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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 18.1927-1928

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Heft 12
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Walden, Herwarth: Wohnungsvermittlung
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https://doi.org/10.11588/diglit.47218#0187

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suchen, das finden Sie in jeder Nummer
unserer Zeitschrift Um Irrtümer zu ver-
meiden, möchte ich Ihnen einige Winke
geben. Denn ich fühle mich durchaus als
Vertrauensmann. Halten Sie mich nicht für
indiskret, wenn ich bei Ihrer Aufklärung
diskretes nicht vermeiden kann. Sie können
von der Toilette, genauer gesagt von der
Zahl der Toiletten, auf die Qualität der an-
gebotenen Wohnung schließen. Sehen Sie,
lieber Herr, in dieser Wohnungsdichtung sind-
drei Toiletten angebracht. Da weiß der
Fachmann gleich, was er vor sich hat. Man
sieht die Diele. Hinter den vier anschließen-
den Sälen Nummer zwei zu Beginn des
großen Korridors. Man sieht im rechten
Winkel hierzu den zweiten großen Korridor
mit Nummer drei. Sehen Sie, das nenne
ich eine Wohnung. Die können Sie haben.
Etwas für Sie. Sie bemerken ferner, daß
hier das Wörtchen tauschlos steht. Man
wünscht also nicht einmal Ihre Wohnung.
Es wird in solchen Fällen natürlich ein Ab-
stand gefordert, daß man sich nicht in Ihre
Wohnung drängen will. Der Abstand ist
beinahe ein Geschenk. Sie zahlen einmal
und nie wieder. Kein Schrecken ohne Ende.
Bei jeder Mietszahlung werden Sie sich
freuen, daß Sie keinen Abstand zu zahlen
brauchen. Sie spucken die Sache auf einmal
aus und der schlechte Geschmack ist weg.
Oder hier finden Sie das Wörtchen abstands-
los. Sollte es nicht Ihr Geschmack sein, sich
von einem nennenswerten Betrag zu trennen,
so greifen Sie hier zu. Sie zahlen monat-
lich ein paar hundert Mark mehr, aber Ihr
Kapital ist nicht an der Wurzel angenagt.
Bei jeder Mietszahlung werden Sie sich
freuen, daß Sie für lumpige vierhundert Mark
mehr Ihrer werten Familie das Kapital er-
halten haben. Ich fühle mich als Vertrauens-
mann. Der Herr Sohn will studieren, das

Fräulein Tochter seine Mitgift. Das alles
können Sie durch unsere sinnvolle
Erfindung der abstandslosen Wohnung
leisten. Hier finden Sie die Wörtchen
„weißer Schein“. Darauf lassen Sie sich
nicht ein. Darüber lesen Sie fori. Haben
Sie es nötig, sich mit Behörden auseinander-
zusetzen ? Wollen Sie Ihre geheimstenWünsche
einem Beamten offenbaren? Glauben Sie,
mein lieber Herr, daß ein Beamter Sie ver-
steht? Sie verstehen kann? Sie verstehen
will? Meine Hochachtung vor der Republik,
aber so schnell können die Beamten sich
nicht ändern, auch wenn ich ihnen gern
den guten Willen zuerkennen möchte. Gute
Republik will Weile haben. Das heißt
„weißer Schein". Sie ahnen gar nicht, was
alles gefordert wird. Eine Vernehmung vor
dem Untersuchungsrichter ist eine Revue
dagegen. Und was wollen Sie mit fünf
Zimmern anfangen. Und mit einer Toilette.
Sie können sich nicht einmal drehen! Und
bei diesen Wohnungen mit weißem Schein
heißt alles Zimmer. Der Korridor wird sogar
dazu ernannt. Bedenken Sie ferner die
Kreditschädigung. Wenn Ihre Kundschaft
davon erfährt, daß Sie nur hundert Mark
Miete zahlen, können Sie ebensogut gleich
Konkurs anmelden. Durch den „weißen
Schein" sind Sie für Ihr Leben gekennzeichnet.
Für seine Besorgung berechnen wir nur
hundert Mark. Aber trotzdem ich gegen
die Interessen unseres Verlags rede, lassen
Sie die Hände davon. Und nun mit Gott,
mein lieber Herr. Hier haben Sie zunächst
mal vierhundert Adressen. Trotzdem wir
alles für Sie tun, müssen Sie sich selbst die
Wohnung ansehen. Aber dann greifen wir
sofort ein. Mit dieser einen Nummer unserer
Zeitschrift sind Sie gut versorgt. Sie nehmen
sich am besten ein Auto und fahren alles
ab. Ich rate Ihnen einen Chauffeur zu

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