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Zeitschrift für christliche Kunst — 21.1908

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Schmid, Andreas: Der Rosenkranz und seine christlichen und unchristlichen Brüder
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https://doi.org/10.11588/diglit.4126#0105

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175

1908 — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

176

Es besteht aus 33 pfirsichgroßen, knorrigen
Perlen und endet in einen Madonnenkopf
Ab b.I). Einen Herrnrosen-
kranz haben auch die nicht
unierten orthodoxen Grie-
chen (Abb. II, 3). Beiletzterm
Rosenkranze(ComboIogium),
welcher zumeist in Klöstern
üblich ist, werden je nach
dem Eifer des Beters ohne
Einsätze Vater unser in
beliebiger Anzahl anein-
ander gereiht. Verwandt
mit dem griechischen Rosen-
kranze ist jener der Philip-
ponen, einer im XVII. Jahrh.
aus Rußland nach Preußen
ausgewanderten Genossen-
schaft (Fig. III). Dieser
Rosenkranz besteht aus
Leder und zählt 109 Ringe
und endet in drei gleich-
schenklige Dreiecke, von
denen das mittlere aus den
andern zwei hervorragt, um
auszudrücken, der hl. Geist
gehe von Vater und Sohn aus.
Merkwürdig ist, daß selbst
heidnische Religionen
Rosenkränze in Form von
Gebetsschnüren kennen. Wir wollen einzelne
derselben anführen. Schon im V./VI. Jahrh.
n. Chr.
begegnet
uns eine
Abbild.
(Abb. IV)
des indi-
schen
Glücks-
gottes
Civa (Si-
va) mit

einem
Kranzein
der rech-
ten Hand;
daneben
seine Ge-
mahlin
Pärvati,

Tochter des Gebirges Himavant. Eine andere
gleichartige Darstellung'dieser Gottheiten findet

Abb. III.
Rosenkranz der Philipponen.

Abb. IV.

sich in einer Felsenskulptur aus frühchrist-
licher, buddhistischer Zeit im Tempel Badami.
Noch jetzt sind solche Ge-
betskränze bei den Budd-
histen im Gebrauch. Das
Abb. II, 4 abgebildete Exem-
plar stammt aus Putempally
in Vorderindien. Es enthält
86 Perlen. Es gibt sogar
zwei Arten mit kleiner Ver-
schiedenheit für Männer und
Frauen.

Statt der Schnüre be-
dienen sich die budd-
histischen Bewohner des
Hochlandes Tibet einzelner
Gebetsrollen (Abb. II, 5). Die
hier abgebildete Rolle im
Eigentum des Georgianums
besteht aus sehr feinem
Seidenpapier und ist 20
Meter lang; 36 mal wieder-
holt sich in Sanskritschrift
die Formel: Gott, du weißst
dies. Die Rolle wird in
geschlossener Form ent-
weder von der Hand um-
gedreht oder in größerer
Form gleich in das Wasser
gesetzt und von der Strö-
mung umgedreht (Gebetsmühle). Ein be-
quemeres Gebet ist nicht mehr möglich.

Wäh-
rend der
buddhisti-
sche Ro-
senkranz
keine be-
stimmte
Anzahl
von Kör-
nern hat,
zählt man
bei dem
türki-
schen
(Abb.II,2)
genau 33.
Derselbe
hat mit
dem drei-
fachen katholischen Rosenkranze (Psalter) ge-
meinsam, daß er auch dreifach mit 99 Perlen

Gott Siva mit Perlenkranz in rechter Hand und seine Gemahlin Pärvati,
ca. 6. Jahrh n. Chr.
 
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