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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 6.1932

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Nr. 2 (10. Januar)
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Jahrg. VI, Nr. 2 vom 10. Januar 1932

DIE W E L T K U N S T

5

(Fortsetzung der Vorberichte von S. 2)
sächsische Manuskript der „Blickling-FIomi-
lien“ beschrieben, das die authentische Datie-
rung aus dem Jahre 971 trägt. Unter den übri-
gen Handschriften ist vor allem der Tikytt-
Psalter (Nr. 7) zu nennen, im 12. Jahrhundert
von John Tikytt, dem Prior eines Klosters in
Nottinghamshire, geschrieben und mit herr-
lichen Miniaturen verziert (Abbildung in
Jg. V, Nr. 49). Durch ihre auch im Katalog
farbig prachtvoll reproduzierten Miniaturen
sind hervorragend drei französische Manu-
skripte: der „Roman de la Rose“ (Nr. 8), „Flo-
riant et Florette“ und die „Cite de Dieu“ des
Augustinus, alle drei Meisterwerke der fran-
zösischen Miniaturmalerei des 14. und 15. Jahr-
hunderts. Von den bedeutenden Einbänden
seien genannt zwei Einbände der Diana von
Poitiers (Nr. 22 und 54), ein großartiger oli-
venfarbiger Maroquinband aus dem Besitz der
Königin Catharina von Medici (Nr. 23) und ein
unvergleichlich schöner französischer Einband
für medizinische Rezepte aus dem 16. Jahrhun-
dert und aus dem Besitz des Chevalier Jaques
de Lindsay (Nr. 24). Als kostbare Autogra-
phen müssen zwei Manuskripte von Walter
Scott (Nr. 32 und 33) hervorgehoben werden.
Die Abteilung der gedruckten Bücher enthält
die erste datierte Bibel von 1462 (Nr. 36), und
vor allem viele frühe Erstdrucke der alten
Klassiker, so u. a. auch den Boccaccio, „De la
Ruine des Nobles hommes et femmes“, Bruges
1476, das erste datierte Buch mit Kupfer-
stichen, von dem nur zwei weitere Exemplare
bekannt sind. — Der zweite Teil des Katalogs
enthält vor allem die Werke, deren Vorhanden-
sein wohl vor allem für die Verlegung der Ver-
steigerung nach New York ausschlaggebend ge-
wesen ist. Nicht nur die frühen Americana, son-
dern auch die übrigen Reisebücher aus frühester
Zeit finden in den Vereinigten Staaten ihren
eigentlichen Markt. Ob es sich um die Be-
schreibung der ersten Durchfahrt durch die
Nordwest-Passage (Nr. 93), die erste englische
Marco Polo-Ausgabe (Nr. 94), eine der ersten
Beschreibungen von Peru (Nr. 96) oder die
älteste englische Niederlassung in Amerika
(Nr. 98) handelt, fast immer wird gerade das
spezifisch amerikanische Sammlerinteresse er-
regt. Nicht weniger wichtig sind für amerika-
nische Sammlungen Werke über Seefahrt von
solcher Seltenheit wie des Kapitän John Smith
„The Sea-mans Grammar“, London 1653 (Nr.
161), und der berühmte Amerika-Atlas von Ni-
calos Sanson aus dem Jahre 1657. Nimmt man

nennen wir Nr. 95, Franklins Exemplar des
„Indian treaty“ von 1757, mit $ 1450 — andere
Exemplare ohne Provenienz brachten nur
$ 750 und $ 650 (Nr. 94, 97) —, ferner zwei
Jahrgänge der Revolutions-Zeitschriften „The
Pennsylvania-Journal“ und „Weekly Adver-
tiser“ (Nr. 144) mit $ 925.
Schlecht bezahlt waren die Gemälde
auf der Versteigerung vom 29. Oktober. So
brachten ein Männerkopf von Ferdinand Boi
(Nr. 84, 53 : 43 cm) nur $ 290 (A. B. Samuels),
Landschaften von Rousseau (Nr. 97, 28 : 46 cm)
und Corot (Nr. 77, 36 : 51 cm) $ 275 bzw. $ 300,
die Maskerade des Spaniers Garrido (Nr. 111,
81 : 102 cm) $ 500 (J. A. Lazarus) und zwei
Studien seines Landsmanns Sorolla (Nr. 58)
zusammen $ 310 (J. H. Weitzner).
Junge Künstler
in München
Mit einer Ausstellung dieses Titels, die
gegenwärtig im Leipziger Kunstver-
ein gezeigt wird, ist der Versuch einer Zu-
sammenfassung der in der jüngeren Münchner
Künstlergeneration wirksamen Gestaltungs-
tendenzen gemacht. Die Auslese hält sich
von irgendwelchen programmatischen Bindun-
gen, sei es an einen durch die Geschichte ge-
prägten Begriff „München“ (der eine leben-
dige, zeitnahe Kunst nicht verpflichten kann
und darf), sei es an eine Gestaltungs-„Rich-
tung“ bewußt fern. Bestimmend war lediglich
die Absicht, den irreführenden, einer gerechten
Beurteilung des Münchner Beitrags zur ge-
samtdeutschen zeitgenössischen Kunst abträg-
lichen Massenaufmärschen von Kunstwerken
und den von kollegialen Rücksichten not-
wendig bestimmten Gruppenausstellungen
eine quantitativ beschränkte, ohne schul-
meisterliche Enge kritisch gesichtete Auslese
der jüngeren und jüngsten Kunst in München
entgegenzustellen.
Einen strengen Maßstab der künstlerischen
Qualität gibt zweifellos die kleine Kollektion
von sieben Gemälden und neun Zeichnungen
und Aquarellen des im Kriege gefallenen, aus
Ramsau bei Berchtesgaden gebürtigen Kon-
rad Westermayr. Ein relativ wenig be-
kanntes Talent, aber sicher eines der reich-


Arch. Dr. Fibiherr v. Schlippenbach - Berlin
Haus P., Berlin: Herrenzimmer

noch die vielen Spezialbeschreibungen von Ent-
deckungsreisen auf dem amerikanischen Konti-
nent hinzu, so hat man einen Überblick über
diese einzigartig kostbare Cimeliensammlung,
die nur durch fortgesetzte praktische Bibliophi-
lie in einer Generationenreihe von britischen
Peers so vollendet abgerundet werden konnte.
By.


New-Yorker
V ersteigerungen
New York, Nachb. 20., 28. u. 29. Okt.
Einige Ergebnisse kleinerer Auktionen der
American Art Association - An-
derson Galleries sind der Beachtung
wert. Auf einer Versteigerung am 20. Ok-
tober wurden für amerikanische Autographen
von durchschnittlicher Bedeutung wiederum
stabile Preise erreicht, so $ 360 für einen
handschriftlichen Brief Washingtons (Nr. 199,
H. F. Smith), $ 320 für ein signiertes Schrei-
ben A. Hamiltons an Washington (Nr. 86,
Madigan), je $ 300 für Briefe Lincolns (Nr. 120,
Madigan) und Franklins (Nr. 73, H. F. Smith)
und $ 285 für drei Briefe Jeffersons (Nr. 249,
G. E. Scopes).
Die Versteigerung der Bibliothek G.
W. Riggs am 28. Oktober zeitigte ein Er-
gebnis von $ 13 457. An Einzelresultaten

sten in dem Vorkriegs-München. Seine vor-
nehm kühle, doch erlebnisgetränkte, wunder-
bar dichte Malerei und seine am Aufbau des
neuen Bildraums konsequent arbeitende zeich-
nerische Energie könnte der heute jungen
Generation Ausgangspunkt werden, seine
Bildlogik ihr Vorbild sein. In Otto Geigen-
bergers Streben zu groß gesehener Raumform
wird bei aller Verschiedenheit des Tempera-
ments und der Begabung Westermayrs Form-
disziplin wirksam. Unter den bekannteren
Namen findet man Schrimpf mit mehreren
Bildern und Heise vor allem mit Steinstichen.
Von Schari war früher bereits in der „Welt-
kunst“ die Rede. Er ist wie der Arbeitermaler
Karl Seidl den Berufskünstlern vielfach in
Bezug auf die Ausdrucksmittel unterlegen
(trotz seiner Kraft zu eindringlicher physio-
gnomischer Charakterisierung). Otto Nückels
illustrative Graphik holt aus der Technik des
Bleischnitts sehr lebendige malerische Wir-
kungen heraus. Neben ihr durften die reife,
kultivierte Lithographie von Hermann Mayr-
hofer-Passau und Radierungen und Holz-
schnitte des auch mit Gemälden vertretenen
jungen Rudolf Ernst, eines weichen, aber ver-
sprechenden Talents, Aufnahme finden. Erich
Glette, Karl Zerbe, Erwin von Kreibig, Alfred
Leithäuser, Richard Hallgarten sind vertreten
und in Erna Dinklages Bildern spiegelt
sich Schrimpfs Art und die ihm nahestehende
sogen, neuromantische Malerei sehr eigen-
artig im Frauenhaft-Empfindsamen bei star-
ker Formbegabung.
Die Plastik (Tonio Fiedler, Josef Hensel-
mann, Ernst Andreas Rauch) ergänzt das
Bild. Von den auch in München noch ziemlich
unbekannten plastischen Arbeiten von Silvie


Silvie Lampe-von Bennigsen, Aufgestützter Kopf
Ausstellung „Junge Künstler in München“
Leipzig, Kunstverein

Lampe-von Bennigsen
vermittelt die neben¬
stehende Abbildg. des in
Amarantholz geschnitz¬
ten aufgestützten Kopfs
einen Eindruck. Mit
Photos von Reliefschnit¬
ten des sonst noch mit
kleineren Arbeiten ver¬
tretenen Karl Knappe
konnte die Frage nach
dem Verhalten des Bild¬
hauers einer Architek¬
tur gegenüber, die der
nackten Wand eine be-
deutende ästhetische
Funktion zuerkennt und
sich einer Architektur-
plastik im Sinne der Re¬
naissance (im weitesten
Sinne gesprochen) ver¬
sagt, zur Diskussion ge-
stellt werden. Knappe
gibt in dem Relief des
marschierenden Heeres
am Gefallenenmal, das
einzige im Geiste wirk¬
lich moderne Denkmal
Münchens, und in sei¬
nen Ziegelsteinschnitten
eine originale Lösung:
er läßt trotz aller ein¬
gegrabenen Figur die
Wand als Fläche, ihrer
ästhetischen Funktion
nach, bestehen.
Das Wort „jung“ ist
in unserem programm¬
süchtigen Kunstbetrieb
reichlich mißbraucht,
und es scheint sehr die
Frage, ob gerade die
Kunst unserer Tage
diesen schmückenden
Dekor verdient. Die
Künstler stehen vor
einer Situation, die we-
sentlich anders ist als
jene, in der die Meister
jener Kunst wuchsen,
die wir gewohnheits¬
gemäß noch immer die
junge nennen. Diese Ausstellung will nichts
weiter als auf die Jüngeren und weniger Be-
kannten der kleinen schwachen Front gestal-
tender Kräfte hinweisen, die sich heute dem
traditionalistischen München entgegenstellt
und der man um Münchens Zukunft willen
wünschen möchte, daß sie sich behauptet.
Hans Eckstein (München)

Rudolf Riester
Nach Jahresfrist zeigt der junge Meid-
Schüler Rudolf Riester in der Berliner Gale-
rie Weber wiederum neue Arbeiten, die
gegenüber dem Vorjahre eine innere Verfesti-
gung und stärkere Sicherheit in der Hand-
habung der Ausdrucksmittel beweisen. Neben
Zeichnungen und reizvollen, frischen Aqua-

ihrer Werkstatt aufzusuchen und auf Grund
persönlicher Aussprache besonders solche
Werke zu berücksichtigen, die Aussicht haben,
dem Ausstellungsbesucher auch wirklich künst-
lerischer Genuß und Erlebnis zu werden. Die
Stadt hat die Veranstaltung weitgehend von
finanziellen Lasten befreit, jeder Interessent
hat freien Eintritt. Diese Grundsätze haben
sich bewährt; in den ersten drei Wochen hatte
die Ausstellung 6500 Besucher und 14 Ver-
käufe aufzuweisen.
Galerie Westfeld
Die vor kurzem erfolgte beträchtliche Er-
weiterung der Galerie Westfeld in Wupper-
tal-Elberfeld erhöht den Rang dieses
Ausstellungsunternehmens zu einem Mittel-
punkt des westdeutschen Kunstlebens in der
jüngsten deutschen Großstadt. In drei Stock-

Arch. Prof. Bruno Paul- Berlin
Haus Karl Bergmann-Dresden: Herrenzimmer


rellen mit Berliner Prospekten fallen vor allem
die südlichen Küstenbilder in ihrer formalen
und farbigen Geschlossenheit auf. Ein liebens-
würdiger Stimmungszauber liegt über dem
„Abend am Mittelmeer“, dem „Quai“ und dem
starken „Eseltreiber“, der vielleicht die aus-
sichtsreichsten Wege für die Weiterentwick-
lung dieses fesselnden Talentes weist.
Ausstellung
Sächsischer Kunst
Die Verwaltung der städtischen
Sammlungen und die Galerie Arnold
in Dresden haben gemeinsam eine Ausstel-
lung sächsischer Kunst in Handzeichnungen und
Aquarellen veranstaltet, an der 86 Künstler mit
gegen 250 Werken beteiligt sind. Man ging
dabei von dem Grundsatz aus, die Wahl nicht
durch eine Jury aus der Zufälligkeit der Ein-
sendungen zu treffen, sondern die Künstler’ in

werken sind die vielfältigen und bedeutenden
Bestände der Galerie museumsartig geordnet.
Im ersten Stock werden augenblicklich vor-
nehmlich alte Meister, darunter charakteristi-
sche Werke von Bruegel, Jan Fyt, Wouwer-
man, Victorijns, Storck, Montagna, Magnasco
u. a. gezeigt, denen sich die Arbeiten der
Düsseldorfer, Münchener, Berliner und Karls-
ruher Schulen des 19. Jahrhunderts, Gemälde
von Achenbach, Spitzweg, Schleich d. Ae.,
Zügel, Uhde, Thoma, Schönleber, Blechen, E.
Hildebrandt, Ludwig Richter usw. anschließen.
Das zweite Stockwerk dient monatlich wech-
selnden Ausstellungen lebender Künstler. Im
Hauptraum des dritten Geschosses sind die
Engländer und Franzosen vereint: Constable,
Gainsborough, Morland, James Stark, Georges
Michel, Delacroix, Troyon, Dupre, Diaz, Jong-
kind, Daubigny; der bis vor kurzem hier aus-
gestellte wundervolle Th. Rousseau ging in
den Besitz des Stettiner Museums über. An-
schließend folgen kleinere Räume der Roman-
tiker, die hier von jeher eine besondere Pflege
fanden.
 
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