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Zeitschrift für christliche Kunst — 17.1904

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Halm, Philipp Maria: Zur marianischen Symbolik des späteren Mittelalters, [2]: Defensoria inviolatae virginitatis b. Mariae
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https://doi.org/10.11588/diglit.4094#0121

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1904.— ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

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Am 29. September 1440 folgte die Grün-
dung der Bruderschaft des „Ordens Un-
serer lieben Frauen zum Schwan" und die
Ernennung der ebengenannten Marienkirche zur
Mutterkirche des Ordens. Schon 1437 waren
Kurfürst Friedrich I. und seine Söhne Fried-
rich II. und Albrecht Achilles der schwäbi-'
sehen Ritterschaft des St. Georgenschildes bei-
getreten, die sich „Maria, der hochgelobten
Himmelskönigin, zu Lobe" gebildet hatte. Mit
diesem Eintritt in die Ritterschaft hängt es
zusammen, dafs Albrecht Achilles dann eine
dem hl. Georg gewidmete Kapelle bei St. Gum-
bertus in Ansbach erbaute, welche später

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Zeit, als die Altöttinger Türen entstanden.
Mit dem ersten Viertel des XVI. Jahrh. hört
die Anwendung dieser auf Maria bezüglichen
Tiersymbole auf; man darf dies wohl auf
Rechnung des grofsen Glaubenssturmes setzen.
Wir konnten beobachten, dafs sich die bil-
dende Kunst in den meisten Fällen auf vier
bis sechs derartiger Möglichkeitsbeweise be-
schränkte; die umfangreichste Behandlung des
Themas in der angewandten Kunst lernten wir
in den Deckenbildern der siebenten Arkade
des Brixener Kreuzganges kennen, in der wir
neben den dem Physiologus entnommen Bei-
spielen noch Stoffe der antiken Sage als Be-

1

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Abb. 2 u. 3. Miniaturen des (Defensorium B. M. V.....d l.it. 1807 der Miinchcner Hof- und Staabbibliothl

(1457 bis 1460) zur Tochterkirche des Ordens
für Franken erhoben wurde. Markgraf Al-
brecht errichtete 1484 eine reiche Stiftung, die
in der Hauptsache den Ehrungen der Jungfrau
Maria in der Mutterkirche des Ordens ent-
sprach. Hieraus erhellt zur Genüge, wie hoch
entwickelt der Marienkultus bei St. Gumbertus
gewesen sein mufs, und hieraus dürfte sich
wiederum leicht erklären, warum man bei dem
Neubau des Chores der alten Kirche (1501 bis
1523)5), der heute fälschlich Schwanenritter-
kapelle genannt wird, das auf die jungfräuliche
Mutter zu beziehende Symbol des Löwen mit
den Jungen anbrachte, ungefähr also zu der

*) »Anzeiger f. Kunde d. deutschen Vorzeit« XIV
(1867) S.42.

weise herangezogen sehen. Schon die regel-
mäfsige Wiederkehr bestimmter Szenen, mehr
aber noch die den Brixener Bildern beigefügten
Verse legten mir die Vermutung nahe, dafs
wir selbst in den zwölf Brixener Gleichnissen
nicht die Vollzahl der Beweise für die Virgini-
tas inviolata B. M. besitzen dürften. Die Ver-
mutung fand Bestätigung durch die Herbeiziehung
mittelalterlicher Handschriften, sogenannter
„Defensoria beatae Mariae virginis", die wir
schon mehrfach zur Ergänzung der fehlenden
Verse beiziehen konnten. Die mir bekannten
Defensorien schwanken zwischen 42 bis 46
Variationen des bekannten Themas. Da der
Wert und die Bedeutung dieser Defensorien
für die christliche Symbolik des Mittelalters
bisher noch nicht genügend gewürdigt wur-
 
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