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Zeitschrift für christliche Kunst — 21.1908

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Graus, Johann: Von Freisings deutscher Kolonisation in den Ostalpenländern: Kirchliche Denkmäler
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https://doi.org/10.11588/diglit.4126#0107

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179

1P08. ■

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

180

Freising einen immer größeren Besitz zuwegen,
zur gleichen Zeit etwa, wo auch das kirch-
liche Zentrum Salzburg unter dem h. Rupert,
Virgil, und besonders unter dem Bischof
Arno (785—821) ausgedehnte Landstriche
durch Christianisierung gewann und als geist-
liche Metropole 811 der anerkannte Nachbar
des uralten Patriarchates Aquileja geworden
ist. Des Bistums Freisings Herrschaft machte
ferner Fortschritte in das Herz von Kärnten
hinab zum Wörthersee bei Klagenfurt und
ostwärts nach der jetzigen Landeshauptstadt
in der Umgebung von Völkermarkt 822. Im
kärntnerischen Lande erhielt Freising später
jedoch vom Deutschen Reiche her einen Ge-
nossen gleichartigen Strebens in dem durch
Kaiser Heinrich d. Heil, gegründeten Bistum
Bamberg, welchem 1007 von seinem Stifter
außer vielen anderen Schenkungen auch die
Grafschaften Vi 11 ach und Wolfsberg zuteil
wurden und für Jahrhunderte verblieben sind.*)
(C. Ghon: Geschichte d. St. Villach 1901).
Aber bleiben wir nur bei Freising, Bayerns
Erzbistum, St. Korbinians Urstiftung, was das-
selbe in unsern Alpenländern durch seine
lebenskräftigen Kolonisationsbestrebungen mehr
erzielt und erreicht hat. Da erfährt man,
daß es bald nach dem Seßhaftmachen im Ein-
tritstale zu Kärnten auch im benachbarten
Krain, dem entlegensten Südoststriche deut-
schen Reiches festen Fuß fassen konnte. Die
Protektion, welche erstmals die Bayernherzöge
für Freisings Hochstift bekundeten, setzten
rasch die Kaiser fort. Otto I. hatte dem Stift
Inichen sogar in Italien (Chogno bei Treviso
und Godego im Venetianischen) Güter ge-
schenkt 972 und gleich darauf, 973 überließ
Otto II. dem Bistum Freising jenen Eigen-
besitz in Oberkrain, der die eigentliche
Zentrale seiner Kolonien in dieser südlichsten
Ecke des Reiches werden sollte. Ich merke
noch an, wie nicht lange darauf die Freisinger
Bischöfe auch in Unterkrain (Nassenfuß,
Gutenwörd, Lack an der Gurk, Möltnik usw.)
Eigentum erhielten, wie sie durch Kaisers
Heinrich IL Großmuth im Ober steieri-
schen Murtale zunächst durch die Orte
St. Peter am Kammersbeig, Oberwölz mit

*) Ich beziehe mich hier auf die neueste Arbeit
Dr. Fr. X. Zahnbrecher: „Die Kolonisationstätigkeit
des Hochstiftes Freising in den Ostalpenländern'1 S. 56
bis 139, Beitrag zur Gesclrchte des Erzbistum München-
Freising X Band 1907.

den Burgen Katsch und Rotenfels sehr be-
deutenden Ansitz erlangten, infolge der Schen-
kung von 1007, endlich auch in Nieder-
österreich eine Anzahl vereinzelt gelegener
Orte schon um 830 erwerben konnten. Das
Wirkungsfeld des Freisinger Bistums in den
österreichischen Kronländern war ein so weites,
seine Kolonisations- und Kulturbestrebungen so
erfolgreiche, daß sie nach jener Salzburgs die
oberste Stelle einnehmen und auch bis zum
heutigen Tage kenntliche Spuren inmitten
fremdartig gewordener Umgebung hinterlassen
haben. Deutsche Kolonisten Freisings und
seine Deutschlands Gebräuchen entnommenen
Wirtschafts- und Verwaltungsnormen haben
hier gewirkt und jetzt, wo es lange schon
keine Freisingisch bischöfliche Regierung in
den Ostalpengauen mehr gibt, wo speziell in
Krain, das ich hier allein nur berücksichtigen
will, das slavische Nationalwesen, einst durch
die deutschen Ansiedler aus der dominieren-
den Stellung zurückgedrängt, im regen kultu-
rellen Fortschreiten die ursprüngliche Seß-
haftigkeit aufs neue zur Geltung gebracht hat,
sind doch zur Stunde viele deutsche
Namen für slovenische Orte und Familien
vorhanden, unverkennbare Erinnerungen an
das kräftige Walten des bayrischen Erzbistums
und seiner zugewanderten deutschen Hörigen.
Die Ortsnamen: Dörfern, Ermern, Wertern,
Winkel, Ehrengrub, Donterskofl bei Zarz,
Feichting, neben den Schloßnamen: Burgstall b.
Lack, Ehrenau, Schrottenthurn, die Familien-
namen: Schiffrer, Haffner, Kustermann, Schnei-
der, Kaiser, König, Logonder, Golonder (Hol-
lunder), Sicherl, Hirschenfelder, Müller, Langen-
holz, Wohlgemut usw., die alle im Gerichtsbe-
zirk Bischoflak konstatiert werden, sind
reichlicher Beleg dafür. *) Weit mehr als die noch
in völlig slavischer Umgebung forterhaltenen
deutschen Namen erscheinen die kirchlichen
Kunstdenk male als Zeugen der von Deutsch-
land her eingebürgerten Kultur in ihren mittel-
alterlichen und nachmittelalterlichen Stilformen,
deren Vorlagen nur auf dem Boden des

*) Bischoflak und sein Gebiet anlangend erschien
1894 im „Dom in svet" zu Laibach eine Art Mono-
graphie vom hochw. H.Franz Pokorn, Pfarrer zu
Oberfesnitz. Viele oben verzeichnete Daten sind dieser
verdienstlichen Arbeit entlehnt; den Hinweis auf das
ganze Denkmälergebiet dieses Landstriches verdanke ich
dem verehrten Freunde Pr fessor Dr. Franz Stano-
nik, der eigentlich in dieser seiner Heimat mich ein-
geführt hat.
 
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