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Schulz, Heinrich Wilhelm; Quast, Ferdinand von [Hrsg.]
Denkmäler der Kunst des Mittelalters in Unteritalien (Band 1) — Dresden, 1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.22893#0223
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Oben befindet sich auf zwei Seiten ein stark profilirtes, sehr reich und schön gearbeitetes
Gesims, an welchem man Spuren von rother Farbe auf dem Grunde wahrnimmt.--

[Die reiche Ausbildung der Blendarkaden, mit denen die Cathedrale zu Troja in dem unteren
Theile ihrer Facade wie an den Seitenschiffen geschmückt ist, findet sich ganz in ähnlicher Weise
auch an der Marienkirche zu Foggia, wie an der alten Cathedrale von Siponto wieder. Auch hier sehen
wir die Bogeneinfassungen in der Mitte elliptisch überhöht und mit antikisirendem Gesimse abge-
schlossen, sowie Rhomben und kreisförmige Blenden oder Fensteröffnungen in den oberen Theil
des Bogens eingeschoben. Auch die reichen Incrustationen mit verschiedenfarbigem Gesteine treten
dabei vorzugsweise charakteristisch hervor. Schon der Oberbau unserer Cathedrale, sowohl in der
Fronte wie in der Seitenansicht, weicht hievon nicht unwesentlich ab, da ihm jene kräftig pro-
filirte Bogeneinfassung, das Rhombenmuster und die Incrustationen abgehen; er wird wohl dem
ursprünglichen Baue des Domes eben so wenig angehören, wie das jetzige Querschiff und der
innere spitzbogige Gewölbebau des Altarhauses. — Wenn jene drei Kirchen also in enger Beziehung
zu einander stehen, so ist dagegen die Verschiedenheit ihrer Architektur von der der übrigen apu-
lischen Kirchen gleichmäfsig zu constatiren: nur die ältere Anordnung der Cathedrale von Lecce
mit ihren Bogenstellungen im Ober- wie im Unterbaue läfst, einer alten Zeichnung zufolge, eine
Verwandtschaft mit jener Gruppe wohl annehmbar erscheinen, obschon sie auch sehr wohl eine
davon wesentlich verschiedene Ausbildung zeigen könnte, beispielsweise wie jene des Oberbaues der
Cathedrale von Troja; ferner einige Theile des Domes zu Benevent.

Unser Verfasser hat bereits die Verwandtschaft jener Architektur mit der in vielen nord-
italischen Städten herrschenden angedeutet, unter denen er auch den Namen Pisa nennt. Es ist
dies näher dahin zu präcisiren, dafs jene Bauweise mit der im nordwestlichen Toscana "herrschenden
in allerengster Beziehung steht. Der lateinische Basilikenbau hat hier eine der grofsartigsten Ent-
wickelungen erhalten, deren er fähig war. Nirgend anderwärts haben sich die antiken Bauformen
in so später Zeit so wahrhaft lebendig und fortschrittsfähig erhalten, als wie hier, so dafs man
namentlich die im XL und XII. Jahrhundert in Florenz blühende Bauschule noch als eine von
orientalischen oder nordisch - barbarischen Einflüssen wesentlich unberührte anerkennen mufs,
die nicht, wie die römische, nur von den Trümmern der Antike lebte, sondern ähnlich der acht
byzantinischen selbständig fortzuschreiten sich bemühte. Schon Herr von Rumohr (Ital. Forsch. III.,
205) bemerkt, dafs die in Pisa und Lucca herrschende Bauweise mit der florentiner zwar zusam-
menhänge, von ihr aber unabhängig sich ausgebildet habe. Offenbar hat sie die nordischen Ele-
mente mehr in sich aufgenommen und dadurch eine kräftigere und grofsartigere Entwickelung erlebt,
als deren Höhepunkt der Dom zu Pisa anzuerkennen ist, obschon diese Stadt und Lücca voll von
verwandten Formen sind, die auch in Pistoja in sehr grofser Bedeutsamkeit auftreten und zu
Volterra und selbst in Prato bis zu den Thoren von Florenz hin sich zeigen; ja die Fronte von
S. Maria Novella und die älteren Theile des Domes in letzterer Stadt stehen ihnen näher als der

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