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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 6.1932

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Nr. 7 (14. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44980#0051
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DIE WELTKUNST

5

jajhrg. VI, Nr. 7 vom 14. Februar 1932

(Fortsetzung von Seite 3)
lin), der soßig malt und sich und uns etwas
vormacht, Kurt von K e u d e 11 (Tessin) mit
f,echt unerquicklichen Landschaften und Carla
Goetz (Berlin), die sich entschieden in der
Adresse geirrt hat. K-g.

Staatliche Kunstschule
Arbeiten der Studierenden
Eine anonyme Ausstellung. Keine Num-
mern, keine Schildchen, nur ab und zu in der
Bildecke eine Signatur, die man aber sowieso
nicht entziffern kann. Die Gesamtheit der
Studierenden stellt aus, zeigt Ergebnisse der
Zusammenarbeit, ohne, wie das früher so Sitte
War, gehätschelte Meisterschüler besonders
hervortreten zu lassen. Das ist soweit ganz
sympathisch. Welcher Art sind aber nun diese
Ergebnisse ? Sie sind so, wie sie heute an
allen Kunstschulen und Akademien erzielt wer-
den, nämlich im großen ganzen tüchtig, be-
gabt, munter, geschickt und mitunter auch
ernsthaft. Daneben natürlich viel Routine und
Nachahmung. Dem kunstschnuppernden Pro-
meneur fällt auf seiner Wanderung durch die
bilderbehängten Gänge eines auf: diese ge-
wisse Atelierluft, diese abgeleitete Kunst-
schulenvitalität, die ihm aus den ausgestellten
Arbeiten entgegenströmt. Es dominiert
gleichartige Verschiedenheit, verschieden-
förmige Gleichart; eigentliche Selbständigkeit
fehlt. Der Selbständige, Schaffende setzt sich
nicht auf die Kunstschule, er geht bei der
Kunst selbst in die Schule. Und diese anderen ?
Wofern sie tüchtig und vernünftig sind, wer-
den sich ihnen später allerlei nützliche Be-
tätigungen eröffnen; sie werden Bücher
illustrieren, zur Reklame umschwenken, in der
Kunstindustrie Stellung finden oder aber —
selbst Schüler haben. Die Jahre ihrer Kunst-
beflissenheit werden ihnen nicht verloren sein,
wenn sie einen Beruf einschlagen, der Auge
und Formgefühl beansprucht. K.

Böttger-Steinzeug
und -Porzellan
Das Antiquitätenhaus M. Salomon in
Dresden veranstaltet anläßlich des 250. Ge-
burstages von Johann Friedrich Böttger eine
interessante Ausstellung von Steinzeug und
Porzellan, die aus eigenen Beständen und aus
Privatbesitz zusammengestellt wurde. Die


Madonna mit Kind. Rheinisch, um 1200 (Detail)
Berlin, Privatbesitz

Ausstellung besteht insgesamt aus 100 Stücken,
Von denen 88 Arbeiten Böttgers sind. Zwölf
Arbeiten sind chinesische Vorbilder, Steinzeug
Von Bayreuth, Arry de Milde und Dupaquier-
Porzellan, Werke, die in engem Zusammen-
hang mit Böttger stehen. Die Schau zeigt eine
Übersicht über sämtliche Techniken Böttgers
Und ist auch dadurch besonders bemerkens-
wert, daß gleiche Formen in verschiedenen
Bearbeitungen, teilweise auch in Steinzeug und
Porzellan, sich gegenüberstehen. Von ein-
zelnen Stücken sind hervorzuheben ein ge-
schliffener Krug, der den Eindruck von Ser-
Jentinstein macht, eine Farbe, die selbst im
^ohanneum zu Dresden nicht vertreten ist.
ferner eine Anzahl Gegenstände, die nach
hlberstücken des Dresdner Hofgoldschmieds
h'minger gemacht sind. Schöne Gefäße mit
Schwarzer Glasur und Lackmalerei in Gold
Ad bunten Farben. Von Kleinplastiken er-
wähnenswert sind ein Apollokopf und die
Meine Büste des römischen Kaisers Vitellius,
Verschiedene Pagoden und die sehr seltene
. öttger-Porzellanfigur Augusts des Starken
111 römischer Feldherrntracht.

Tschechoslowakische
Kunst in Wien
Maler der „J e d n o t a“, aus deren
sich die tschechoslowakische Aus-
' ellung der „K u n s t g e m e i n s c h a f t“ im
s ashaus des Wiener Burggartens zusammen-
zt> gehören zu den bekanntesten Vertretern
g6s Impressionismus in der Tschechoslowakei,
finden wir hier auch den Bauernmaler
de^r . wieder, dessen Name sich in Wien, als
Sch e’nes geschätzten Künstlerhausmitgliedes,
all On Bcnge großer Popularität erfreut. Vor
Gas'11 a^er es das Schaffen O. Blaziceks,
neben dem des vielfach posierenden, in


seinen Plastiken zwischen Rodin und Maillol
pendelnden Bildhauer-Malers Jakob Obrovsky
am reichhaltigsten und besten vertreten ist.
Die zahlreichen Landschaftsbilder Blazi-
ceks, der mit Obrovsky zu den Führern der
jüngeren tschechischen Künstlergeneration
zählt, zeigen ihn als einen Meister landschaft-
licher Stimmungsmalerei, der seine Palette
wie keiner unter den ausstellenden Künstlern
meistert. Seine Werke sind denn auch der
Hauptanziehungspunkt der trotz mancher be-
kannter Namen im Grunde dürftigen (weil un-
günstig zusammengestellten), des nationalen
Einschlages bis auf einzelnes von Uprka und
Obrovsky fast durchwegs entbehrenden Schau.
Ein feiner, durchaus unprätentiöser Künstler
von gediegener malerischer Qualität, der
Figürliches und Landschaft gleichmäßig be¬

herrscht, ist J. Multrus. Malinskys „Fische“
erinnern in der liebevollen Versenkung des
Künstlers ins Detail und ihrer Tonigkeit an
die Stilleben der alten Holländer, während das
farbensatte, breitgemalte Stilleben von Kojan
aus der Gesinnung des Spätimpressionismus
heraus entstanden ist. Einige schöne male-
rische Einzelheiten zeigt ein Winterbild vom
Karlsplatz von Blaziceks Schüler Juhas. Eine
zweifellose Begabung ist auch der Eklektiker
Brazda, der freilich in Gefahr ist, sich zu
einem Routinier übelster Art zu entwickeln.
Von den Graphikern ist bei der Auswahl
vor allem A. J. Alex berücksichtigt worden,
ein geschickter, in allen Sätteln gerechter,
doch oberflächlicher Könner, wie es nur allzu
viele Künstler dieser Schau sind.
Dr. St. Poglayen-Neuwall

Eine neuentdeckte romanische Madonna

In Berliner Privatbesitz ist kürzlich eine
sitzende Madonna mit Kind (Holz, H. 85 cm)
aufgetaucht, die den spärlichen Bestand an

werden darf. Von einem Gurt getragen, sitzt
das Kind, die Rechte segnend erhoben, auf
dem linken Knie der Madonna, die, völlig
frontal thronend, durch

Madonna mit Kind, Rheinisch, um 1200. H. 85 em
Vierge avec l’enfant. Rhenanie, vers 1200 — Vergin with child About 1200
Berlin, Privatbesitz


die leicht nach links
vorstoßenden Knie den
flächenhaften Bann
löst, in dem sich das
Andachtsbild des 11.
Jahrhunderts darstellt.
Der kontrastierenden
Bewegtheit der Grup-
penkomposition wie des
Umrisses tritt eine
starke Auflockerung
der Gewandmassen zur
Seite, ein Auf und Ab
der Faltenzüge, die der
Figur eine betont
rhythmische Ausgewo-
genheit verleiht. Licht
und Schatten spielen
über die Oberfläche, die
eine ausführliche De-
tailbehandlung auf-
weist, wie sie vor Ende
des 12. Jahrhunderts
nicht anzutreffen ist.
Es ist der ins Reiche,
Bewegte und Malerische
ausklingende Stil der
deutschen Spätroma-
nik, einer der stärksten
Äußerungen deutschen
Kunstschaffens, der
sich in dieser, durch
eine schöne alte Fas-
sung noch besonders
ausgezeichneten Ma-
donna manifestiert. Ge-
wisse Momente, . dar-
unter nicht zuletzt ein
deutlich bemerkbarer
Einfluß der Antike,
lassen die Annahme
beinahe zur Gewißheit
werden, daß es sich bei
dem vorliegenden Stück
um eine rheinische Ar-
beit handelt, die in den
Beginn des 13. Jahr-
hunderts zu datieren
ist. Die schöne Quali-
tät erhöht den Wert
dieser künstlerisch wie
kunstgeschichtlich be-
deutsamen Neuent-

romanischen Holzskulpturen um 1200 aufs
glücklichste ergänzt und künstlerisch zu den
bedeutendsten Werken dieser Epoche gerechnet

deckung, die verwunder-
licherweise so lange Zeit den Augen der Fach-
welt verborgen geblieben ist und die hier erst-
malig abgebildet wird. W.

Michelangelo
in neuem Lichte
Der Privatdozent an der Universität Ham-
burg, Dr. von T o 1 n a i, ist durch Entdeckung
bisher unbeachteter Arbeiten Michelangelos so-
wie dokumentarischen Materials und durch
Neuaufnahmen bekannter Werke zu Erkennt-
nissen gekommen, die Entwicklung und geistes-
geschichtliche Gestalt des Künstlers in neuer
Beleuchtung erscheinen lassen. So zeigt eine
unbeachtete Wandzeichnung des jungen Michel-
angelo engen Anschluß an den Stil Pollajuolos;
weitere Lücken in der Kenntnis von Michel-
angelos Jugendentwicklung werden durch die
Rekonstruktion dreier anderer verschollener
Jugendwerke auf Grund alter Stiche gefüllt.
Mit Hilfe alter Stiche gelang es auch, verstüm-
melte Teile der Sintflut und des Wasser und
Erde scheidenden Gottvaters von der Sixtini-
schen Decke zu rekonstruieren, auf Grund einer
ersten Veröffentlichung des Moseskopfes in
richtiger Ansicht den Zusammenhang der Figur
mit einer Prophetenstatue aus der Schule G. Pi-
sanos nachzuweisen. Neue Dokumente ließen
die frühesten Projekte der Medici-Kapelle deut-
lich werden und zeigen, daß der Meister drei
Freigrabprojekte gemacht hat, andere klären
die Geschichte der Fassade von San Lorenzo.
Gefunden wurden weiter 21 unbekannte Zeich-
nungen der Fortifikation von Florenz, zwei zur
Bibliotheca Laurenziana und unbekannte Teile
des Palazzo Farnese. Auf Grund der Funde
und neuen Beobachtungen konnte dem For-
scher, der einen großen Teil seiner Studien in
der von der Kaiser-Wilhelm-Gesell-
schaft gepflegten Biblioteca Hertziana zu
Rom gemacht hat, in einem vor dieser Gesell-
schaft in Berlin am 9. Februar gehaltenen
Vortrag zeigen, daß Michelangelos bildneri-
scher Stil in der doppelten Gestalt wurzelt, in
der das toskanische Trecento die Antike über-

liefert hat, und daß der eigentliche Gehalt
seiner Werke der Sphäre der platonischen Re-
naissance-Literatur und -Philosophie angehört.
P.
Von den Anfängen
der Photographie
Die Ueberraschung und Bewunderung, die
Daguerres erste Erfolge bei den Zeitgenossen
hervorriefen, spiegeln sich eindrucksvoll in
einem Brief, den Alexander von Humboldt
am 7. Februar 1839, aus Paris, wo die Erfin-
dung kurz vorher veröffentlicht worden war,
soeben nach Berlin zurückgekehrt, an die.
Herzogin Friederike von Anhalt-Dessau rich-
tete. „Gegenstände, die sich selbst in un-
nachahmlicher Treue malen; Licht, gezwungen
durch chemische Kunst, in wenigen Minuten
bleibende Spuren zu lassen, die Konturen bis
auf die zartesten Teile scharf zu umgrenzen,
ja diesen ganzen Zauber (freilich einen
farbenlosen) bei heiterem, sonnenklarem Tage
unserer nördlichen Zone in 8 bis 10 Minuten,
bei ägyptischer Durchsichtigkeit der Luft und
tropischer Lichtfülle wahrscheinlich in 2 bis
3 Minuten hervorgerufen zu sehen, das spricht
freilich unaufhaltsam den Verstand und die
Einbildungskraft an.“ Das fesselnde Doku-
ment, das diese Worte enthält, befindet sich
jetzt im Besitz des Berliner Antiquars J. A.
Stargardt, und kehrt immer wieder be-
wundernd zu den Einzelheiten von Daguerres
Bildern zurück, deren unnachahmlicher Natur-
charakter jeden Betrug ausschließe. Von den
Grundlagen der neuen Kunst nämlich weiß der
große Naturforscher, obwohl er gemeinsam mit
Arago der Akademie darüber berichtet hat,
auch nicht mehr als die Oeffentlichkeit, dank
der Verschlagenheit Daguerres, der alle Ein-
zelheiten geheim hielt, um sich und der Familie
Niepce einen großen Gewinn zu sichern.

HERMANN BALL
PAUL GRAUPE
BERLIN W10, TIERGARTENSTR.4
SAMML UNG Dr. E.W f
MIT BEITRÄGEN A US ANDEREM
BESITZ
GEMÄLDE / FARBSTICHE / MÖBEL
KERAMIK / TAPISSERIEN / SILBER
GOLDDOSEN / GLÄSER
VERSTEIGERUNG: 4. u. 5. MÄRZ 1932

J. N. ROETTIERS, PARIS 1770


BEIJEREN


PARIS, UM 1780


PARIS, UM 1760—1770


FRANKENTHAL, UM 1760


DELFT, IN FARBEN UM 1600
 
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