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Zeitschrift für christliche Kunst — 17.1904

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Kleinschmidt, Beda: Der mittelalterliche Tragaltar, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4094#0023

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1904. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1.

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der reichbegüterten Abtei S. Foy suchen, die
nach dem Berichte eines alten Chronisten durch
den Abt Begon III. (1087—1107) mit Evan-
gelientexten und andern Kostbarkeiten be-
reichert wurde.104) Auf dem zweiten Altar
wird Begon ausdrücklich durch eine Inschrift
als Urheber dieses Werkes bezeichnet, welches
im Jahre 1106 konsekriert wurde.105)

d) Endlich sollen noch einige Tafel-Altäre
erwähnt werden, deren Ausstattung nicht durch
verzierte Metallbekleidung, sondern auf andere
Weise bewerkstelligt wurde. Es sind dies
durchweg Monumente aus gotischer Zeit. Da
ist in dem Dom zu Halberstadt106) ein
Altar aus einer Marmorplatte in starkem Eichen-
rahmen mit eingesetzten, gotisierenden Orna-
menten (12x10,5 cm), — im Kensington
Museum zu London107) eine Jaspistafel in
Holzrahmen mit acht Glasplättchen, worunter
Miniaturgemälde der Evangelistensymbole und
von vier Heiligen (29 X 22 cm) — im Ger-
manischen Museum zu Nürnberg108) vom
Jahre 1499 eine Platte von Solenhofer Stein
in Rahmen von mehrfarbigem Holze (46x46o»)

— zu Diebolsheim bei Schlettstadt109) ein
Stein mit italienischer Marqueterie, im Jahre
1501 der Kirche geschenkt (24 X 17,5 X 1,2 cm)

— in St. Emmeran zu Regensburg110) ein
Stein (Verdeantico) in Holzfassung, konsekriert
1526 von Weihbischof Peter Kraft.

Den Schlufs dieser ersten Gruppe mögen
zwei schlichte Altärchen der Sammlung des
Herrn Domkapitular Dr. Schnütgen (Köln)

104) »Chronicon monasterii Conchensis«, ap. Mar-
tine, »Thesaurus nov. anecdot.« III, 1388.

%) Vergl. aufser den beiden Monographien:
Darcel, »Tresor de 1'iSglise de Conques«, Paris 1861,
und Bouillet, »L'eglise et le tr6sor de Conques«,
Mäcon 1893 (beide mit Abb.). »Annales arch6o-
'ogiques. XVI, 77. Rohault de Fleury pl. 344.
R"pin, »L'oeuvre de Limoges« p. 72 (Fig. 134 - 137).
Labarte, »Histoire« I, 420; III, 28. Bock, »By-
zantinische Zellenschmelie« 336 f. Mo linier, »Hi-
stoire generale« IV, 1171, der die Hypothese Rupins
ebenfalls ablehnt. Über den viereckigen Nimbus
vergl. Didron in »Annales archeologiques« IV. 290.
106) Hermes, »Der Dom tu Halberstadt« (1896)
126. Ein daselbst S. 131 abgebildetes und als Reise-
altärchen bezeichnetes Monument ist nur Devo-
tions-Diptychon. Vergl. ferner Döring, »Bau- und
Kuustdenkmiler von Halberstadt. (1902N 27.'.. 296.

,07) RohauM de Fleury V, 41.

) »Katalog der im Germanischen Museum befind-
lichen kirchlichen Gegenstände. '1*71) Nr. 5.

10t) »Bulletin monumental« IX, 78.

uo) v. Walderdorff, »Regensburgc S. 354.

bilden. Das erste hat fast quadratische Form
(35 X 34 cm) und besteht aus einem Schiefer-
stein in modernem, kunstlosem Holzrahmen.
Die eine Seite des Steines zieren fünf Kreuze
mit gleich langen, ausladenden Balken, vier
kleinere in den Ecken schliefsen ein gröfseres
in der Mitte ein; auf dieser Seite wurde jeden-
falls die Konsekration vorgenommen. Auf der
Rückseite des Steines sind drei Jagdhörner
angebracht, zweifellos das Wappen des Geschenk-
gebers. Das Monument stammt wohl aus dem
Ende des XVI. Jahrh. (Abb. 2).110a) — Besser
i erhalten ist das zweite Altärchen. Der Stein
befindet sich noch in der ursprünglichen Holz-
fassung, die ihn auch an der Rückseite be-
kleidet; es ist ein einfacher, bräunlich ange-
strichener Holzrahmen, der mit quadratischen
Mustern verziert ist (31 X 42 cm). Der Kalk-
stein von oblonger Gestalt (30 X 19 cm) ist
durch eine bandartige Verzierung in sieben
Felder von verschiedenem Umfange eingeteilt.
In dem mittlem, gröfsern Felde sieht man ein
von der Lanze verwundetes Herz, dessen engere
Umrahmung ein Spruchband, dessen weitere, sehr
dekorative Einfassung ein grofser, das Ganze
beherrschender Strahlenkranz bildet. Die obern
kleinern Felder sind gröfstenteils von zwei
nageldurchbohrten Händen, die untern Felder
von zwei ebenfalls aus Wolken herausragenden
Füfsen ausgefüllt; den noch freien Raum dieser
Felder, die an einer Ecke eine halbkreisförmige
Erweiterung mit einem Kreuzchen haben, nimmt
ein Blattornament ein. Es braucht wohl kaum
gesagt werden, dafs hier die heiligen fünf
Wunden des Erlösers dargestellt sind, deren
Verehrung namentlich im Franziskaner-Orden
immer sehr in Übung war. Das Altärchen stammt
wohl aus einer Franziskaner-Kirche, wie die
zwischen Hand und Fufs der linken Seite an-
gebrachten Buchstaben F M (Fratres Minores)
vermuten lassen. Auf der entgegengesetzten
Seite gibt die Zahl 1524 die Entstehungszeit des-
selben an. An der Vorderseite des Rahmens
befindet sich eine geschlossene Versenkung,
durch welche die Reliqien in den vorne aus-
gehöhlten Stein geschoben wurden, ein ein-
faches, aber merkwürdiges Denkmal. (Abb. 3).

(Forts, folgt.)
Amaseno (Italien). Beda K 1 einsc hmidt, O. F. M.

1'Oh) Ein Wappen mit drei Jagdhörnern führte das
Geschlecht von Goor oder Goer. Vergl.Fahne, »Denk-
maleder Gräfl. Familie von Bocholt«, (Köln 1807)IV, 10.
 
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