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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 6.1932

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Nr. 51/52 (18. Dezember)
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DIE WELTKUNST

Jahrg. VI, Nr. 51/52 vom 18. Dezember 1932

Resultate bei einer außerordentlich lebhaften
Beteiligung. Man zahlte 9000 Frs. für Nr. 473
„Le Miroir historial de Vincent de Beauvais“
von 1531 mit Holzschnitten und der Signatur
von Montaigne; 6000 Frs. erzielte ein Pariser
Stundenbuch von 1510 mit farbigen Miniaturen.
Besonders sind die Aütographenpreise
interessant. Wir nennen: einen! Brief der
Mutter Napoleons an eine Tochter 5000 Frs.;
einen Brief der Diana von Poitiers 4200 Frs.;
einen Brief von Franz I. an Karl V. 3100 Frs.;

einen Brief der Prinzessin von Lamballe
3000 Frs. Für die bisher unveröffentlichte
Korrespondenz Napoleons an seine Geliebte
„Mademoiselle Emma“ fünf Briefe umfassend,
wurden 39 000 Frs. gezahlt. Überhaupt wur-
den gerade die Napoleonhandschriften beson-
ders hoch bewertet. So brachte ein Schrift-
stücke Napoleons vom 26. Juni 1815, nach
seiner Abdankung ausgestellt, 8600 Frs.; ein
Brief Napoleons an Madame Danes 4200 Frs.,
ein anderer Brief Napoleons 4100 Frs.

A U S S T E L

in Berlin:

Lebendige
deutsche Kunst
Paul Cassirer und A. Flechtheim

Eine anspruchsvolle Ausstellung fordert
eine anspruchsvolle Kritik heraus. Das Kata-
logvorwort, ein Meisterwerk der Vorweg-
nahme möglicher Einwände, ist zweifellos
besser gelungen als dieser erste Teil einer
Ausstellungstrilogie, welche der plötzlichen
Entdeckung unserer geographischen Lage ihre
Entstehung verdankt. Die Dreiteilung, ur-
sprünglich nicht beabsichtigt und offenbar eine
Folge sachlicher Schwierigkeiten, hat den Vor-
teil, einzelne wichtige Künstler ausgiebig zu

LUNGEN
schwachen, wirren Bilder zeigt? Ob E. R.
Weiß,Nauen, und Campe ndonck hier
ganz am Platze sind ? Recht gut ist D e
F i o r i vertreten, den man wieder als Plastiker
von Rang entdeckt. Neben ihm die S i n t e -
n i s , Emy Roeder,Garbe und der Ziseleur
B e 11 i n g , unermüdlich in seinem Beginnen,
plastische Aufgaben zu umgehen. Der zweite
Teil des Programms, im Januar fällig, hat die
Möglichkeit, die Fehler des ersten zu vermei-
den. Der dritte, der schwierigste Teil wird
uns ein Kriterium für das Auge der Veranstal-
ter sein. Kusenberg
Schaefer-Ast, Rössing
Galerie Gurlitt
Die absonderlichen, ergötzlich fabulierenden
und stets von einer verkniffenen Hinterabsicht
geleiteten Arbeiten Schaefer-Asts passen

nungen, in denen gute, innige Tierdarstellungen
auffallen, von Fritz Winkler kräftige, recht
sympathische Tuschzeichnungen. K.
in Bielefeld:
Kunstbaus
Es ist ein Verdienst des Instituts, einen
Teil seiner Räume den ansässigen Künstlern
zu einem Weihnachtsverkauf zur Verfügung
gestellt zu haben. Die Preise sind im allge-
meinen recht bescheiden und zeitgemäß an-
gesetzt. Wenn aber der im vorigen Jahre an
dieser Stelle gelobte Freudenau für ein
paar hübsch gemachte kubistische „Komposi-
tionen“ Preise verlangt, die heute für gute
Nolde-Aquarelle gezahlt werden, wenn Hilde-
gard Ferber für ein temperamentvoll hin-
geworfenes, im Farblichen noch so gut ge-
konntes „Bildnis“ den gleichen Preis verlangt,
wenn Professor Richard W o e r n 1 e , Direktor
der Kunstgewerbeschule und Architekt, seine
aquarellierten Reiseeindrücke zum öffentlichen
Verkauf und damit zur realsten Kritik stellt,
dokumentieren diese Künstler damit lediglich,
daß sie nicht über das wünschenswerte Maß
von Selbstkritik verfügen; wobei übrigens er-
wähnt werden muß, daß sich die Selbstein-
schätzung der Ferber vielleicht doch eines
Tages als berechtigt erweisen mag. Anderer-
seits ist es nicht nur ein Zeichen der Zeit,
wenn ein empfindsamer und zutiefst musika-
lischer Zeichner wie der Architekt Siegfried
Ebeling seine feinstilisierten Kohlezeich-
nungen zu Preisen anbietet, für die man sonst
höchstens einen besseren Vierfarbendruck be-
kommt. Die schon im vorigen Jahr erwähnten


Alter französischer Gobelin. 265 : 472 cm
Arthur Dahlheim, Berlin

repräsentieren, und den Nachteil, eine ge-
schlossene Wirkung durch Dehnungen und
Füllsel zu beeinträchtigen. Lebendige deutsche
Kunst. Eine Devise, die Auslese verspricht.
Die wählende, ordnende Hand aber, die man
erwartet, setzt sich nicht klar durch. Es fehlt
die strenge Liebe, die das rechte Maß findet.
Nach welchem Maß wird hier gemessen, welche
Verhältnislehre wird hier beherzigt? Gute
Absichten, von Natur schwache Geschöpfe,
mischen sich mit Rücksichten und Konzessio-
nen, die vermeidbar gewesen wären. Man ver-
mißt den produktiven Eigensinn, den eigenen
Sinn, der die Osloer Ausstellung rundete.
Es ist ein Vorzug der Ausstellung, daß sie
durchweg neue Arbeiten zeigt. Durch Kirch-
ners letzte Bilder, einen wesentlichen An-
ziehungspunkt der Schau, geht ein innerer
Bruch. Dieser große Maler, der Geschautes in
bildhafte Zeichen zu übersetzen und organisch
zu verdichten wußte, steuert jetzt, offensicht-
lich von Picasso und Klee beeinflußt, auf Be-
zirke zu, in denen er sich seiner inneren Ein-
heit begibt. Starres Kalkül schiebt sich als
Fremdkörper zwischen instinktive Intelligenz
und bedroht eine Bildform, die in den „Seil-
springern“ intakt ist, in den „Frauen auf
der Wiese“ und dem „Trabergespann“ eben
noch hält, in den übrigen Arbeiten aber be-
denklich klafft. F e i n i n g e r , der konse-
quente Kubist, baut unentwegt klare, schwin-
gende, leuchtende Bilder, wirkliche Bilder. Der
Theoretiker Kandinsky, als solcher aus
der neueren deutschen Malerei nicht wegzu-
denken, wird den Maler überleben. S c h 1 e m-
m e r s suggestive Dynamik, Baumeisters
kräftige Statik bestätigen sich. Daß Bilder
Klees einen ganzen Raum allein einnehmen,
ist an und für sich nicht unerfreulich, im Zu-
sammenhang der Veranstaltung jedoch ein er-
sichtlicher Proportionsfehler. Zudem offenbart
sich die intime Kunst dieses gescheiten Bild-
poeten im kleinen Format am glücklichsten; im
größeren dringt sie nicht immer durch. Das
feine, hintergründige Spiel büßt, vergrößert,
seine zarten Nuancen ein. Dix, ein echter
Schüler Richard Müllers, wendet seine Inten-
sität weiterhin dem abtastbaren Gegenstand
zu, der unter seiner Lupe penetrant wird.
Purrmanns Aquarelle, Präludien zu dem
großen Wandbild für Speyer, schlagen diesmal
seine Bilder aus dem Feld. Dekorativer Zwang
gibt heiteren Farbimpressionen förderlichen
Halt. Ob man dem Zeichner Grosz, der sich
im Aquarell neuerdings nach Pascin hin ent-
wickelt, einen Dienst erweist, wenn man seine

vortrefflich in die Weihnachtszeit. Diesmal
zeigt sich der Dichterzeichner von der radieren-
den Seite, die ihm, da er ein immens tüchtiger
Graphiker ist, ebensogut von der Hand geht wie
seine lithographierten Blätter. Neben Walter
Trier ist Schaefer-Ast der einzige heitere Le-
bensdeuter von Belang; ja, es ist noch die
Frage, ob er nicht sogar über jenen zu stellen
ist. Der zeitkritische Graphiker Karl Rös-
sing, der seinerseits heute als einziger neben
George Grosz zu nennen ist, stellt neuitalienisch
orientierte Bilder aus, die wir ihm nachsehen
wollen, weil im Nebenraum eine Kollektion sei-
ner ausgezeichneten Lithos und Holzschnitte
ausliegt. Rössings Todfeind ist die Fabrik der
öffentlichen Meinung, die Presse; ihr widmet
er, mit Recht, wie uns scheint, seine bissigsten
Blätter und holt damit nach, was Grosz bislang
übersehen hat. Jeanne Mammen zeigt eine
Auswahl ihrer aquarellierten Zeichnungen, die
uns allwöchentlich im „Simplizissimus“ durch
die Schärfe ihrer Charakteristik amüsieren; da-
neben Ölbilder, zu denen es nicht reicht. Von
Käthe Knorr-Dreßler bukolische Zeich-

Muggly-Schüler Alfred Wiese und Adolf
Kranz füllen gemeinsam einen Raum und
stellen weitere Fortschritte unter Beweis.
Geradezu erfrischend ist der freundschaftliche
Wettstreit, in dem sich die beiden jungen
Künstler um die gleichen Motive bemühen. Es
ist immer noch nicht zu entscheiden, wer der
Begabtere von ihnen ist; doch sei Kranz an-
gesichts der beiden brillanten Frauenköpfe und
der an Derain erinnernden Landschaft gewarnt,
sich nicht im Artistischen zu verlieren. Paul
Kottenkamp erweist von neuem sein
großes Können als Schilderer des Tierlebens
und erreicht in der gewagten Zeichnung „Fla-
mingos“ einen absoluten Höhepunkt. Silber-
arbeiten von Wolfgang Tümpel verraten ein
ernstes Ringen um Gestaltung, ohne jedoch —
infolge ihrer intellektuellen Gesuchtheit —
überzeugen zu können. Drei ausgezeichnete
Aktzeichnungen von Arnold Rickert und
einige Plastiken Altenbernds runden die
Schau, auf der wir uns leider vergeblich nach
den Plastiken Wolfgang Meyer-Michaels um-
sehen.

MARGRAF&CO
GMBH
ANTI Q U ITÄTE N
B E LLEVU E STR. 6
BERLIN W9-TELEFON LÜTZOW 1148

Eine Ausstellung von Aquarellen, Zeich-
nungen und Plastiken des Berliners G. H-
Wolff schließt sich in den übrigen Räumen
an. Die Routiniertheit dieses in allen Sätteln
gerechten Stilistikers kann einen einheitlichen
Eindruck des Werkes nicht aufkommen lassen.
Einzellösungen wirken immer wieder erstaun-
lich, so ganz besonders eine Tuschzeichnung
auf rotem Grund, die drei unbekleidete skiz-
zierte und eine bekleidete, detaillierter darge-
stellte Frau zeigt. Eine schillernde und viel-
seitige Persönlichkeit spricht zu uns. Sie läßt


Kopf einesB uddha. Nordsiam, XI.-XII. Jahrh.
Bronze, H. 37 cm
Ausstellung — Exposition — Exhibition:
Galerie Alfred Flechtheim,Düsseldorf
im allgemeinen kalt, im einzelnen vermag sie
uns hier und da zu erregen und zu bewegen.
S-g
in Hannover:
Sammlung Tramm
im P r o v i n z i a 1 m u s e u m
Zu den wenigen Sammlern, die in der Stadt
Hannover ihren Wohnsitz haben, hat auch der
verstorbene Stadtdirektor a. D. Dr. Heinrich
Tramm gehört; durch letztwillige Verfügung
ist nun der größte Teil der Sammlung als Ge-
schenk der Stadt Hannover zugefallen und ist
zur Zeit ausgestellt. Tramm, der selbst aus
einer kunstsinnigen Familie stammte — sein
Vater hat als Hofbaumeister das Weifenschloß,
die jetzige Technische Hochschule, erbaut —
hat als einsichtsvoller Sammler ein bestimmtes
Gebiet bevorzugt und zwar die deutsche Malerei
des 19. Jahrhunderts. Diese lag ihm ganz be-
sonders am Herzen; auch in seiner Eigenschaft
als Oberhaupt der Stadt Hannover und als
Vorsitzender des Kunstvereins hat er sich sehr
für diese Kunst eingesetzt und eine besondere
Städtische Gemälde-Galerie sollte die auf seine
Anregung hin angekauften Bilder aufnehmen.
Die Kriegszeit und die nachfolgende Inflation
haben leider die Ausführung von Tramms
Plänen verhindert; die schon angekauften
Bilder wurden später in das Provinzial-Museum
überführt und bilden dort den Grundstock der
modernen Gemälde-Galerie. Tramms kleine,
aber mit sicherem Geschmack ausgesuchte
Privatsammlung bedeutet nun eine sehr glück-
liche Ergänzung der schon vorhandenen Werke.
Ein Mensch mit einem derartigen Temperament
wie Tramm mußte natürlich von einer
Künstlerpersönlichkeit wie Franz v. Lenbach
sehr gefesselt werden; von diesem Künstler sind
drei große repräsentative Bilder vorhanden.
Tramms ganze Liebe hat dann besonders dem
Leibi-Kreise gegolten. Von dem Meister selbst
ist allerdings nur ein kleiner Studienkopf einer
Bäuerin vorhanden. Auch Karl Schuch kommt
mit dem einen Bilde, einer etwas monotonen
Landschaft, nicht ganz genügend zur Geltung,
dagegen ist Karl Hagemeister mit drei Werken,
darunter der imposant wirkenden Welle, ausge-
zeichnet vertreten. Von den übrigen Münchener
Malern finden sich Namen wie Fritz August
v. Kaulbach, Albert Keller, Theodor Alt, Alois
Erdtelt u. a. Der andere Gegenpol der deut-
schen Malerei, Berlin, hat scheinbar eine nicht
so starke Anziehungskraft auf Tramm aus-
geübt wie gerade München. Hervorgehoben
müssen aber werden die wie ein alter Meister
wirkende Studie eines alten Mannes von der
Hand Adolf v. Menzels und drei Bilder mit
Landschaften von Max Liebermann. Der mo-
dernen Malerei stand Tramm etwas kühler
gegenüber, deshalb ist man desto erstaunter,
drei Bilder von Paula Modersohn-Becker zu be-
gegnen.
Dr. Fritz Wedekind
in Kassel:
Karl Bantzer
Der 75. Geburtstag Karl Bantzers ist deI
Anlaß, den Künstler durch eine repräsentative
Ausstellung seiner Werke in den Räumen der
Gemälde-Galerie zu Kassel zu ehren-
In dem großen Saal der Italiener und in sechs
kleineren Kabinetten sind jetzt für einig®
Wochen Bilder und Zeichnungen des Künstler^
zu sehen, die, von ihm selbst angeordnet, em
kluge Auswahl seiner mehr als fünfzigjährig®
künstlerischen Tätigkeit darstellen.
Hauptraum nehmen die großen Bilder
durch ihre Tracht berühmten Schwäl®.^
Bauern beim Kirchgang und beim Tanz e
 
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