Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schulz, Heinrich Wilhelm; Quast, Ferdinand von [Hrsg.]
Denkmäler der Kunst des Mittelalters in Unteritalien (Band 1) — Dresden, 1860

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22893#0092
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
70_

Theile der Kirche erst dem Anfange des XIV. Jahrhunderte angehören dürften. Ueber den je vier
Spitzbögen liegt jedesmal ein einfacher Gurtumlauf, und darüber das ziemlich flache Kuppeldach
mit kleinen quadratischen Fenstern.

Die Bogen der Seiteuschiffe ruhn auf Pfeilern, die aus der Wand hervorspringen. Ringsum
sind verschiedene Capellen angebracht. Das alte Portal, welches sehr reich verziert gewesen sein
soll, wurde erst in den dreifsiger Jahren dieses Jahrhunderts gebrochen. Zur Seite steht ein hoher
Glockenthurm, dessen Stockwerke durch mehre Gesimse angedeutet werden.

Die Kirche enthält einige nicht unbedeutende Gemälde. Eines, vielleicht von Giordano und
dann gewifs eines seiner besten, stellt das auf dem Schoofse der Madonna schlafende Christuskind
dar: Engel beten es an. Darüber befindet sich eine Flucht nach Aegypten vielleicht von dem-
selben oder doch einen nahe verwandten Maler. Merkwürdig ist noch ein neueres griechisches
Bild durch die Eigenthümlichkeit seiner Idee. Die Madonna zwischen Engeln auf dem Halbmonde
stehend, unter dem sich ein Drache windet, hebt vertrauensvoll anbetend die Hände zu Gott empor,
der oben in der Luft thront, auch von Engeln umgeben. Er hält das Crucifix in der Hand, über dem
der h. Geist schwebt. Unten stehn anbetend S. Johannes der Täufer und S. Franciscus. Aus den
unteren Ecken des Bildes schauen ein Mann und eine Frau anbetend zur Madonna empor. Das
Ganze hat einen sehr eigenthümlichen Charakter. Die Gewänder der Madonna und der Engel sind
mit Vergoldung überhäuft, ganz in der alttypischen Weise, in der überhaupt das Bild gehalten ist ;
nichtsdestoweniger ist aber gleichzeitig modernes Wesen damit vermischt. — Ein anderes Bild hat
die Aufschrift: CASPAR HOVIS I FLANDRENSIS I BARI . 1596.

[Kirchen mit Kuppeln, wie sie die Kathedrale zu Molfetta und die Kirche S. Maria dei
Martiri zeigen, dürfen gewifs am wenigsten in einer Stadt befremden, deren Blüthe zu der Zeit,
wo jene Monumente entstanden, vornehmlich auf dem Verkehr mit dem Oriente beruhte; die Adoption
wesentlich byzantinischer Bauformen erklärt sich hierdurch also schon von selbst. Daneben ist
aber doch zu bemerken, dafs die Kuppeln hier in einer Ausbildung vorkommen, wie sonst nirgend
in den Ländern rein byzantinischer Kunst. Dahin gehört deren volle Halbkugel-, oder sogar
überhöhte Eiform, oberhalb des scharfmarkirten Kranzgesiinses, und die Anbringung von vier kleinen
Fenstern am Fufse derselben, theils nach den vier Hauptrichtungen der Kirche, theils übereck
gestellt. Auch die Reihenfolge von mehreren Kuppeln ziemlich gleicher Gröfse und Bildung ist im
griechischen Oriente nicht gewöhnlich.

Alle diese Eigenthümlichkeiten finden sich aber in Aquitanien wieder, wie solches von Felix
de Verneilh in seinem Werke über byzantinische Baukunst in Frankreich (Paris 1851: vgl. auch
M. Viollet-le-Duc, Dictionnaire raisonne de l'architecture francaise du XI1' au XVI' siecle.
Paris 1854 I, 171 ff. s. v. Architecture religieuse) so treffend zusammengestellt ist. Allerdings
 
Annotationen