Jahrg. VI, Nr. 50 vom 11. Dezember 1932
DIE WELTKUNST
3
Entschädigung von 25 % alle Kunstaufträge
aus Deutschland auszuführen. Leider ist es
bisher nicht möglich gewesen, Näheres über die
Wirksamkeit dieser Kunstvermittler zu er-
fahren.
Es ist kulturhistorisch sehr interessant, daß
am Anfang des neunzehnten Jahrhunderts auch
in Deutschland „Gemälde-Lotterien“ statt-
fanden. Eine Anzeige von einem solchen eigen-
artigen Unternehmen ist auch einmal in Hellers
Zeitschrift zu bemerken. Die Gebrüder From-
mei in Augsburg kündigten für den Mai 1825
eine Lotterie an, bei der vierzig wertvolle Ge-
mälde aus der Sammlung Malmaison ausge-
boten wurden. Den Gewinnen standen jedoch
22 000 Lose gegenüber. Wohl müssen wir an-
nehmen, daß bei dem relativ hohen Lospreis
von 5 fl. 30 kr. bei weitem nicht alle Lose ver-
kauft wurden. Trotzdem wird die Lotterie ein
gutes Geschäft gewesen sein.
Doch wenden wir uns wieder den wirklichen
Kunstverkäufen zu! Alle Formen des Kunst-
handels sind in dem Hellerschen Journal ver-
treten. Gerade diese Zeitschrift, die eine be-
sondere Aktualität besaß, vermag uns ein Bild
davon zu geben, welchen Aufschwung der
deutsche Kunsthandel in verhältnismäßig
kurzer Zeit genommen hatte.
Zahlreiche periodische Kunstpublikationen
wurden in den folgenden Jahren in Deutsch-
land gegründet. Der Kunsthandel, der nun-
mehr eine feste Position erlangt hatte, be-
nutzte diese Blätter oft zur Reklame — er
schuf sich daneben kurze Zeit später aber auch
eigene Nachrichtenorgane.
Noch ist die Geschichte des Kunsthandels
nicht geschrieben. Die Kunstjournale, die von
dem aktuellen Kunstleben ihrer Zeit berichten,
dürften für eine solche Arbeit wohl eine sehr
gute Quelle darstellen!
AUSSTELLUNGEN
in Wien:
Georg Ehrlich
Georg Ehrlich, der sich seit mehreren Jahren
der Bildhauerei zugewandt hat, zeigt im Rah-
men der Graphik-Ausstellung des Hagen-
b u n d e s eine Auswahl der in den letzten Jah-
ren geschaffenen Skulpturen, daneben Ölbilder
und Aquarelle. Die verhaltene Intensität des
Georg Ehrlich, Zwei Mädchen
Ausstellung — Exposition — Exhibition:
Hagenbund, Wien
Ausdruckes, die seinen graphischen Bildnissen
innewohnt, zeigt sich in noch viel höherem
Maße in seinen Plastiken. Da sieht man das
geistvolle Antlitz von Erika Tietze, den
Kämpferkopf ihres gelehrten und streitbaren
Gatten und das sarkastische Antlitz des Maler
Merkels: Köpfe, von Leben und Geistigkeit er-
füllt. Von seinem ausgeprägten Sinn für die
plastische Form zeugen namentlich seine ganz-
figurigen Freiplastiken (ein stehender weib-
licher Akt von ungemeinem Wohllaut der Form
und entspannte Gestalten ruhender Mädchen).
Unter den Ölbildern lenkt besonders eine
Landschaft aus dem Wienerwald bei Tauwetter
Deutsch-Römer-Zeichnungen im
Wurzener Dom
(Zu unserer Abbildung auf S. 1.)
Kürzlich konnten neun bisher unbeachtet in
der Sakristei des Wurzener Domes hängende
Blätter als Zeichnungen nach dem großen
Nazarener-Zyklus in der Naumburger Drei-
königskapelle (s. a. Nr. 51/1929 der Weltkunst)
identifiziert werden. Leider riß der Brand im
Münchener Glaspalast eine schmerzliche Lücke
in die Naumburger Gemäldefolge: das schöne
Bild Julius Schnorr von Carolfelds, das reifste
seiner Frühzeit, verbrannte. Dieser Verlust
war doppelt schwer, da er nicht nur ein Einzel-
werk, sondern gleichfalls die inhaltliche
Geschlossenheit des Zyklus vernichtete. Um
so wertvoller sind die Wurzener Zeichnungen
für die Geschichte der deutschen Kunst im
frühen 19. Jahrhundert. Sie spiegeln in lücken-
loser Folge „das große Werk“, wie die betei-
ligten Künstler die Naumburger Bilder
nannten (siehe Abbildung auf Seite 1).
Die Zeichnungen sind gleichmäßig je 40 cm
hoch und 30 cm breit. Als Zeichner signiert
der Berliner Schadow-Schüler Heinrich Mücke;
eine Datierung fehlt, doch müssen die Blätter
ungefähr um das Jahr 1829 entstanden sein.
Die Technik der Zeichnung ist entsprechend
den Vorlagen verschiedenartig. Die meisten
Blätter sind reine Bleistiftkopien; einige zeigen
in Bleiumriß Sepiapinseltuschung, andere
sind mit weißer Kreide gehöht und mit
schwarzer in den Schattenlagen vertieft.
Die Tendenz zum Illustrativen, auf der
auch die Darstellung eines Sinngehalts in zyk-
lischer Form mitberuht, legt die Annahme
nahe, daß diese Zeichnungen als Vorlagen für
eine Reproduktion der Gemäldefolge gemeint
Waren, die durch den Tod Ampachs unterblieb.
durch ihre Unmittelbarkeit das Augenmerk auf
sich. Im allgemeinen aber treten die Ölbilder
Ehrlichs, deren meisten etwas Gequältes und
Unausgeglichenes anhaftet, hinter seinen
zarten, aufgelockerten Aquarellen zurück. Be-
sonders stimmungsvoll wirken die schummrigen
Herbstbilder aus Wienerwald und Donauauen.
Sie kehren in dem Werk Ehrlichs immer und
immer wieder. Ihre Art ist mit seinem künst-
lerischen Wesen dermaßen verwoben, daß er
auch in den Lagunen Venetiens die heimatliche
Donaulandschaft sieht. Eine Erscheinung, die
in dem allzu zähen Festhalten an der einmal
gefundenen Formel eine gewisse Einseitigkeit
des Schauens nicht verleugnet.
Wie rasch und bedeutsam sich auch der
Plastiker Ehrlich entwickelt hat, so läßt sich
doch aus dem zur Schau Gestellten nicht ver-
kennen, daß diese Entwicklung auf Kosten des
Malers und Graphikers vor sich gegangen ist,
in dessen Schaffen sich schon seit längerem
keine Weiterentwicklung feststellen läßt.
Dr. St. Poglayen-Neuwall
i n Ma inz:
Paul Strecker
Die reiche und fast unbekannte Sammlung
der Gemäldegalerie im kurfürstlichen Schloß
zu Mainz erlebt dank der rührigen Tätigkeit
ihres neuen Leiters, Herrn Dr. Rudolf Busch,
einen neuen Aufschwung, nachdem sie jahr-
zehntelang dahingedämmert hat. Die Bilder
dieser Sammlung .— hervorragende Werke alt-
deutscher Malerei, ein wahres Musterkabinett
holländischer Meister und gute Werke des
späteren 19. Jahrhunderts — kamen vorwie-
gend durch Stiftungen zusammen und ent-
behren einer einheitlichen Grundlage. Dazu
kommt, daß bisher alle Neuerwerbungen über
die alten Bestände gehängt wurden und so ein
undurchdringliches Chaos entstand. Dr. Busch
hat nun begonnen, einige der Bilder zu maga-
zinieren, um den qualitätsvollen Stücken der
Sammlung mehr Raum, Luft und Entfaltungs-
möglichkeiten zu geben. Dazu werden die
Lücken durch geschickte Neuerwerbungen aus-
gefüllt. Man hat bereits die Pläne fertig-
gestellt, um die ganze Sammlung aus einem
engen und dunklen Flügel des Schlosses in das
benachbarte Zeughaus zu überführen und hofft
in kurzer Zeit mit dem Umbau beginnen zu
können.
Paul Strecker, Erwachen. 1931
Ausstellung — Exposition — Exhibition:
Gemäldegalerie, Mainz
Als erste Schau junger Kunst sind hier die
letzten Werke des in Mainz gebürtigen Malers
Paul H. Strecker vereinigt. In Berlin sind
die Werke dieses Künstlers durch die Galerie
Flechtheim in verschiedenen Ausstellungen ge-
zeigt worden. Sie zeigen eine kultivierte und
gepflegte Palette, die sich in langen Jahren an
französischen Meistern gebildet hat, ohne je-
doch in eine schulmäßige Tradition zu ver-
fallen. Das, was uns Streckers Bilder lieb
macht, sind die Tiefe der Empfindung, der
musikalische Grundton, der alle Kompositionen
in Moll erklingen läßt und der Ernst der künst-
lerischen Verantwortung dieses jungen Malers.
Dr. Fritz N e u g a s s
in Paris:
Paul Elsas
Die Pariser Kunsthandlung „L es Nourri-
t. u re s Terrestre s“, die schon früher Aus-
stellungen von George Grosz und Prof. Hettner
veranstaltete, zeigt augenblicklich Arbeiten des
Stuttgarter Malers Paul Elsas, der seit Jahren
in Paris lebt. Der Künstler stellt zum ersten
Male neuartig gestaltete Pastelle aus, die durch
intensive und geschmacklich gut abgewogene
Farbengebung auffallen. Die figürlichen Bil-
der beweisen ein großes technisches Können
und haben einen sehr persönlichen Ausdruck.
In Südfrankreich lernte Elsas für ihn neue,
leuchtende Farben kennen, die in der präzisen
Komposition den Charakter der Landschaften
zwingend gestalten.
Seit einiger Zeit arbeitet Elsas an der Aus-
arbeitung eines neuen Handdruckverfahrens,
dessen überraschende Ergebnisse in dieser Aus-
stellung zum ersten Male öffentlich gezeigt
werden. Diese Drucke originell gesehener Pa-
riser Landschaften und verschiedene Variatio-
nen des Themas „Mutter und Kind“ überraschen
und überzeugen. Der Monotyp selbst, bei dem
jedes Blatt individuellen Ausdruck und Farben
hat, hat — technisch gesprochen — Höhen und
Tiefen, die bis heute bei einem Druckverfahren
unbekannt waren.
Eine recht beachtliche Anzahl dieser Drucke
und Pastelle wurde gleich in den ersten Tagen
Paul Elsas, Seinelandschaft
Ausstellung — Exposition — Exhibition:
Galerie „Les Nourritures Terrestres"
Paris
der Ausstellung verkauft, bei deren Eröffnung
Herr Legationsrat Gerth die Wünsche der
Deutschen Botschaft überbrachte. Elsas, für
den sich in Deutschland die Galerie Tann-
hauser interessierte, hat sich mit dieser sehr
erfolgreichen Schau nun auch in Paris Freunde
erworben. R. H.
in Berlin:
Lebendige
deutsche Kunst
Paul Cassirer in Berlin veranstaltet
in Gemeinschaft mit Alfred Flechtheim in
den Räumen Viktoriastr. 35 eine Ausstellungs-
folge „Lebendige Deutsche Kunst“, die in drei
Abteilungen die wesentlichen Kräfte des heuti-
gen deutschen Kunstschaffens aufweisen will.
Die erste Ausstellung, die am 10. Dezember er-
öffnet wurde, zeigt von Malern: Baumeister,
Campendonck, Dix, Feininger, Grosz, Kan-
dinsky, Kirchner, Klee, Levy, Purrmann,
Schlemmer, Weiß; von Bildhauern: Belling,
Fiori, Garbe, Roeder, Sintenis. Die zweite Aus-
stellung, die unmittelbar anschließend Mitte
Januar beginnt, bringt Beckmann, Heckel,
Hofer, Kokoschka, Schmidt - Rottluff und die
Bildhauer Barlach, Mareks, Kolbe, Scheibe, die
dritte Ausstellung, für Mitte Februar ange-
setzt, Werke der jüngsten Künstlergeneration.
Wir kommen in der folgenden Nummer auf
diese wichtige Veranstaltung zurück.
Franz Lenk
Galerie N e u m a n n - N i e r e n d o r f
Lenk, dessen Schaffen von einem ungewöhn-
lichen Publikumserfolg begleitet ist, hat sich
seit seiner letzten Ausstellung zweifellos ent-
wickelt. Arbeitsfreudige Aufenthalte am
Bodensee, am Mittelrhein und im Erzgebirge
stellten ihn vor neue Landschaften und damit
vor neue Aufgaben, die er, wenn man die an-
spruchslose Zielsetzung seiner Kunst gelten
läßt, befriedigend gelöst hat. Seine handwerk-
lich saubere, liebevoll ins einzelne gehende Dar-
stellungsweise hat sich verfeinert und ist freier
geworden. Bildausschnitt und Bildaufbau holen
jetzt kompositionnelle Wirkungen heraus,
welche in weit höherem Maße, als dies bei
früheren Werken der Fall war, dem Betrachter
die formalen Intentionen des Malers einprägen.
Vor allem aber teilt sich diesen neueren Ar-
beiten etwas vom Eigencharakter des land-
HERMANN BALL
PAUL GRAUPE
BERLIN W 9, BELLEVUESTRASSE 7
KOSTBARKEITEN
AUS EINER
FÜRSTLICHEN
SCHATZKAMMER
VERSTEIGERUNG: AM 17. DEZEMBER 1932
AUSSTELLUNG: VOM 14.-16. DEZEMBER 1932
10—2 Uhr und 3—6 Uhr.
DIE WELTKUNST
3
Entschädigung von 25 % alle Kunstaufträge
aus Deutschland auszuführen. Leider ist es
bisher nicht möglich gewesen, Näheres über die
Wirksamkeit dieser Kunstvermittler zu er-
fahren.
Es ist kulturhistorisch sehr interessant, daß
am Anfang des neunzehnten Jahrhunderts auch
in Deutschland „Gemälde-Lotterien“ statt-
fanden. Eine Anzeige von einem solchen eigen-
artigen Unternehmen ist auch einmal in Hellers
Zeitschrift zu bemerken. Die Gebrüder From-
mei in Augsburg kündigten für den Mai 1825
eine Lotterie an, bei der vierzig wertvolle Ge-
mälde aus der Sammlung Malmaison ausge-
boten wurden. Den Gewinnen standen jedoch
22 000 Lose gegenüber. Wohl müssen wir an-
nehmen, daß bei dem relativ hohen Lospreis
von 5 fl. 30 kr. bei weitem nicht alle Lose ver-
kauft wurden. Trotzdem wird die Lotterie ein
gutes Geschäft gewesen sein.
Doch wenden wir uns wieder den wirklichen
Kunstverkäufen zu! Alle Formen des Kunst-
handels sind in dem Hellerschen Journal ver-
treten. Gerade diese Zeitschrift, die eine be-
sondere Aktualität besaß, vermag uns ein Bild
davon zu geben, welchen Aufschwung der
deutsche Kunsthandel in verhältnismäßig
kurzer Zeit genommen hatte.
Zahlreiche periodische Kunstpublikationen
wurden in den folgenden Jahren in Deutsch-
land gegründet. Der Kunsthandel, der nun-
mehr eine feste Position erlangt hatte, be-
nutzte diese Blätter oft zur Reklame — er
schuf sich daneben kurze Zeit später aber auch
eigene Nachrichtenorgane.
Noch ist die Geschichte des Kunsthandels
nicht geschrieben. Die Kunstjournale, die von
dem aktuellen Kunstleben ihrer Zeit berichten,
dürften für eine solche Arbeit wohl eine sehr
gute Quelle darstellen!
AUSSTELLUNGEN
in Wien:
Georg Ehrlich
Georg Ehrlich, der sich seit mehreren Jahren
der Bildhauerei zugewandt hat, zeigt im Rah-
men der Graphik-Ausstellung des Hagen-
b u n d e s eine Auswahl der in den letzten Jah-
ren geschaffenen Skulpturen, daneben Ölbilder
und Aquarelle. Die verhaltene Intensität des
Georg Ehrlich, Zwei Mädchen
Ausstellung — Exposition — Exhibition:
Hagenbund, Wien
Ausdruckes, die seinen graphischen Bildnissen
innewohnt, zeigt sich in noch viel höherem
Maße in seinen Plastiken. Da sieht man das
geistvolle Antlitz von Erika Tietze, den
Kämpferkopf ihres gelehrten und streitbaren
Gatten und das sarkastische Antlitz des Maler
Merkels: Köpfe, von Leben und Geistigkeit er-
füllt. Von seinem ausgeprägten Sinn für die
plastische Form zeugen namentlich seine ganz-
figurigen Freiplastiken (ein stehender weib-
licher Akt von ungemeinem Wohllaut der Form
und entspannte Gestalten ruhender Mädchen).
Unter den Ölbildern lenkt besonders eine
Landschaft aus dem Wienerwald bei Tauwetter
Deutsch-Römer-Zeichnungen im
Wurzener Dom
(Zu unserer Abbildung auf S. 1.)
Kürzlich konnten neun bisher unbeachtet in
der Sakristei des Wurzener Domes hängende
Blätter als Zeichnungen nach dem großen
Nazarener-Zyklus in der Naumburger Drei-
königskapelle (s. a. Nr. 51/1929 der Weltkunst)
identifiziert werden. Leider riß der Brand im
Münchener Glaspalast eine schmerzliche Lücke
in die Naumburger Gemäldefolge: das schöne
Bild Julius Schnorr von Carolfelds, das reifste
seiner Frühzeit, verbrannte. Dieser Verlust
war doppelt schwer, da er nicht nur ein Einzel-
werk, sondern gleichfalls die inhaltliche
Geschlossenheit des Zyklus vernichtete. Um
so wertvoller sind die Wurzener Zeichnungen
für die Geschichte der deutschen Kunst im
frühen 19. Jahrhundert. Sie spiegeln in lücken-
loser Folge „das große Werk“, wie die betei-
ligten Künstler die Naumburger Bilder
nannten (siehe Abbildung auf Seite 1).
Die Zeichnungen sind gleichmäßig je 40 cm
hoch und 30 cm breit. Als Zeichner signiert
der Berliner Schadow-Schüler Heinrich Mücke;
eine Datierung fehlt, doch müssen die Blätter
ungefähr um das Jahr 1829 entstanden sein.
Die Technik der Zeichnung ist entsprechend
den Vorlagen verschiedenartig. Die meisten
Blätter sind reine Bleistiftkopien; einige zeigen
in Bleiumriß Sepiapinseltuschung, andere
sind mit weißer Kreide gehöht und mit
schwarzer in den Schattenlagen vertieft.
Die Tendenz zum Illustrativen, auf der
auch die Darstellung eines Sinngehalts in zyk-
lischer Form mitberuht, legt die Annahme
nahe, daß diese Zeichnungen als Vorlagen für
eine Reproduktion der Gemäldefolge gemeint
Waren, die durch den Tod Ampachs unterblieb.
durch ihre Unmittelbarkeit das Augenmerk auf
sich. Im allgemeinen aber treten die Ölbilder
Ehrlichs, deren meisten etwas Gequältes und
Unausgeglichenes anhaftet, hinter seinen
zarten, aufgelockerten Aquarellen zurück. Be-
sonders stimmungsvoll wirken die schummrigen
Herbstbilder aus Wienerwald und Donauauen.
Sie kehren in dem Werk Ehrlichs immer und
immer wieder. Ihre Art ist mit seinem künst-
lerischen Wesen dermaßen verwoben, daß er
auch in den Lagunen Venetiens die heimatliche
Donaulandschaft sieht. Eine Erscheinung, die
in dem allzu zähen Festhalten an der einmal
gefundenen Formel eine gewisse Einseitigkeit
des Schauens nicht verleugnet.
Wie rasch und bedeutsam sich auch der
Plastiker Ehrlich entwickelt hat, so läßt sich
doch aus dem zur Schau Gestellten nicht ver-
kennen, daß diese Entwicklung auf Kosten des
Malers und Graphikers vor sich gegangen ist,
in dessen Schaffen sich schon seit längerem
keine Weiterentwicklung feststellen läßt.
Dr. St. Poglayen-Neuwall
i n Ma inz:
Paul Strecker
Die reiche und fast unbekannte Sammlung
der Gemäldegalerie im kurfürstlichen Schloß
zu Mainz erlebt dank der rührigen Tätigkeit
ihres neuen Leiters, Herrn Dr. Rudolf Busch,
einen neuen Aufschwung, nachdem sie jahr-
zehntelang dahingedämmert hat. Die Bilder
dieser Sammlung .— hervorragende Werke alt-
deutscher Malerei, ein wahres Musterkabinett
holländischer Meister und gute Werke des
späteren 19. Jahrhunderts — kamen vorwie-
gend durch Stiftungen zusammen und ent-
behren einer einheitlichen Grundlage. Dazu
kommt, daß bisher alle Neuerwerbungen über
die alten Bestände gehängt wurden und so ein
undurchdringliches Chaos entstand. Dr. Busch
hat nun begonnen, einige der Bilder zu maga-
zinieren, um den qualitätsvollen Stücken der
Sammlung mehr Raum, Luft und Entfaltungs-
möglichkeiten zu geben. Dazu werden die
Lücken durch geschickte Neuerwerbungen aus-
gefüllt. Man hat bereits die Pläne fertig-
gestellt, um die ganze Sammlung aus einem
engen und dunklen Flügel des Schlosses in das
benachbarte Zeughaus zu überführen und hofft
in kurzer Zeit mit dem Umbau beginnen zu
können.
Paul Strecker, Erwachen. 1931
Ausstellung — Exposition — Exhibition:
Gemäldegalerie, Mainz
Als erste Schau junger Kunst sind hier die
letzten Werke des in Mainz gebürtigen Malers
Paul H. Strecker vereinigt. In Berlin sind
die Werke dieses Künstlers durch die Galerie
Flechtheim in verschiedenen Ausstellungen ge-
zeigt worden. Sie zeigen eine kultivierte und
gepflegte Palette, die sich in langen Jahren an
französischen Meistern gebildet hat, ohne je-
doch in eine schulmäßige Tradition zu ver-
fallen. Das, was uns Streckers Bilder lieb
macht, sind die Tiefe der Empfindung, der
musikalische Grundton, der alle Kompositionen
in Moll erklingen läßt und der Ernst der künst-
lerischen Verantwortung dieses jungen Malers.
Dr. Fritz N e u g a s s
in Paris:
Paul Elsas
Die Pariser Kunsthandlung „L es Nourri-
t. u re s Terrestre s“, die schon früher Aus-
stellungen von George Grosz und Prof. Hettner
veranstaltete, zeigt augenblicklich Arbeiten des
Stuttgarter Malers Paul Elsas, der seit Jahren
in Paris lebt. Der Künstler stellt zum ersten
Male neuartig gestaltete Pastelle aus, die durch
intensive und geschmacklich gut abgewogene
Farbengebung auffallen. Die figürlichen Bil-
der beweisen ein großes technisches Können
und haben einen sehr persönlichen Ausdruck.
In Südfrankreich lernte Elsas für ihn neue,
leuchtende Farben kennen, die in der präzisen
Komposition den Charakter der Landschaften
zwingend gestalten.
Seit einiger Zeit arbeitet Elsas an der Aus-
arbeitung eines neuen Handdruckverfahrens,
dessen überraschende Ergebnisse in dieser Aus-
stellung zum ersten Male öffentlich gezeigt
werden. Diese Drucke originell gesehener Pa-
riser Landschaften und verschiedene Variatio-
nen des Themas „Mutter und Kind“ überraschen
und überzeugen. Der Monotyp selbst, bei dem
jedes Blatt individuellen Ausdruck und Farben
hat, hat — technisch gesprochen — Höhen und
Tiefen, die bis heute bei einem Druckverfahren
unbekannt waren.
Eine recht beachtliche Anzahl dieser Drucke
und Pastelle wurde gleich in den ersten Tagen
Paul Elsas, Seinelandschaft
Ausstellung — Exposition — Exhibition:
Galerie „Les Nourritures Terrestres"
Paris
der Ausstellung verkauft, bei deren Eröffnung
Herr Legationsrat Gerth die Wünsche der
Deutschen Botschaft überbrachte. Elsas, für
den sich in Deutschland die Galerie Tann-
hauser interessierte, hat sich mit dieser sehr
erfolgreichen Schau nun auch in Paris Freunde
erworben. R. H.
in Berlin:
Lebendige
deutsche Kunst
Paul Cassirer in Berlin veranstaltet
in Gemeinschaft mit Alfred Flechtheim in
den Räumen Viktoriastr. 35 eine Ausstellungs-
folge „Lebendige Deutsche Kunst“, die in drei
Abteilungen die wesentlichen Kräfte des heuti-
gen deutschen Kunstschaffens aufweisen will.
Die erste Ausstellung, die am 10. Dezember er-
öffnet wurde, zeigt von Malern: Baumeister,
Campendonck, Dix, Feininger, Grosz, Kan-
dinsky, Kirchner, Klee, Levy, Purrmann,
Schlemmer, Weiß; von Bildhauern: Belling,
Fiori, Garbe, Roeder, Sintenis. Die zweite Aus-
stellung, die unmittelbar anschließend Mitte
Januar beginnt, bringt Beckmann, Heckel,
Hofer, Kokoschka, Schmidt - Rottluff und die
Bildhauer Barlach, Mareks, Kolbe, Scheibe, die
dritte Ausstellung, für Mitte Februar ange-
setzt, Werke der jüngsten Künstlergeneration.
Wir kommen in der folgenden Nummer auf
diese wichtige Veranstaltung zurück.
Franz Lenk
Galerie N e u m a n n - N i e r e n d o r f
Lenk, dessen Schaffen von einem ungewöhn-
lichen Publikumserfolg begleitet ist, hat sich
seit seiner letzten Ausstellung zweifellos ent-
wickelt. Arbeitsfreudige Aufenthalte am
Bodensee, am Mittelrhein und im Erzgebirge
stellten ihn vor neue Landschaften und damit
vor neue Aufgaben, die er, wenn man die an-
spruchslose Zielsetzung seiner Kunst gelten
läßt, befriedigend gelöst hat. Seine handwerk-
lich saubere, liebevoll ins einzelne gehende Dar-
stellungsweise hat sich verfeinert und ist freier
geworden. Bildausschnitt und Bildaufbau holen
jetzt kompositionnelle Wirkungen heraus,
welche in weit höherem Maße, als dies bei
früheren Werken der Fall war, dem Betrachter
die formalen Intentionen des Malers einprägen.
Vor allem aber teilt sich diesen neueren Ar-
beiten etwas vom Eigencharakter des land-
HERMANN BALL
PAUL GRAUPE
BERLIN W 9, BELLEVUESTRASSE 7
KOSTBARKEITEN
AUS EINER
FÜRSTLICHEN
SCHATZKAMMER
VERSTEIGERUNG: AM 17. DEZEMBER 1932
AUSSTELLUNG: VOM 14.-16. DEZEMBER 1932
10—2 Uhr und 3—6 Uhr.