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Südwestdeutsche Rundschau: Halbmonatsschrift für deutsche Art und Kunst — 2.1902

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Thal, Hans: Aestheten und Politiker
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https://doi.org/10.11588/diglit.12736#0341

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307

Heftbeten und Politiker.

(Don tjans ölfjal, Jranffurt a. ITt.)

fluf bem Kampfplat; ber Kunft ijt über Hadjt ein gigantifd)er Reife entjtanben, ber
mit roenig RKt;, ober befto bröfmenberer (Empljafe bie böfe „RTobeme" in (Brunb unb
Boben 3erjtampfen möcfjte.

Dor einigen Sagen fiel mir eine Brojdjüre bes Heuen Jranffurter üerlages in bie
t)änbe, beren nerrfeifjenber TEitel „Aejirjeten unb Politifer, 3ur Kunjirebe bes beutjdjen
Kai(ers" oon Dr. £jugo (ban^, miä) anlodte. Unb mit Red)t. Sdjon mandje heftige, aber
etjrlicf^gemeinte Belämpfung ber „Rtoberne" (©anß rejumirt in erfter tjinfidjt Ittetj|cf)e unb
3bfen unb bie non itjnen I)en>orgebrad)te anti|03iale Strömung in ber Kunft unter -ber
Be3eid;nung „Rtoberne", bie er mit Derädjtlidjen Anfüf|rungs3eid)en jd)tnücft) tjat micf) 3um
Prüfen unb Durdjbenfen ber erhobenen flusftellungen gelocft, aber ein fo toenig norneb,me
Bei'ämpfungsart, roie fie <San3 gegen feine Jeinbe anroenbet, rjabe id) feiten tennen gelernt:
$ür bie Künftler, bie unter bem (Einfluß Rietjfdjes unb 3b|ens fcfjaffen, finbet er gar ner-
nidjtenbe Betitelungen, roie „Snobs ber Decabence", „bösartige 3rrfinnige", „begenerierte

unb bepraoterte 3nbirnbuen" —--, „bie fjeute iljre franffjaften Ausfdjeibungen ber

RTenfd)b,eit in bas täglidje Brot bes Kunstgenufies (Kunftgenufj unb tägliches Brot!)
mijdjen triollen", „biabolifcffc Derbredjer" ober „roiöerftanbsunfäfjige Sd)road)föpfe". (S. 10).

llnb in ber beutfdjen Kunftfritif fietjt er bie „Diftatur bes 3apanismus, ber ©lieber*
barre ber nioletten {Eündje, ber Diffonan3mufiI unb bes rjäctjelbiatoges."*)

(Begen gefdjmadlofe Sd)mäb,ungen att3ufämpfen, roäre 5ettt>er(d)roenbung. Allein
nad; Kräften bafür 3U fdjaffen, bajj eine franffjafie Anjdjauungsroeife auf itjreri £jerb be-
fdjräntr bleibe unb (Sefunbe nicfjt meiere, muf3 bie Pflicf|t eines jeben fein, ber in ber
Realifierung foldjer „3been" eine Derflacfjung bes fünftlerifdjen (Empftnbens unb t)icrmtt
eine Sd)roäd)ung ber gefunben £ebensfäf)igieit fielet. —

(Ban3 fterjt mit feinen Anfdjauungen auf j03ialijtijd)em Boben, unb bas bürfte ge-
nügen, um feinen Stanbpunft gegen nietjjcf/e 311 djarafterijiereu. H)ie bie Rteiften, fjat
aud) er ben jubelnben Befab,er bes aufjteigenben £ebens nid)t nerftanben. (Er will bie „ab»
lolute" $reil)eit ber Kunft mobileren, errjebtid) mobifi3ieren, — ober, offen gejagt: ab-
fdjaffen.

„Künftlerifcfje tEb,ätigteit barf lein Freibrief »erben für Derbredjertum unb gejell»
fd)aftsfeinblidje <Ejijien3".

£)icr liegt ber Kernpunft.

Der Künftler mag fdjaffen, fo oiel er roill, roenn er nur bie Sdjranten ber (Bcfelk
fdjaft nidjt burd)brid)t. „Kann unter Sreitjeit ber Kunft nerftanben röerben eine Art <Ej:-
territorialität bes Kunftlers, für ben ftaatlid)e (Befetje unb gefellfdjaftliifje fflrbnung(!)
in feinem Ceben roie in feinem Schaffen nid)t mefjr ejiftieren?" „Demnach, foü fid; ber
Künftler bei feinem Staffen — fein perfönlicf)es £eben fällt f)icr überhaupt nid)t ins (Be-
roidjt — ben Regeln ber „gefcllfdiaftlictjen ©rbnung" unterorbnen, er foll ftatt beren Der-
nidjtung bie (Erhaltung morbiber (Einridjtungen nerlunben unb anjtreben?

Aber man fjöre tneiter.

„U)enn bie Künftler 3U allen 3eiten ^rettjeit nerlangt fjaben, [0 mar es nidjt bie
bes Dei'brecfjens, bie fie meinten (roas fierjt t)err Dr. ©an3 im ©ebiete bes tunftlerifdjen
Sdjaffens als Derbredfen an? Dod) nur bie Auflehnung gegen bie „gefellfd)aftlid)e (Drb-
nung!), fonbern nur bie 5reif)eit 00m ftaatlidjen unb gefelljd)aftlid)en ©ängelbanbe!"

Ijiernad) 3itiert er Sdjiller als öeugen, um uns 3U er3äl)len, bafj ber Künftler nur
bann 311 fdjaffen nermag, roenn er fid) gan3 ber 3nfpiration überläfjt, alfo fid) aud; bes

*) S. 10 preift ffian3 ben Raturalismus, „ber im b,öd)ften (Brabe lebensbejarjenb ift".
RMe reimt (5an3 bies tnofjl mit feiner Derb,öb,nung bes „Ejärffelbialogs", ber bodj bas
Kinb bes Raturalismus ift?
 
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