Südwestdeutsche Rundschau: Halbmonatsschrift für deutsche Art und Kunst (2.1902)

»SS. fratünionatsjrijrift

für beutfrfje %tt imö iföanft.

DeutTcbe Hrt.

95on Dr. §etrmcf) 5ßubor.
II.

2)ie moberne Sßiffenfdjaft ber ^f)i)fiotogie l)at gefunbeu,
bafs ber Sftenfd) nur bann leben f'önne, wenn feine Gräfte fid) im
($leid)genrid)t bjielten, roenn bie Harmonie ber Gräfte eine mögüdjft
uoMommene roäre. ®ann werftest man nid)t, roie unfere mobernen
©pe^ialiften, unfere mobernen ©d)itbfaftenmenfd)en überhaupt leben
fönnen! ®a§ ift ja ber ©lau§, ber auf bem eblen ©riedjentume
liegt: bie Harmonie be§ £eben§! Sßie toeit finb mir baoon ent-
fernt! SllteS ift l)eute fpe^ialifiert; nid)t§ ift tiarmonifd). 2)er
Sftenfd) ift fjeute ©pegtatift, nidjt 3Jlenfd). @r fennt nid)t bie
$unft be§ Sebent, nur ben ©enufj, gen>öf)nlid) Siergenuf? — be§
£eben§. SBenn er bie ©d)itle oerlaffen rjat, fe^t er fid) in eine§
ber gädjer be§ @d)ubf'aften§ unb bleibt barin fÜ3en unb fteben,
hi§ er ftirbt. Sem 9tamen nad) fennt er rcofjl „Unberfttäten";
aber bie Untoerfitäten, bie er fjat, finb mel)r Spezialitäten; jutn
minbeften liefern fie (Spezialitäten. 9$on einem SRenfdjen, ber
tjeute nod) für etma§ anbere§, al§ für feinen Söeruf $ntereffe Ijat,
fagt man, „er jerfptittert fid)". $ft er gar Stutobibaft, fo jäf)It er
nidjt mit. derjenige, ber fid) am meiften fpejialifiert, ber am
tiefften einbringt in bie ^leinigf'eiten ber SBelt, ftefjt am größten