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79- Kiedeirbeinifcbes flQufihfcft.
Düjfelborf, Pfingften 1902.
flud) bie ITtufiffejte, bie in ben jangesfroljen Canben bes unteren Rheins einen fo
tjeroorragenben Kunftfaftor bebeuteten unb nod) bebeuten, unterftanben in ben breitnertet
3at)ri;unberten ihres Dafeins bem XDedjfel ber Derljältmjje. Die pftngftlidjen 5eiern in
Köln, Düjfelborf unb fladjen haben einen etwas anberen Cf)arafter, eine onbere Befttm-
mung befommen. Damit |oü geroifj nid)t gefagt roerben, baß ihre £eijtungen, abjolut
gejeJjen, 3urüdgegangen finb. 3m ©egenteil. (Es wirb Ijeute 3roeifellos beffer, bas heißt
mit größeren Rütteln unb aud) grünbticfier mutiert als nor neununbfiebsig 3at)ren. Rur
iljre Stellung im (Befamttunftleben ijt ein« anbere geroorben. R)ie bie Dinge heute liegen,
jetjen bie früf)jäl)rlid)en RTufiffefte gleidjfam nur ben Schtußftein ber im IDinter abgeleifteten
programmierte. Die 3eiten, roo btefe Deranftaltungen etroas ganß Außerorbentliches boten,
bieten tonnten, finb corrüber. Da3U mad)t man felbft in mittleren Stäbten heutigentags
burcfifcf)nittlid) fdjon 3U gute Rtufif. RIerfroürbig: in bemjelBen Derfjältnts roie bie fo-
genannten Rtujterauffürjrungen ber Büf)nen an Bebeutung geroonnen unb bei bem Ctef-
ftanb unferes tEIjeaterbetriebes fo bitter notroenbig bleiben — in bemfetben öerl)ältnis
finb bie Rtujiffejte an Mtureller Bebeutung roenigjtens 3urä(fgegangen. Sie haben ihren
ber3eitigen £)aupt3roed, roeitere Kreije für toertnolle RTufit burd) IiebenoIIe (Einftubierung
größerer tDerfe 31t interejfieren, eigentlich, erfüllt. ITtan bebarf it)rer ba3U nictjt meljr.
Dies 3eigte |jid) rool)l feiten fo beutlid) als btefer Hage in Düffelborf. tjier fe^te man
als Ijauptnummern bie R)iebert)oIung 3roeier IDerte auf bas Programm, bie im Caufe bei:
Saifon bereits erfolgreich aufgeführt roaren, unb marlierte baburdj beutlid) bie heutige
Phr/fiognomie bes ga^en^Llnternehmens: ber Abfdjluß ber XDinter!on3erte — eine Repe-
titionsgelegenheit ber eingefdjlagenen Arbeiten.
TDenn babei bie tt)af)l Badjs £)ol)e Ulejfe unb (Elgers ungemein interrejfantes
Craum=fflratorium trifft, fo läßt man es fid) allerbings gefallen. fjwju nahm man
Beethovens Jünfte unb ben Jaujt Don Cif31. Braams i|t mit feinem üiolinfon3ert,
Strauß mit einem „5euersnot"=$ragment nertreten. Don RTo3art giebt es ein Sopranfolo.
(Ein folibes, gutes Programm.
3of)ann Sebaftian Badjs Rleffe eröffnete bas Jeft. profejfor Butt)s, bie treibenbe
Kraft ber gan3en 5ejtlid)feiten, uerljalf bem Denfmal 311 einer anerfennensroerten R)ieber-
gäbe. Die fleißig norberettete, ftilgeredjte Aufführung ftütjte fid) auf eine [ouneränen
Beherrfdjung ber nerroidelten Partitur burd) ben Dirigenten. Kaum baß er fein £jeft| als
äußeren Ceitfaben benutjte. Aus ber Sadje heraus unb bod; uneber über ber Sadje ftetfenb,
mattete er mit Srffdje, Urfprünglidjfeit unb Begeifterung feines nerantroortungsreidien
5ühreramtes unb brachte es namentlich *m weiteren Derlauf bes Abenbs 3U ftarfer Un-
mittelbarfeit unb einbringlid)er Steigerung bes Ausbruds. töenn es ihm bennod) nidjt
immer gelang, ben gan3en fomptt3ierten Apparat ber ITtitroirfenben bis ins £etjte unter
feinen tDillen 3U 3roingen unb fo redjt elementar mit fort3ureißen, fo liegt bas an ben
Derhältniffen, bie alle fogenannten Rtujiffejte beherrfdjen. Die Chormejjen bilben eben
nermöge ihrer 3nfammenfe^ung aus fid] bisher fremben (Elementen teine gejd)lojfene Phalanj.
Der Aufführung lag biefes Rtal nid)t, roie jonjt üblich, bie Robert 5ran3f(he
Bearbeitung, jonbern bie (Driginal=partitur 3U ffirunbe, beffen (Eontinuo»Stimme tjerr
Profejfor Jranfe aus Köln non neuem unb 3roar mit feinftem Derjtänbnis ausge3ogen
unb auf ©rgel unb Cembalo certeilt Ijat. (Er felbft bebiente beibe 3nftrumente in ge-
mohnter Rteifterfchaft mit grofser De3en3 unb (Etfaratterifteriirigslxinft.
3m (5an3en oortrefflid) fang ber Chor. Das programmbuch — beffen Umfd)Iag
fid) roohl einer ber Düffelborfer Künftler hätte annehmen fönnen — 3ät)It nod) nidjt
fünfhunbert ITiitglieber auf. Das bürfte gerabe bie ridjtige Stärfe bebeuten. Das halbe
Caufenb fcfjeint bie (Bren3e 311 fein, uon roo ab bei weiterer erl)eblid)er Ausbehnung ber
Sänger3ahl nad) fflben ein (Erzielen feinfter Stimmungen unbabfoluter Straffheit unb Reinheit
79- Kiedeirbeinifcbes flQufihfcft.
Düjfelborf, Pfingften 1902.
flud) bie ITtufiffejte, bie in ben jangesfroljen Canben bes unteren Rheins einen fo
tjeroorragenben Kunftfaftor bebeuteten unb nod) bebeuten, unterftanben in ben breitnertet
3at)ri;unberten ihres Dafeins bem XDedjfel ber Derljältmjje. Die pftngftlidjen 5eiern in
Köln, Düjfelborf unb fladjen haben einen etwas anberen Cf)arafter, eine onbere Befttm-
mung befommen. Damit |oü geroifj nid)t gefagt roerben, baß ihre £eijtungen, abjolut
gejeJjen, 3urüdgegangen finb. 3m ©egenteil. (Es wirb Ijeute 3roeifellos beffer, bas heißt
mit größeren Rütteln unb aud) grünbticfier mutiert als nor neununbfiebsig 3at)ren. Rur
iljre Stellung im (Befamttunftleben ijt ein« anbere geroorben. R)ie bie Dinge heute liegen,
jetjen bie früf)jäl)rlid)en RTufiffefte gleidjfam nur ben Schtußftein ber im IDinter abgeleifteten
programmierte. Die 3eiten, roo btefe Deranftaltungen etroas ganß Außerorbentliches boten,
bieten tonnten, finb corrüber. Da3U mad)t man felbft in mittleren Stäbten heutigentags
burcfifcf)nittlid) fdjon 3U gute Rtufif. RIerfroürbig: in bemjelBen Derfjältnts roie bie fo-
genannten Rtujterauffürjrungen ber Büf)nen an Bebeutung geroonnen unb bei bem Ctef-
ftanb unferes tEIjeaterbetriebes fo bitter notroenbig bleiben — in bemfetben öerl)ältnis
finb bie Rtujiffejte an Mtureller Bebeutung roenigjtens 3urä(fgegangen. Sie haben ihren
ber3eitigen £)aupt3roed, roeitere Kreije für toertnolle RTufit burd) IiebenoIIe (Einftubierung
größerer tDerfe 31t interejfieren, eigentlich, erfüllt. ITtan bebarf it)rer ba3U nictjt meljr.
Dies 3eigte |jid) rool)l feiten fo beutlid) als btefer Hage in Düffelborf. tjier fe^te man
als Ijauptnummern bie R)iebert)oIung 3roeier IDerte auf bas Programm, bie im Caufe bei:
Saifon bereits erfolgreich aufgeführt roaren, unb marlierte baburdj beutlid) bie heutige
Phr/fiognomie bes ga^en^Llnternehmens: ber Abfdjluß ber XDinter!on3erte — eine Repe-
titionsgelegenheit ber eingefdjlagenen Arbeiten.
TDenn babei bie tt)af)l Badjs £)ol)e Ulejfe unb (Elgers ungemein interrejfantes
Craum=fflratorium trifft, fo läßt man es fid) allerbings gefallen. fjwju nahm man
Beethovens Jünfte unb ben Jaujt Don Cif31. Braams i|t mit feinem üiolinfon3ert,
Strauß mit einem „5euersnot"=$ragment nertreten. Don RTo3art giebt es ein Sopranfolo.
(Ein folibes, gutes Programm.
3of)ann Sebaftian Badjs Rleffe eröffnete bas Jeft. profejfor Butt)s, bie treibenbe
Kraft ber gan3en 5ejtlid)feiten, uerljalf bem Denfmal 311 einer anerfennensroerten R)ieber-
gäbe. Die fleißig norberettete, ftilgeredjte Aufführung ftütjte fid) auf eine [ouneränen
Beherrfdjung ber nerroidelten Partitur burd) ben Dirigenten. Kaum baß er fein £jeft| als
äußeren Ceitfaben benutjte. Aus ber Sadje heraus unb bod; uneber über ber Sadje ftetfenb,
mattete er mit Srffdje, Urfprünglidjfeit unb Begeifterung feines nerantroortungsreidien
5ühreramtes unb brachte es namentlich *m weiteren Derlauf bes Abenbs 3U ftarfer Un-
mittelbarfeit unb einbringlid)er Steigerung bes Ausbruds. töenn es ihm bennod) nidjt
immer gelang, ben gan3en fomptt3ierten Apparat ber ITtitroirfenben bis ins £etjte unter
feinen tDillen 3U 3roingen unb fo redjt elementar mit fort3ureißen, fo liegt bas an ben
Derhältniffen, bie alle fogenannten Rtujiffejte beherrfdjen. Die Chormejjen bilben eben
nermöge ihrer 3nfammenfe^ung aus fid] bisher fremben (Elementen teine gejd)lojfene Phalanj.
Der Aufführung lag biefes Rtal nid)t, roie jonjt üblich, bie Robert 5ran3f(he
Bearbeitung, jonbern bie (Driginal=partitur 3U ffirunbe, beffen (Eontinuo»Stimme tjerr
Profejfor Jranfe aus Köln non neuem unb 3roar mit feinftem Derjtänbnis ausge3ogen
unb auf ©rgel unb Cembalo certeilt Ijat. (Er felbft bebiente beibe 3nftrumente in ge-
mohnter Rteifterfchaft mit grofser De3en3 unb (Etfaratterifteriirigslxinft.
3m (5an3en oortrefflid) fang ber Chor. Das programmbuch — beffen Umfd)Iag
fid) roohl einer ber Düffelborfer Künftler hätte annehmen fönnen — 3ät)It nod) nidjt
fünfhunbert ITiitglieber auf. Das bürfte gerabe bie ridjtige Stärfe bebeuten. Das halbe
Caufenb fcfjeint bie (Bren3e 311 fein, uon roo ab bei weiterer erl)eblid)er Ausbehnung ber
Sänger3ahl nad) fflben ein (Erzielen feinfter Stimmungen unbabfoluter Straffheit unb Reinheit