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Zeitschrift für christliche Kunst — 21.1908

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Hasak, Max: Karl der Große ist sitzend auf einer Art goldenem Thron begraben worden, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4126#0053

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77

1908.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

78

BE



Schon der Platz seitlich im Umgang war
ein so untergeordneter, daß es ganz aus-
geschlossen erscheint, man habe den Kaiser
des gesamten Abendlandes, den Stifter und
Vollender des in Reichtum strahlenden Gottes-
hauses dort bestattet. Daß er aber nicht
einmal ein
ganzes Feld
für sich und
sein Grabmal
erhielt, daß
er beiseite

geschoben
wurde, bei-
seite gescho-
ben neben
was? - das
erscheint mir
so völlig un-
denkbar, daß
dieseAnnah-
me eigentlich
keiner Wi-
derlegung
bedarf. Dort
ist Karl nicht

beigesetzt
worden.
Selbst der
entthronte
und verbann-
te König De-
siderius nebst
seiner Gattin
ist, wie Prof.
Buchkremer
angibt, vor
dem Eingang
zum Chor be-
graben wor-
den. Auch
Kaiser Otto
III. ruht „in
der Mitte der

CT INI. Lib. XXXII.



ANN. C HB.

Qnanro ftiidin in fanAi Benedict! regtilam & inftitimim affccVus fiicrit jyiflimiis
priuccpS) ai'gumento funt in primis moniiteriaab co vclcondica, vd infaurau, de

HHhhiij

Grabmal Ludwigs des Frommen,
.ic uci

Kirche". Und den großen Karl wird man
abseits in der Ecke eines Wandfeldes be-
stattet haben? Dagegen hilft auch die Be-
hauptung nichts, das Mittelalter sei nicht so
auf die Mittellinie versessen gewesen wie
wir. Ich behaupte das Gegenteil. Das
Mittelalter hielt bei Monumenten genau so
auf Symmetrie, Achsen und Mittellinie
wie wir.

Auch erscheint es mir ganz ausgeschlossen,
daß das Grabmal so dürftig ausgestattet ge-
wesen sei, daß man als Rückwand eine rohe
Bruchsteinwand mit blauer Farbe angestrichen
und eine Anzahl Goldsterne daraufgesetzt habe.
Unmöglich waren die Wände zu Karls

Zeiten ge-
tünchtes
Bruchstein-
mauerwerk
ohne Putz!

Petrarca
findet 1333
einen mar-
mornenTem-
pel vor.3) Wo
soll der Mar-
morgesessen
haben? Nur
am Fußbo-
den ? Dar-
über hätte
kaum jemand
ein Wort ver-
loren. Das
Bedenklich-
ste aber, und
was am mei-
sten der An-
nahme Prof.
Buchkremers
widerspricht,
ist die Tat-
sache, daß
er sämtliche
Schriftsteller
„nicht wört-
lich" nehmen
muß. Keiner,
selbst Ein-
hart und
Thietmar
nicht, hat die
Bestattung,

das Grabmal und die Öffnung des Grabes
durch Otto III. richtig beschrieben.

Dieser Art vorgefaßter Meinung bin ich
zum öfteren begegnet. Gegner des Mittelalters
beschuldigen die Schriftsteller und Urkunden-
schreiber dann sofort der Fälschung, wenn
deren Aussagen nicht zu ihrer Ansicht passen.

3) »Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins« (1907)
S. 106.
 
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