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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 6.1932

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Nr. 10 (6. März)
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2

DIE W E L T K U N S T

Jahi’g. VI, Nr. 10 vom 6. März 1932

und gewählten Farbe, mit seinem flockig
freien Vortrage. Der Haarlemer Meister
scheint hier, von Frans Hals angeregt, sich
selbst zu übertreffen. Von den beiden Teniers-
Bildern ist das mit den Spielern ein unge-
wöhnlich fein durchgebildetes Stück.
Unter den Bildern aus dem 18. Jahrhundert
fesselt ein Rätsel. Ich kann weder sagen, wer
es gemalt habe, noch, was dargestellt sei. Ein
jugendlicher Kavalier und eine Dame bekrän-
zen die Büste eines Mannes. Die Köpfe sind
bildnishaft. Wem gilt die Huldigung? Schwer-
lich dem französischen König Louis XV, wie
geglaubt worden ist. Jedenfalls ist die Malerei
von reifer und sicherer Meisterschaft, 1760

etwa entstanden und eine glanzvolle Deko-
ration, heiteres und elegantes Theater.
Das Kunstsammeln, wie jede Lebensäuße-
rung, macht eine Krisis durch. Die Kunst-
werke der Sammlung Wollenberg werden in
Zusammenhänge einkehren, die dem Gesamte,
dem sie entrissen worden sind, schwerlich
gleichen. Das Echtbürtige aber wird sich
in jedem Licht und an jeder Stelle bewähren.
Max J. Friedländer
-x-
Ein Bericht über das Mobiliar, die Skulp-
turen und kunstgewerblichen Arbeiten der
Sammlung Wollenberg folgt in Nr. 11. D. Red.

gangenen Jahres — kaum erreichbar, von ihm
kann hier zum mindesten ein nicht bekanntes
Beispiel, eine Porträtzeichnung, vorgeführt
werden, dazu wertvolle Beiträge aus Museums-
besitz; Kersting vertritt eines seiner schönen
Interieurbildnisse.
Es folgt die Epoche deutschen Kunst-
schaffens, zu der Goethes Einstellung sich min-
der positiv gestaltet, deren Träger ihm dafür
bei der Nachwelt die schlechte Note des Unver-
ständnisses den wahrhaft neuartigen nationa-
len Strömungen seiner Zeit gegenüber ein-
gebracht hat. Ohne Parteinahme, die dem zeit-
lich bemessenen Programm der Ausstellung
nicht geziemt, zeigen wir eine Reihe bezeich-
nender Werke jener Künstler — Nazarener und
Romantiker — darunter selbst Schöpfungen
von mit Goethes Bannfluch insonderheit Be-

Deutsche Kunst
im Zeitalter Goethes

Anläßlich der Ausstellung „Deutsche
Kunst im Zeitalter Goethes“, die Paul
Cassirer in Berlin unter Mitwirkung
der Münchener Ludwigsgalerie vom
13. März bis 10. April in den Ausstellungs-
räumen V ik t o ri a st-Taß e 35 veranstal-
tet, stellt uns Frl. Dr. Grete Ring freund-
licherweise die folgenden Ausführungen
über Absicht und Sinn der begrüßenswerten
Schau zur Verfügung. Die Red.
Die Ausstellung dient dem Ende, in Ehrung
des Jubiläumsmonats März 1932 die bildende
Kunst Deutschlands im Zeitalter Goethes in
einigen bezeichnenden Beispielen von Malerei,
Plastik und Zeichnung vorzuführen. Es sollen
keine Goethe-Erinnerungen oder -reliquien ge-
zeigt werden: die in der Berliner Akademie der
Künste zur Schau gestellte Sammlung Kippen-
berg vertritt diesen Teil des Programms in so
vorbildlicher Weise, daß jeder Versuch in ähn-
licher Richtung vermessen erschiene. Vielmehr
galt die Bemühung dem Zusammenbringen von
Kunst werken, die zu jener Zeit entstanden,
wobei der Kunstwert des Objekts dem histo-
risch beziehungsmäßigen vorzugehen hatte.
Es erscheint nach dieser Programmstellung
einleuchtend, daß den künstlerisch bedeutsamen
Gestalten der Epoche mehr Raum bereit-
gestellt werden mußte, als denen, die nur durch
ihre Berührung mit der Peripherie Goethes das
Interesse der Nachwelt beanspruchen dürfen.
Dabei zeigt es sich, daß — entgegen der ein-
gebürgerten Meinung, als habe Goethe sein
Mäzenatentum nur den mittelmäßigen, seinen
Befehlen servil folgenden Zeitgenossen an-
gedeihen lassen — gerade bei allen über das
Mittelmaß ragenden Figuren persönliche Be-
ziehungen zu Goethe sich, oft überraschend, er-
geben, so daß die Aufgabe, in der würdigen
Repräsentation der Kunst jener Zeit doch nicht
zu weit vom Zentralpunkt Goethe abzuschwei-
fen, vergleichsweise unschwer lösbar erschien.

Inhalt Nr. io
Geh. Rt. M. J. Friedländer:
Sammlung Wollenberg (m. 2 Abb.).1/2
Dr. Grete Ring:
Deutsche Kunst im Zeitalter Goethes .... 2
Auktionsvorberichte (m. 2 Abb.).2/3,5
Auktions-Kalender . 3
Ausstellungender Woche. 4
Preisberichte — Kunst im Rundfunk . . 4
Literatur . 4
Auktionsnachberichte. 5
Ausstellungen (m. 2 Abb.) . 5
Otto Hettner — Goethe-Autographen — Käthe
Kollwitz — Bildnisphotographien, Draht-
plastiken
Nachrichten von Überall. 6
Unter Kollegen. 6

Nur wenige Fälle bleiben, in denen das Moment
der Freundschaft das ästhetische überschatten
muß, darunter die liebenswürdigen Frauen An-
gelika Kauffmann und Louise Seidler, das
„Kind“ Goethes Bettina, der treue Mitarbeiter
Heinrich Meyer, wobei wiederum die Beziehun-
gen Angelikas zu den größeren Deutschrömern,
Louise Seidlers zu den Dresdnern Friedrich und
Kersting, vor allem Meyers Eigenschaft als
Schüler Füsslis Brücken zu den bedeutenden
Erscheinungen der Zeit schlagen.
Es war ferner insonderheit unser Bestre-
ben, mit den gewählten Kunstwerken die Atmo-
sphäre einzufangen, die Goethe in den ver-
schiedenen Perioden seines Lebens umgab. Wir
beginnen mit einigen Dokumenten des deut-
schen Rokoko, wie sie in Goethes Vaterhaus
gewertet und gesammelt wurden — Seekatz,
Schütz — es folgen Beispiele deutscher Imita-
tion der holländischen Kleinmeister, die Goe-
thes Leipziger Zeichenlehrer und Kunstberater
Oeser entzückt haben möchten. Der deutsche
Zopfstil ist — wie es einer Berliner Veran-
staltung geziemt — vor allem durch Chodo-
wiecki, Rode, die Liszewska-Therbusch vertre-
ten. Auch für die spätere Zeit bleibt Berlin ein
Sonderakzent Vorbehalten, vor allem in seinen
beiden großen Gestalten, die sich — wie wenige
der bildkünstlerischen Zeitgenossen — Goethen
vergleichsweise ebenbürtig nahen dürfen: Gott-
fried Schadow und Friedrich Schinkel. Goethes
römischen Kreis vertreten Mengs, die fleisch-
gewordene Lehre Winkelmanns; Wilhelm Tisch-
bein; Philipp Hackert, den Goethe durch eine
Monographie ehrte. Auf anderer Ebene be-
mühen sich, den geistigen Gehalt der römi-
schen Landschaft zu erfassen: J. A. Koch, Rein-
hart, Reinhold, Römische Ansichten von Hum-
mel, Kniep, Bruecke, Schirmer zeigen gleich-
sam topographisch, wie der Boden aussah, auf
dem Goethe wandelte.
Wir kommen zum Zentrum der Schau, den
großen Malererscheinungen des Goetheschen
Zeitalters: Caspar David Friedrich, Philipp
Otto Runge und — in gebührendem Abstand —
Friedrich Kersting. Eben denselben für die
künstlerische Wirkung der Schau wünschens-
wertesten Meistern wäre in der Tat auch nach
der Goethephilologie allein besondere Betonung
zugekommen: Goethe schrieb über und an
Friedrich, dem er einen Teilpreis eines der Wei-
marer Preisausschreiben zuerkannte, mit dem
ihn zudem der gemeinsame Freund Carus ver-
band; er führte lebhaften Briefwechsel mit
Runge, den er trotz abseitiger Wege des Jün-
geren als Mitforschenden in der Farbenlehre
wertet; er half großzügig Kersting, dem
schwer ringenden, mit einer Verauktionierung
seiner Werke in Weimar. Es ist gelungen,
Friedrichs überragende Bedeutung hier mit
einer Reihe seiner Arbeiten würdig zu betonen,
daneben zeigen wir Carus in reichlichen Bei-
spielen, weil gerade er die geistige Zielsetzung
der Zeit gut zu bezeichnen scheint. Runge war
— nach dem Glaspalastunglück des ver-


Monstranz, kupfervergoldet, 15. Jahrhundert
H. 63 cm — Aus Süddeutschem Reichsgrafenbesitz
Kat. Nr. 16
Versteigerung — Vente — Sale:
Internationales Kunst- und Auktionshaus
Berlin, 19. März 1932

legten. Die gegebene Grenze 1832 bringt es mit
sich, daß diese Gruppe zumeist mit Jugend-
werken ihrer Mitglieder auftritt und damit eine
besonders glückliche Repräsentation finden
kann. Cornelius, die größte Figur des Kreises,
— dessen Faustillustrationen Goethe eine wohl-
wollendere Kritik zukommen ließ, als roman-
tische Tradition es wahrhaben will — ist mit
einer Reihe bedeutender Zeichnungen günstiger
als mit Bildern vertreten, dazu Overbeck und
Schnorr mit stattlichen Gemälden.
Dem Zentralpunkt ferner als diese — Goethe
zum mindesten im Gegensatz verbundene —
Abteilung gibt sich der letzte Abschnitt, die
Vorläufer der Wirklichkeitskunst des späteren
19. Jahrhunderts: ich denke an die Künstler
der Münchener Schule, an die Anfänge Was-
manns, Waldmüllers, Blechens. Auch sie er-
schienen uns notwendig, um die Weite des

Radius Goethe — vom Rokoko zur „Neuzeit“
— zu umfassen.
Die Ausstellung erweist sich als Versuch.
Technische und wirtschaftliche Schwierigkeiten
aller Art, die neubesteuerte Einfuhr von Kunst-
werken aus dem Auslande, beschränkten die
Auswahl, dazu das unseres Erachtens für Ver-
anstaltungen des Kunsthandels natürliche Prin-
zip, sich auf selten öffentlich gezeigte Werke
aus Privatbesitz und Handel zu konzentrieren
und nur in den Fällen auf staatlichen Besitz
zurückzugreifen, wo es um anderweit wirklich
Unbeschaffbares geht.
Trotz der äußeren Erschwerungen glauben
wir, die Ausstellung zu eben diesem Zeitpunkt
nicht unter ganz ungünstige Auspizien zu
stellen. Man kann es heut, wie uns scheint,
wieder wagen, eine geistigen, bildungshaften
Zwecken gewidmete Veranstaltung zu planen,
ohne lautem Spott zu begegnen. Nachdem es
sich in den letzten Monaten gezeigt, wie ver-
gänglich wirtschaftliche Werte und Erfolge,
steht die Bildung wieder höher im Kurs: Man
darf bescheiden helfen, eine Bildungsfeier mit-
zurüsten, ohne daß einem die Worte „alte
Walze“, „muffig“, „Klamotten“ — Lieblings-
einwände der großen Zeit der kurzfristigen
Kredite — entgegentönen. Die zur Weltanschau-
ung erhobene Bildungsfeindschaft hat auch
wirtschaftlich versagt; wir wagen daher gerade
in unserer Eigenschaft als Händler unseren
Versuch, indem wir allen denen, die uns in so
opferbereiter und freigebiger Weise ihren
Besitz zur Verfügung gestellt, unseren auf-
richtigen Dank sagen. Grete Ring

Aultwnsö orberichte

Neue deutsche Meister
Berlin, Vorb. 10. u. 12. März
Das Internationale Kunst- und
Auktionshaus bringt zwei Sammlungen
zur Versteigerung, deren Schwergewicht in
den Gemälden neuerer deutscher Meister liegt.
Die Zwangsversteigerung am 10. März gibt
einen Querschnitt deutscher Malerei von ca.
1850—1920 mit einem vielfältigen Material,
dem auch gute Namen nicht fehlen.
Wertvoller erscheinen die Bestände an Ge-
mälden, die mit der Auflösung der Wohnungs-
einrichtung A. K„ Budapesterstr. 8, am
12. März ausgeboten werden. Hervorgehoben
seien mehrere Gemälde von Corinth, eine Land-
schaft von F. v. Uhde, Arbeiten von Lieber-
mann, Lesser Ury, U. Hübner, Hans Meid,
Heckendorf u. a. in außerordentlich schönen
Qualitäten. Die Wohnungseinrichtung selbst
zeichnet sich durch ein gepflegtes Mobiliar und
gutes Kunstgewerbe aus.
Süddeutscher
Reich sgraf enbesitz
Berlin, Vorb. 19. März
Aus den kostbaren Silber-Beständen des
reichsgräflichen Besitzes, der am 19. März im
Internationalen Kunst- und Auk-
tionshaus versteigert wird (vgl. „Welt-
kunst“ Nr. 7, S. 2), bilden wir heute auf dieser
Seite die interessante kupfervergoldete
Monstranz vom Ende des 15. Jahrhunderts, ein
Meisterwerk deutschen kirchlichen Kunsthand-
werks, ab. Wir kommen in der folgenden Num-
mer ausführlich auf diese hochwichtige Ver-
steigerung zu sprechen.
Neuere Gemälde
München, Vorb. 10. März
Die Versteigerung von Ölgemälden und
Aquarellen des 19. und 20. Jahrhunderts durch
die Galerie Hugo Helbing bringt
wiederum ein qualitatives und vielschichtiges

MODERNE GEMÄLDE
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P. BONNARD, E. BOUDIN, P. CEZANNE, E. CHARMY, J. CHERET, E DELACROIX,
E DEGAS, A. DERAIN, F.-Z. EBERL, J.-L. FORAIN, J. GRIS, P. LAPRADE, MAN-
GUIN, HENRI-MATISSE, H. OTTMANN, P. PICASSO, C. PISSARRO, PUVIS DE
CHA VANNES, O.REDON, A. RENOIR, G. ROUAULT, P. SIGNAC, H. de TOULOUSE-
LAUTREC, M. UTRILLO, A. VALTAT, . M. de VLAMINCK, E. VUILLARD, F. ZIEM.
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