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Zeitschrift für christliche Kunst — 17.1904

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Kleinschmidt, Beda: Der mittelalterliche Tragaltar, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4094#0022

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1904. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1.

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nischen Portatilien im Domschatze zu Merse-
burg und Maestricht und in der Kapelle des
Gurker Domkapitels zu Klagenfurt. Das erste
besteht aus einem Eichenklotz (35 X 22,5 X
6,3 cm), worin oben der Altarstein eingelassen
war. Die Seiten waren mit getriebenen Metall-
(Messing?) Plättchen bekleidet, von denen noch
folgende erhalten sind: Maria Verkündigung,
Geburt Christi, Ochs, Esel und Stern, Passions-
gruppe, Petrus und Paulus und einige andere
Heilige. Es ist eine Arbeit von archaistischer
Roheit aus dem XII. Jahrh.101) — Das Altärchen
in Maestricht (19 X 15 X6 cm), gewöhnlich
Servatius-Portatile genannt, da der hl. Ser-
vatius es benutzt haben soll, besteht aus einem
grofsen Serpentin, der in ein Holzkästchen
eingelassen ist; letzteres ist auf der obern Seite
und an den Seiten rän-
dern mit gestanzten
Laubornamenten be-
kleidet.102) — Der Altar
zu Klagenfu rt (31 X
25,5 X 5 cm) mit Ver-
deantico und vergol-
deten Silberplatten
zeigt auf der Deck-
platte die Evange-
listen - Symbole und
Christus und Maria in
gemischter Technik;
die Hauptrisse sind
durch Goldpunze ein-
geprägt, die feineren Partien graviert; an den
Langseiten erscheinen zweimal dieselben Figuren:
Christus zwischen Maria und drei Aposteln. Die
Wiederkehr derselben Figuren erklärt Hann durch
die Anwendung geschnittener Stempel; an den
Seiten gestanztes Blattwerk mit beflügelten
Drachen. Die seltene Technik verleiht dem
Monumente einen besondern Wert. Italienischer
(?) Herkunft. Um 1200103) — An die beiden

Abb. 3. Sammlung Schnütgen, Köln.

101) »Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz
Sachsen«, Kreis Merseburg (Halle 1883) 129 ff. Fig.
131 ff.

,w) Bock et Willemsen, »Antiquite's sacre>s
de S. Servais et de Notre Dame a Maestricht« (1873)
77 (mit Abb.). Der Schatz von S. Servais enthält
noch zwei Steinplatten in Metallfassung aus dem
XlU.Jahrh., welche ehedem wohl als Tragaltäre dienten.

10*) Hann in .Carinthia I" »Mitteil, des Geschichts-
vereins für Kärnthen« 86 (Klagenfurt 1896) 85 ff.
Ebendas. S. 15 wird ein Portatile mit Serpentinstein
und Dekoration aus grünem und rotem Wachs bei
Konservator Gräfser zu Guttaring in Kärnthen erwähnt.

von P. Braun publizierten Altärchen im Dom-
schatz zu Fr ei bürg i. Br., deren ornamentale
Verzierung teils durch Stanzen teils durch
Punzen ausgeführt wurde, sei hier nur kurz
erinnert (s. »Zeitschr. f. christl. Kunst« XVI,
41 ff.).

c) Von Tafelaltärchen, deren vorzüglichster
Schmuck durch Email erfolgte, wissen wir
aufser dem Augsburger Portatile nur den viel-
fach erwähnten Fides-Altar zu Conques
(De"p. Aveyron) zu nennen, wohin er aus
der nahen Abtei Foy gelangte (29 X 20 cm).
Der Altarstein — eine Alabasterplatte — ist
von einer Metallplatte umgeben, die mit
Filigran, Edelsteinen und Emailmedaillons fast
ganz bedeckt ist. Letztere repräsentieren an
den Schmalseiten Christus und das Agnus
Dei, an den Langseiten
Maria und die hl. Fides,
(mit Inschrift um qua-
dratförmigen Nimbus)
und zwei unbekannte
Heilige, in den Ecken
die Evangelistensym-
bole. Die Emailbilder
sind durch Zellen-
schmelz hergestellt,
was dem Monumente
nicht zuletzt seine Be-
deutung verleiht. Es
wegen dieser Tech-
nik und wegen des
quadratförmigen Nimbus mit Labarte und Bock
einem byzantinischen oder italienischen Künstler
zuzuschreiben, geht aber nicht an, ebensowenig
wie man mit Rupin die Deckplatte als ehe-
maligen Buchdeckel bezeichnen darf, weil er
damit eine allerdings grofse Ähnlichkeit hat.
Die schöne Arbeit stammt aus dem Ende des
XI. Jahrh. — Wir verzeichnen gleich hier noch
ein zweites Altärchen zu Conques (24x14
X 4,6 cm), dessen roter Porphyrstein von einem
mit Perlen und Filigran reich verzierten Silber-
rahmen eingefafst wird. Figurenschmuck trägt
das Monument nur an den Seitenflächen, wor-
auf unter rundbogigen Arkaden Christus,
Maria, die Apostel und Evangelisten eingraviert
sind, die Gravüren wurden durch Glasflufs aus-
gefüllt. Die ganze Arbeit zeigt eine grofse
Korrektheit und Sorgfalt in der Ausführung.
Wo aber entstanden diese beiden Monumente?
Mit Molinier möchten wir den Verfertiger dieser
schönen Altärchen unter den Laienbrüdern
 
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