2
DIE WELT KUNST
Jahrg. VI, Nr. 3 vom 17. Januar 19^
als Landschafter zu Worte kommen zu lassen,
und will man einen Eindruck haben, wie er in
der ihm gemäßesten Aufgabe, in der großen
Dekoration, aufging, muß man hinüber in die
Wallace-Collection wandern. Auf Laueret,
Fater und die anderen Großen unter' den
kleineren Sternen können wir hier nicht im
einzelnen hin weisen;
eine empfindliche Lücke
ist die allzu kursori-
sche Darbietung Char¬
dins. Schön sind die
beiden Bilder, die aus
Stockholm kamen, aber
wäre es nicht möglich
gewesen, hier mehr zu
tun, und den, welchem
der Ehrenplatz neben
Watteau gebührt, auch
entsprechend zu wür-
digen ?
Drei Namen bezeich¬
nen die Aera der Revo-
lution und der Grün¬
dung des neuen Rei-
ches: Jaques Louis Da¬
vid, Prud’hon und In¬
gres. David hat in
seinen Porträts von M.
und Mme. Seriziat, die
dem Louvre gehören,
einen Höhepunkt er¬
reicht; man konnte
nichts Besseres von
ihm wählen, was es
sonst von ihm zu
sehen gibt, ergänzt das Bild seiner Persön-
lichkeit, ohne es heben zu können; ein monu-
mentales Reiterporträt aus seiner frühen Zeit
hat den weiten Weg aus polnischem Adels-
besitz hierher zurückgelegt. Prud’hon ist mit
einigen sehr anziehenden Bildern, zumeist aus
Pariser Privatsammlungen, vertreten; die Aus-
wahl Ingres’ ist nicht ganz so glücklich, aber
die Anwesenheit des wundervollen, teils Skizze
gebliebenen Brustporträts seiner Frau aus der
ehemaligen Sammlung Lapauze versöhnt mit
einigen unerfüllten Wünschen. Die große Ga-
lerie beherrschen je ein Riesengemälde Ingres’
und Delacroix’. Bei einem wirklichen Über-
blick über die neuere französische Malerei
war es Notwendigkeit, diese beiden Antipoden
in Werken solchen Ausmaßes auftreten zu
lassen, finden sie doch eigentlich — und vor
allem Delacroix — erst in der großen Kom-
position ihre letzte Erfüllung, und die Ge-
schichte des 19. Jahrhunderts wäre nur zur
Hälfte umrissen, würde man nicht dieser
letzten gigantischen Anstrengungen zweier
Heroen im Kampfe für das Bild als Epos
gegen die immer stärker auf wachsende Tendenz
der Zeit zu einem l’art pour l’art-Ideal ge-
denken. Diese idyllische Richtung hat ihren
ersten Großmeister in dem anderen Zeitgenos-
sen Delacroix’, in Corot. Aus der Gruppe seiner
sogen, silbernen Bilder ragt vor allem ein
wundervolles Werk, das Wildenstein lieh, her-
vor. Aber es ist eine unbedingte Lücke, daß
aus der früheren Zeit, die er großenteils in
Italien verbrachte, keine besseren Sachen zu-
sammengetragen sind; auch Courbet ist nicht
sehr reich vertreten. Daumiers eindrucksvoll-
stes Bild ist das „Drama“ der Münchener
Staatsgalerie, der „Don Quichote“ aus der
Sammlung Courtauld ist ein weiteres gutes
Beispiel dieser pathetischen Kunst. Courtauld
hat überhaupt in der freigebigsten Weise die
Ausstellung beschickt, die Bilder dieser über-
ragend qualitätvollen Sammlung neuerer
französischer Malerei verdienen fast alle einen
Ehrenplatz in dem Ensemble der gesamten
Schau. Seine beiden Manets — vor allem die
berühmte „Bar de la Folie Bergere“ — sind
der Höhepunkt von dem, was es hier von
diesem Meister zu sehen gibt, aus Amerika
kamen u. a. „Le Box“ und der „Junge mit der
Seifenblase“. Die Auswahl der Renoirs ist in
wahrhaft vorbildlicher Weise getroffen wor-
den, fast alles, was von ihm versammelt ist,
gehört zum Besten dieses großen Oeuvre und
ist überdies z. T. aus sonst weniger zugäng-
lichem Besitz; von Degas dagegen wären doch
wohl unschwer auch einige noch wichtigere
Beiträge zu haben gewesen.
Unter den Landschaftern Sisley, Pissaro,
Monet ragt vor allem der erstere durch einige
kleine, aber sehr lebendige Arbeiten heraus.
Den Abschluß bilden Cezanne, Toulouse-
Lautrec und Gauguin. Von dem Meister von
Aix haben die Sammlungen Courtauld,
Pellerin, Reber das wesentlichste beigesteuert,
es sind gute Beispiele seiner Kunst, doch hätte
man auch in diesem Falle wünschen können,
daß die Wahl so wählerisch wie bei Renoir
getroffen worden wäre. Was bei manchem
Stellung nicht nur das Ergebnis der Be-
mühungen ihrer Organisatoren, sondern zu-
mindest so sehr der Bereitwilligkeit der
Sammler und Museumsverwaltungen ist.
Es ist leichter, den Plan aufzustellen,
als ihn auszuführen, und es ist nicht
Höflichkeit, sondern vielmehr eine Pflicht der
Dankbarkeit, am Schluß dieser kurzen Über-
sicht zu betonen, daß trotz allem, was eine
kritische Betrachtung auszusetzen findet, das
Positive im Eindruck des Ganzen herrschend
bleibt, und daß es gelang, eine Manifestation
des französischen Kunstschaffens zustande zu
bringen, die immer in den Annalen des Aus-
stellungswesens einen ersten Platz behaupten
wird.
A n m. : Aus Mangel an Raum konnte hier noch
nicht auf die Kollektion der Zeichnungen eingegangen
werden, die allein drei Räume füllt und deren Be-
sprechung wir uns für eine der nächsten Nummern
Vorbehalten.
jAuIrfwnstiorberichte
Sammlung S., Berlin
Berlin, Vorb. 2. Febr.
Der Versteigerung der Sammlung S., Berlin,
die durch das Internationale Kunst-
und Auktionsh aus durchgeführt wird,
darf eine große Bedeutung beigemessen wer-
den. Neben Antiquitäten, Renaissance-Bron-
zen, Aubusson-Teppichen, einer schönen Samm-
lung vorderasiatischer Keramik und Ausgra-
bungsfunden umfaßt dieser Besitz eine gewich-
tige Gemäldegalerie. Unter den Gemälden
alter Meister fällt vor allem das wundervolle
Männerporträt von Rubens (Abbildung in
Nr. 1) auf. Der Schwerpunkt der Sammlung
liegt auf den französischen Impressionisten. Ein
prachtvolles Stilleben von van Gogh, eine späte
Landschaft von Corot (Abbildung unten),
eine typische Landstraße von Sisley, ein klei-
ner Monet, ein Gemälde „Jeanne“ von Tou-
louse-Lautrec und ein Diaz, zu denen sämtlich
Gutachten des Direktors des Luxembourg in
Paris, Monod, vorhanden sind, sind in dieser
Qualität lange nicht in Deutschland zum Aus-
gebot gelangt. Der van Gogh, der in Berlin
Heinrich Campe ndonck, Der grüne Papagei
Le perroquet vert — The green parrot
Collection Walter Schwarzenberg
Versteigerung — Vente — Sale: Galerie Georges Giroux, Brüssel. 1.-2. Febr. 1932
Tnhalt Nr. 3
Dr. G. Delbanco (London):
Französische Kunst in London (m. 2 Abb.) . 1/2
Auktionsvorberiehte (m. 2 Abb.). 2
A u s s t e 11 u n g e n d e r W o c h e. 3
Auktions-Kalender . 3
Preisberichte — Literatur — Rundfunk .... 4
Ausstellungen (m. 2 Abb.). 5
Birkle — Juryfreie — Religiöse Kunst — Kölner
Künstler — C. D. Friedrich — Berliner Künstler
— Deutsche Kunst in Oslo
Dr. F. A. D a r g e 1:
Die Reimer-Auktion 1842 . 5
Nachrichten von Überall. 6
Unter Kollegen. 6
Camille Corot, Landschaft — Paysage — Landscape: Saint Nicolas les Arras
43:58 cm — Collection S., Berlin
Versteigerung — Vente—-Sale: Internationales Kunst- und Auktionshaus
Berlin, 2. Februar 1932
zu wenig, scheint auf den ersten Blick bei
Gauguin zu viel getan worden zu sein. Die
betonte Hervorhebung seiner Persönlichkeit ist
jedoch nur ein Resultat der sehr kritischen
Auswahl, es sind nur neun Bilder von ihm
beisammen, aber jedes ist ein Meisterwerk
seiner Hand.
Es ist leicht, zu rügen und die Stellen auf-
zuweisen, die zu kahl bepflanzt wurden. Hätte
auch dieses und jenes vielleicht anders und
besser getan werden können, so darf doch
nicht vergessen werden, daß eine solche Aus-
verschiedentlich ausgestellt war, gilt als ein
Meisterwerk aus der besten Zeit des Künstlers.
Wir kommen auf die wichtige Versteige-
rung noch ausführlich zurück.
Gemälde, Kunstgewerbe
München, Vorb. 29./30. Jan.
In der Galerie Hugo Helbing findet am
29. Januar eine Versteigerung von Ölgemälden,
Handzeichnungen und Aquarellen des 19. und
20. Jahrhunderts statt. Die Versteigerung um-
faßt vorwiegend Werke der Münchener Schuld
doch sind auch die anderen Schulen gleich'
wertig vertreten: so die Brüder Achenbach:
Alex. Calame, E. v. Gebhardt, Ludw. Hart'
mann, G. de Jonghe, Hugo Kauffmann, Her»1'
ten Kate, L. Knaus, B. C. Koekkoek, Ad. Lier»
Hans Makart, Carl Th. v. Piloty, E. Schleich
d. Ae., Rob. Schleich, Hans Thoma, F. v. Uhde:
Friedr. Voltz, M. J. Wagenbauer, J. WengleiD:
Felix Ziem, H. v. Zügel u. a. m.
Am Nachmittag und dem folgenden Tag1’
gelangt daselbst altes Kunstgewerbe und
Kunstgegenstände aus dem Besitze Sr. Exz. des
Botschafters Grafen Bernstorff zum AuS'
gebot, welcher wegen Änderung des Wohnsitzes
sich zur Verwertung entschlossen hat. Ohne
den Charakter einer Sammlung zu tragen:
bildeten alle Dinge den Rahmen für ein vor-
nehmes elegantes Hauswesen. Die Wände der
Villa am Starnberger See schmückten erlesene
Wandteppiche, unter denen besonders ein
flämischer Renaissancegobelin mit Jagdszenen
und zwei farbenfrohe Aubussonverdüren des
18. Jahrhunderts (die eine bez. Dumontel) her-
vorzuheben sind. Harmonisch fügten sich
Aubussonstühle mit Kinderszenen und fran-
zösische Marketeriekommoden diesem Rahmen
ein. Ein anderer Raum war mit Möbeln im
Renaissancestil ausgestattet. Eine persönliche
Note erhielt das Heim durch die Betonung des
ostasiatischen Kunstgewerbes, unter Bevor-
zugung von Porzellan, Buddhastatuetten und
kleiner Schnitzereien aus Jade, Bernstein,
Amethyst und ähnlichem Material.
Anschließend kommt eine erlesene Samm-
lung von Bildnisminiaturen und alten Porzel-
lan-Pfeifenköpfen aus dem Besitz eines
süddeutschen Sammlers zur Auktion. Die be-
rühmte Wiener Schule ist in ihren Führern
Füger und Daffinger, sowie in dem Triester
Domenico Bossi ausgezeichnet vertreten. Aus
dem Kreis ihrer Schüler seien Bergl, Groß,
Grünbaum, Lieder, Em. Peter, Suchy und
Ad. Theer genannt. In das Berlin der Frideri-
zianischen Zeit führt uns Anton Friedr. König!
nach Süddeutschland (besonders München und
Augsburg) Jos. Einsle, Holzinger, Klotz, MaX
und Peter Mayer, Ed. de Ron, Fr. Schöpfer,
J. G. Völck. — Besonders zart und anziehend
sind die englischen Miniaturen des späten
18. Jahrh., von denen mehrere hervorragende
Stücke einem bestimmten Künstler noch nicht
zugeschrieben werden konnten. Erwähnt seien
eine Silberstiftzeichnung von einem Cosway
und zwei bezeichnete Bildnisse von John Smart
und John Dünn. — Sehr reichhaltig zeigt sich
die französische Schule. Isabey allein ist mit
vier Werken, darunter Marschall Ney,
Napoleon und Ludwig XVIII. vertreten. Von
seinen Zeitgenossen und Schülern seien
Rodolphe Bell, Berny d’Ouville, Jean Cossard,
Dubois, Fontenay, Leman, Noel und Daniel
Saint genannt. Pierre Louis Bouvier, Mar-
quard Wocher und Brunschweiler sind
Schweizer.
Die zweite Abteilung bildet eine seltene
Kollektion von etwa 40 Pfeifenköpfen aus Por-
zellan, fast sämtlich aus dem 18. Jahrh. Die
frühesten Stücke gehören der Wiener und
Meißner Manufaktur an und zeigen feinste
Bemalung mit Goldspitzenornament, japani-
schen Blumen oder kleinen Figurenszenen. Die
Neigung der Rokokozeit zum Absonderlichen
und Grotesken äußert sich in den als Narren-
oder Satyrköpfen, Hunden, Bären, Ungarn,
Türken oder Komödianten gebildeten Pfeifen,
die aus den verschiedensten Manufakturen, be-
sonders aber Meißen, Wien, Höchst und
Thüringen hervorgegangen sind.
Slg. Walter Schwarzenberg
Brüssel, Vorb. 1./2. Febr.
In der Galerie Georges Giroux ge-
langt am 1. und 2. Februar die bedeutende
Sammlung moderner Gemälde aus dem Besitz
von Walter Schwarzenberg zur Versteigerung-
Die besten Namen der Moderne sind mit aus-
gezeichneten Arbeiten vertreten: wir nennen
eine Gouache und ein Ölbild von Chagall,
Aquarelle von Raoul Dufy, Gemälde von
Vlaminck, Zeichnungen und Bilder von Derain,
drei wichtige Werke von Dufresne, Arbeiten
von Chirico, James Ensor, Leger, Johan Miro,
Constant Permeke, Gustave de Smet, van den
Berghe, Zadkine, Daeye, Tytgat, Grommaire,
Floris Jespers, Matisse u. a. Von modernen
Deutschen seien erwähnt Jankel Adler, Hein-
rich Campendonck (Abbildung oben),
Max Ernst und George Grcsz.
ALT-CHINA
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DR. OTTO BURCHARD & CO.
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ALLEIN DIE DOPPELTE WISSENSCHAFTLICHE UND VISUELLE
EXPERTISE KANN DIE ECHTHEIT
EINES KUNSTWERKES BEWEISEN
Äußerst selten sind Gemälde, die die Jahrhunderte
ohne äußere Veränderungen und ohne eine oder
mehrere Restaurierungen überdauert haben. Der auf
das Auge angewiesene’Experte wird in solchen Fällen
leicht zweifelhaft und zögert mit der Feststellung, daß
es sich um ein Werk aus der Zeit handelt.
Die wissenschaftliche Expertise dagegen ermöglicht
es dem visuellen Begutachter, die unberührten Stellen
des zu begutachtenden Werkes genau festzustellen
und ein abschließendes Urteil zu fällen, das auf un-
umstößlich sicheren Grundlagen basiert.
Sämtliche Unterlagen und Vorarbeiten zum Verkauf
erledigt das
Office d'Art
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5, r\ue a Aiuenes, HARIS (9°), Tel.: Trinite 91-40-91-41-91-42
Laboratoires:57-59, Rue du Dessous des Berges, PARIS (13e),Tel.: Gobelins 88-25
DIE WELT KUNST
Jahrg. VI, Nr. 3 vom 17. Januar 19^
als Landschafter zu Worte kommen zu lassen,
und will man einen Eindruck haben, wie er in
der ihm gemäßesten Aufgabe, in der großen
Dekoration, aufging, muß man hinüber in die
Wallace-Collection wandern. Auf Laueret,
Fater und die anderen Großen unter' den
kleineren Sternen können wir hier nicht im
einzelnen hin weisen;
eine empfindliche Lücke
ist die allzu kursori-
sche Darbietung Char¬
dins. Schön sind die
beiden Bilder, die aus
Stockholm kamen, aber
wäre es nicht möglich
gewesen, hier mehr zu
tun, und den, welchem
der Ehrenplatz neben
Watteau gebührt, auch
entsprechend zu wür-
digen ?
Drei Namen bezeich¬
nen die Aera der Revo-
lution und der Grün¬
dung des neuen Rei-
ches: Jaques Louis Da¬
vid, Prud’hon und In¬
gres. David hat in
seinen Porträts von M.
und Mme. Seriziat, die
dem Louvre gehören,
einen Höhepunkt er¬
reicht; man konnte
nichts Besseres von
ihm wählen, was es
sonst von ihm zu
sehen gibt, ergänzt das Bild seiner Persön-
lichkeit, ohne es heben zu können; ein monu-
mentales Reiterporträt aus seiner frühen Zeit
hat den weiten Weg aus polnischem Adels-
besitz hierher zurückgelegt. Prud’hon ist mit
einigen sehr anziehenden Bildern, zumeist aus
Pariser Privatsammlungen, vertreten; die Aus-
wahl Ingres’ ist nicht ganz so glücklich, aber
die Anwesenheit des wundervollen, teils Skizze
gebliebenen Brustporträts seiner Frau aus der
ehemaligen Sammlung Lapauze versöhnt mit
einigen unerfüllten Wünschen. Die große Ga-
lerie beherrschen je ein Riesengemälde Ingres’
und Delacroix’. Bei einem wirklichen Über-
blick über die neuere französische Malerei
war es Notwendigkeit, diese beiden Antipoden
in Werken solchen Ausmaßes auftreten zu
lassen, finden sie doch eigentlich — und vor
allem Delacroix — erst in der großen Kom-
position ihre letzte Erfüllung, und die Ge-
schichte des 19. Jahrhunderts wäre nur zur
Hälfte umrissen, würde man nicht dieser
letzten gigantischen Anstrengungen zweier
Heroen im Kampfe für das Bild als Epos
gegen die immer stärker auf wachsende Tendenz
der Zeit zu einem l’art pour l’art-Ideal ge-
denken. Diese idyllische Richtung hat ihren
ersten Großmeister in dem anderen Zeitgenos-
sen Delacroix’, in Corot. Aus der Gruppe seiner
sogen, silbernen Bilder ragt vor allem ein
wundervolles Werk, das Wildenstein lieh, her-
vor. Aber es ist eine unbedingte Lücke, daß
aus der früheren Zeit, die er großenteils in
Italien verbrachte, keine besseren Sachen zu-
sammengetragen sind; auch Courbet ist nicht
sehr reich vertreten. Daumiers eindrucksvoll-
stes Bild ist das „Drama“ der Münchener
Staatsgalerie, der „Don Quichote“ aus der
Sammlung Courtauld ist ein weiteres gutes
Beispiel dieser pathetischen Kunst. Courtauld
hat überhaupt in der freigebigsten Weise die
Ausstellung beschickt, die Bilder dieser über-
ragend qualitätvollen Sammlung neuerer
französischer Malerei verdienen fast alle einen
Ehrenplatz in dem Ensemble der gesamten
Schau. Seine beiden Manets — vor allem die
berühmte „Bar de la Folie Bergere“ — sind
der Höhepunkt von dem, was es hier von
diesem Meister zu sehen gibt, aus Amerika
kamen u. a. „Le Box“ und der „Junge mit der
Seifenblase“. Die Auswahl der Renoirs ist in
wahrhaft vorbildlicher Weise getroffen wor-
den, fast alles, was von ihm versammelt ist,
gehört zum Besten dieses großen Oeuvre und
ist überdies z. T. aus sonst weniger zugäng-
lichem Besitz; von Degas dagegen wären doch
wohl unschwer auch einige noch wichtigere
Beiträge zu haben gewesen.
Unter den Landschaftern Sisley, Pissaro,
Monet ragt vor allem der erstere durch einige
kleine, aber sehr lebendige Arbeiten heraus.
Den Abschluß bilden Cezanne, Toulouse-
Lautrec und Gauguin. Von dem Meister von
Aix haben die Sammlungen Courtauld,
Pellerin, Reber das wesentlichste beigesteuert,
es sind gute Beispiele seiner Kunst, doch hätte
man auch in diesem Falle wünschen können,
daß die Wahl so wählerisch wie bei Renoir
getroffen worden wäre. Was bei manchem
Stellung nicht nur das Ergebnis der Be-
mühungen ihrer Organisatoren, sondern zu-
mindest so sehr der Bereitwilligkeit der
Sammler und Museumsverwaltungen ist.
Es ist leichter, den Plan aufzustellen,
als ihn auszuführen, und es ist nicht
Höflichkeit, sondern vielmehr eine Pflicht der
Dankbarkeit, am Schluß dieser kurzen Über-
sicht zu betonen, daß trotz allem, was eine
kritische Betrachtung auszusetzen findet, das
Positive im Eindruck des Ganzen herrschend
bleibt, und daß es gelang, eine Manifestation
des französischen Kunstschaffens zustande zu
bringen, die immer in den Annalen des Aus-
stellungswesens einen ersten Platz behaupten
wird.
A n m. : Aus Mangel an Raum konnte hier noch
nicht auf die Kollektion der Zeichnungen eingegangen
werden, die allein drei Räume füllt und deren Be-
sprechung wir uns für eine der nächsten Nummern
Vorbehalten.
jAuIrfwnstiorberichte
Sammlung S., Berlin
Berlin, Vorb. 2. Febr.
Der Versteigerung der Sammlung S., Berlin,
die durch das Internationale Kunst-
und Auktionsh aus durchgeführt wird,
darf eine große Bedeutung beigemessen wer-
den. Neben Antiquitäten, Renaissance-Bron-
zen, Aubusson-Teppichen, einer schönen Samm-
lung vorderasiatischer Keramik und Ausgra-
bungsfunden umfaßt dieser Besitz eine gewich-
tige Gemäldegalerie. Unter den Gemälden
alter Meister fällt vor allem das wundervolle
Männerporträt von Rubens (Abbildung in
Nr. 1) auf. Der Schwerpunkt der Sammlung
liegt auf den französischen Impressionisten. Ein
prachtvolles Stilleben von van Gogh, eine späte
Landschaft von Corot (Abbildung unten),
eine typische Landstraße von Sisley, ein klei-
ner Monet, ein Gemälde „Jeanne“ von Tou-
louse-Lautrec und ein Diaz, zu denen sämtlich
Gutachten des Direktors des Luxembourg in
Paris, Monod, vorhanden sind, sind in dieser
Qualität lange nicht in Deutschland zum Aus-
gebot gelangt. Der van Gogh, der in Berlin
Heinrich Campe ndonck, Der grüne Papagei
Le perroquet vert — The green parrot
Collection Walter Schwarzenberg
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Tnhalt Nr. 3
Dr. G. Delbanco (London):
Französische Kunst in London (m. 2 Abb.) . 1/2
Auktionsvorberiehte (m. 2 Abb.). 2
A u s s t e 11 u n g e n d e r W o c h e. 3
Auktions-Kalender . 3
Preisberichte — Literatur — Rundfunk .... 4
Ausstellungen (m. 2 Abb.). 5
Birkle — Juryfreie — Religiöse Kunst — Kölner
Künstler — C. D. Friedrich — Berliner Künstler
— Deutsche Kunst in Oslo
Dr. F. A. D a r g e 1:
Die Reimer-Auktion 1842 . 5
Nachrichten von Überall. 6
Unter Kollegen. 6
Camille Corot, Landschaft — Paysage — Landscape: Saint Nicolas les Arras
43:58 cm — Collection S., Berlin
Versteigerung — Vente—-Sale: Internationales Kunst- und Auktionshaus
Berlin, 2. Februar 1932
zu wenig, scheint auf den ersten Blick bei
Gauguin zu viel getan worden zu sein. Die
betonte Hervorhebung seiner Persönlichkeit ist
jedoch nur ein Resultat der sehr kritischen
Auswahl, es sind nur neun Bilder von ihm
beisammen, aber jedes ist ein Meisterwerk
seiner Hand.
Es ist leicht, zu rügen und die Stellen auf-
zuweisen, die zu kahl bepflanzt wurden. Hätte
auch dieses und jenes vielleicht anders und
besser getan werden können, so darf doch
nicht vergessen werden, daß eine solche Aus-
verschiedentlich ausgestellt war, gilt als ein
Meisterwerk aus der besten Zeit des Künstlers.
Wir kommen auf die wichtige Versteige-
rung noch ausführlich zurück.
Gemälde, Kunstgewerbe
München, Vorb. 29./30. Jan.
In der Galerie Hugo Helbing findet am
29. Januar eine Versteigerung von Ölgemälden,
Handzeichnungen und Aquarellen des 19. und
20. Jahrhunderts statt. Die Versteigerung um-
faßt vorwiegend Werke der Münchener Schuld
doch sind auch die anderen Schulen gleich'
wertig vertreten: so die Brüder Achenbach:
Alex. Calame, E. v. Gebhardt, Ludw. Hart'
mann, G. de Jonghe, Hugo Kauffmann, Her»1'
ten Kate, L. Knaus, B. C. Koekkoek, Ad. Lier»
Hans Makart, Carl Th. v. Piloty, E. Schleich
d. Ae., Rob. Schleich, Hans Thoma, F. v. Uhde:
Friedr. Voltz, M. J. Wagenbauer, J. WengleiD:
Felix Ziem, H. v. Zügel u. a. m.
Am Nachmittag und dem folgenden Tag1’
gelangt daselbst altes Kunstgewerbe und
Kunstgegenstände aus dem Besitze Sr. Exz. des
Botschafters Grafen Bernstorff zum AuS'
gebot, welcher wegen Änderung des Wohnsitzes
sich zur Verwertung entschlossen hat. Ohne
den Charakter einer Sammlung zu tragen:
bildeten alle Dinge den Rahmen für ein vor-
nehmes elegantes Hauswesen. Die Wände der
Villa am Starnberger See schmückten erlesene
Wandteppiche, unter denen besonders ein
flämischer Renaissancegobelin mit Jagdszenen
und zwei farbenfrohe Aubussonverdüren des
18. Jahrhunderts (die eine bez. Dumontel) her-
vorzuheben sind. Harmonisch fügten sich
Aubussonstühle mit Kinderszenen und fran-
zösische Marketeriekommoden diesem Rahmen
ein. Ein anderer Raum war mit Möbeln im
Renaissancestil ausgestattet. Eine persönliche
Note erhielt das Heim durch die Betonung des
ostasiatischen Kunstgewerbes, unter Bevor-
zugung von Porzellan, Buddhastatuetten und
kleiner Schnitzereien aus Jade, Bernstein,
Amethyst und ähnlichem Material.
Anschließend kommt eine erlesene Samm-
lung von Bildnisminiaturen und alten Porzel-
lan-Pfeifenköpfen aus dem Besitz eines
süddeutschen Sammlers zur Auktion. Die be-
rühmte Wiener Schule ist in ihren Führern
Füger und Daffinger, sowie in dem Triester
Domenico Bossi ausgezeichnet vertreten. Aus
dem Kreis ihrer Schüler seien Bergl, Groß,
Grünbaum, Lieder, Em. Peter, Suchy und
Ad. Theer genannt. In das Berlin der Frideri-
zianischen Zeit führt uns Anton Friedr. König!
nach Süddeutschland (besonders München und
Augsburg) Jos. Einsle, Holzinger, Klotz, MaX
und Peter Mayer, Ed. de Ron, Fr. Schöpfer,
J. G. Völck. — Besonders zart und anziehend
sind die englischen Miniaturen des späten
18. Jahrh., von denen mehrere hervorragende
Stücke einem bestimmten Künstler noch nicht
zugeschrieben werden konnten. Erwähnt seien
eine Silberstiftzeichnung von einem Cosway
und zwei bezeichnete Bildnisse von John Smart
und John Dünn. — Sehr reichhaltig zeigt sich
die französische Schule. Isabey allein ist mit
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Napoleon und Ludwig XVIII. vertreten. Von
seinen Zeitgenossen und Schülern seien
Rodolphe Bell, Berny d’Ouville, Jean Cossard,
Dubois, Fontenay, Leman, Noel und Daniel
Saint genannt. Pierre Louis Bouvier, Mar-
quard Wocher und Brunschweiler sind
Schweizer.
Die zweite Abteilung bildet eine seltene
Kollektion von etwa 40 Pfeifenköpfen aus Por-
zellan, fast sämtlich aus dem 18. Jahrh. Die
frühesten Stücke gehören der Wiener und
Meißner Manufaktur an und zeigen feinste
Bemalung mit Goldspitzenornament, japani-
schen Blumen oder kleinen Figurenszenen. Die
Neigung der Rokokozeit zum Absonderlichen
und Grotesken äußert sich in den als Narren-
oder Satyrköpfen, Hunden, Bären, Ungarn,
Türken oder Komödianten gebildeten Pfeifen,
die aus den verschiedensten Manufakturen, be-
sonders aber Meißen, Wien, Höchst und
Thüringen hervorgegangen sind.
Slg. Walter Schwarzenberg
Brüssel, Vorb. 1./2. Febr.
In der Galerie Georges Giroux ge-
langt am 1. und 2. Februar die bedeutende
Sammlung moderner Gemälde aus dem Besitz
von Walter Schwarzenberg zur Versteigerung-
Die besten Namen der Moderne sind mit aus-
gezeichneten Arbeiten vertreten: wir nennen
eine Gouache und ein Ölbild von Chagall,
Aquarelle von Raoul Dufy, Gemälde von
Vlaminck, Zeichnungen und Bilder von Derain,
drei wichtige Werke von Dufresne, Arbeiten
von Chirico, James Ensor, Leger, Johan Miro,
Constant Permeke, Gustave de Smet, van den
Berghe, Zadkine, Daeye, Tytgat, Grommaire,
Floris Jespers, Matisse u. a. Von modernen
Deutschen seien erwähnt Jankel Adler, Hein-
rich Campendonck (Abbildung oben),
Max Ernst und George Grcsz.
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EINES KUNSTWERKES BEWEISEN
Äußerst selten sind Gemälde, die die Jahrhunderte
ohne äußere Veränderungen und ohne eine oder
mehrere Restaurierungen überdauert haben. Der auf
das Auge angewiesene’Experte wird in solchen Fällen
leicht zweifelhaft und zögert mit der Feststellung, daß
es sich um ein Werk aus der Zeit handelt.
Die wissenschaftliche Expertise dagegen ermöglicht
es dem visuellen Begutachter, die unberührten Stellen
des zu begutachtenden Werkes genau festzustellen
und ein abschließendes Urteil zu fällen, das auf un-
umstößlich sicheren Grundlagen basiert.
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