhaft zugleich
wirkt? Die weiften Rofen leuchten aus ben grün
unb blauen Tönen wie aus einer Glafur heraus.
IDas einem fonft nur ein Gemälbe - unb zwar
nur ein innerlich groftes - geben kann: ein
wahrhaftes Glück überfällt einen vor biefem Dor-
hang. Unb ber ganze Glanz ift: einfache IDolle,
mit Pflanzenfarben gefärbt. Tiber nicht nach bem
papierenen Gntwurf eines Künftlers zufammen-
gebaftelt, fonbern von Anfang an aus einer IDolle
gefdjaffen, bie fid] gerabe fo ftark unb klar angreift,
wie fie ausfieljt. hätten wir bebeutenbeKünftler, bie,
wie Frau Frieba hänfen, bie Direktrice ber norske
Billebräverei, hingingen unb Gewebe machten! Aber
nur Gewebe, nicht heute TTTöbel, morgen Bronzen
unb übermorgen Simpliziffimuszeidjnungen. TTur
aus ber vollkommenen Technik, aus bem Geben
im JTTaterial heraus läftt fid] etwas Bleibenbes
fchaffen. Wenn bas unfere beutfdjen Kunftgewerb-
ler von biefen Dorhängen lernen möd]ten!
Dagegen wirkt Gerbarb TTTunthe in feinen
beiben Gobelins zunächft etwas abfurb unb bann
etwas rückftänbig. Gin Deutfdjer kann bas vielleidjt
nicht fo beurteilen: aber finb biefe Dinge im
mobernifierten TDikingergefdjmack nicht wie bie
Gntwürfe unferer Kunftgewerbelehrer im romani-
fchen ober gotifchen Stil? Allerbings eins baran
ift unnachahmlich fd]ön: bie ganz gefdjloffene
Farbenftimmung. namentlich bes Gobelins vom

Aufgang rechts, währenb in bem linken bas
fchöne Rot etwas herausbricht, aber gerabe in
feiner eigentümlichen Derteilung fo bebeutenb wirkt.
Die Bronzefadjen fallen nicht fo günftig auf.
Die guten fcheinen zu fehr alte TTTufter zu wieber-
holen, manche von ben Schnallen z. B. finb vielleicht
in einer foldjen Rückerinnerung plumper geraten,
als unfer mobernes Gmpfinben es gutljeiftt. Anbere
erinnern gerabezu an japanifche Dorbilber, bie
nur vergröbert finb.
Gins aber noch fcheint mir fehr beachtenswert:
ein Schrank nebft feljnftuljl. mit gefchniftten unb
bemalten Ornamenten, bie zwar „aus ber
IDikingerzeit“ finb, aber einen IDeg zeigen, ben
fchon un|ere Altvorbern gerne gingen. Im alten
Raffel z. B. fleht man noch allenthalben an ben
Fachwerkbäufern bas Gebälk in einfachem Orna-
ment gefchnitten unb mit ftarken Farben harmo-
nifch vermalt. Das fleht in Derbinbung mit ge-
ftridjenen Wanbflächen prächtig aus. Gewift ift
bie natürlidie holzfarbe fchon, aber wenn burd]
berartig berb ornamental befchniftte unb bemalte
TTTöbel in unfere Stuben etwas Farbe käme: mir
fdjeint, es würbe fehr gut in ein beutfdjes Bauern-
unb Bürgerhaus paffen. Unb was bie Auften-
Wirkung anbetrifft, haben unfere Architekten genug
mit bunklem Gebälk auf hellem Grunb gearbeitet.
TDarum foll ber ftarke bunkle Strich eines Balkens
fich nicht in ber Bähe bem Auge als ein farbiges
Banb geben ? Ich meine, bas müftte luftig wirken
unb wieberum gut in unferer fanbfdjaft ftehen.
So zeigt fid] bas norbifche Kunftgewerbe weber
englifdj nüchtern noch franzöfifdj prickelnb unb
kann fid] bod] fehen laffen. TDenn nur viele unferer
Kunftgewerbler es fähen. Goethe meinte, baft man
erft aus fremben Sprachen bie Schönheit ber beut-
fchen kennen lerne: mit bem Kunftgewerbe wirb
es nicht viel anbers fein. ID. Schäfer.

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