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Zeitschrift für christliche Kunst — 21.1908

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Schnütgen, Alexander: Zwei kölnische Hinterglasmalereien der Spätgotik
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https://doi.org/10.11588/diglit.4126#0116

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190 8. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

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und durch Schlie in dieser Zeitschrift (VIII,
278/79) abgebildet wie beschrieben ist, als
eine, wohl lokale, Schöpfung von zeichne-
rischem, farblichem, ikonographischem Wert
und hoher technischer Bedeutung. — Schon
früh hat diese Technik auch in Köln Eingang
gefunden, zunächst, wie es scheint, als Rahmen-
verzierung für hölzerne Reliquientafeln, wie
sich solche noch in der Minoritenkirche be-
finden. Ganz dünne Glasstreifen und -Rosetten,
offenbar den Emailbörtchen der spätromani-
schen Reliquienschreine nachgebildet, sind mit
roten bzw. schwarzen Farbstrichen oder
-Musterungen versehen und darüber mit Gold-
staub hinterlegt, der also Grund oder Dessin
bildete, zugleich die Deckung. Diese ebenso
leicht herstellbaren, wie wirkungsvollen Dekora-
tionsplättchen wurden dann durch Kitt auf
dem etwas vertieften Holzgrunde befestigt.

Solche Verzierungsstücke von rückseits
durch Gold und Farbe bemaltem Glas hatten
in der italienischen Marmorarchitektur, nach
dem Vorbilde der sogen. Kosmatenmosaiken
des XI. und XII. Jahrh., ein Jahrhundert später
sporadische Verwendung gefunden, z. B. an
dem glänzenden Baldachinaltare in Or San
Michele zu Florenz. Auch die St. Chapelle
zu Paris verdankt ähnlich behandelten, nament-
lich dem reichen und zierlichen Maßwerk ein-
gestreuten Glasstücken ein gutes Teil ihres
leuchtenden Glanzes, der gleichfalls an den
Konsolen der hochgolischen Apostelstand-
figuren im Kölner Dom noch vorherrscht.
Verwandt erscheinen hier die gleichzeitigen
Marienglasquadrate, die auf der Rückseite be-
malt und vergoldet, an den Außenwänden der
Chorschranken den Gemälden als Hintergrund-
schmuck sich noch eingestreut finden.

Der Folgezeit blieb es vorbehalten, diese
Technik aus den engeren Grenzen des ornamen-
talen Betriebes in den Dienst der Tafelmalerei zu
stellen. Die Überbleibsel sind nicht zahlreich,
aber doch ausreichend, um in ihrer Eigenart
erkannt und in ihrer Bedeutung gewürdigt
werden zu können. An den beiden hier ab-
gebildeten Beispielen meiner Sammlung, von
denen das größere in einer Heberleschen
Versteigerung, das kleine aus dem Nachlaß
Ramboux erworben wurde, mögen sie näher
erläutert werden.

Die Anbetung der drei Könige (Abb.l),
in altem Holzrahmen, ist auf die Rückseite

einer stark gewellten dadurch leuchtende Reflexe
bietenden Glastafel (22 ä 28 cm) gemalt.
Außer den Grisaillefieischtönen, die allein als
Deckfarben erscheinen, sind nur noch Schwarz.
Dunkel- und Hellrot, sowie Lichtgrün verwandt,
mehr oder weniger als Lasurtöne, bei denen
das die ganze Tafel beherrschende Gold durch-
scheint, selbst den schwarzen Partien einen
gewissen Schimmer mitteilend. Hieraus ergibt
sich schon, daß der Maler, der natürlich die
Tafel zwischen den Augen und dem Pinsel
halten mußte, zuerst die farbigen Partien auf-
zutragen hatte, viele nur als Linien oder
Schatten, zuletzt das (die ganze Rückseite
bedeckende) Gold, für dessen Anbringung,
namentlich in den Schmucksachen, die Aus-
radierung sich empfahl. Dem so zumeist
lasierenden Verfahren ist die selbst dem Email-
leur nicht erreichbare zauberische Goldwirkung
vornehmlich zu danken. Bei dem Entwurf
hat dem Maler offenbar das Dombild als Vor-
lage gedient, von dem er hinsichtlich der
Komposition den mittleren Ausschnitt sich an-
eignete unter vollständiger Umgestaltung des
ganz im Geiste der Spätgotik behandelten
Hintergrunds, wie der sonstigen Einzelheiten.

St. Veronika (Abb. 2), im ursprünglichen
Holzrahmen, ist ebenfalls auf die Rückseite
einer im Blasen noch wellenförmiger geratenen
Glastafel (18 a 28 cm) gemalt, in noch stärkerer
Verwendung von Lasurtönen, aber in geringerer
Hervorkehrung des fast nur auf Nimbus und
Architektur beschränkten Goldes, obwohl auch
dieses offenbar die volle Deckung bildet. Das
Grisailleinkarnat zeigt einen Hauch von Farbe,
und neben Rot, Grün nnd Schwarz herrscht
(in dem Schweißtuch) das Violett vor. Die
Zeichnung, die auf einen kölnischen Meister
aus dem Anfange des XVI. Jahrh. zurückweist,
ist von großer Feinheit, und die Technik läßt
wie an Delikatesse, so an Schönheit nichts zu
wünschen übrig.

Angesichts dieser Sicherheit ist es nicht
auffällig, daß die Technik sich bald auch der
Kleinkunst bemächtigte zum Schmuck für Gerät,
(wie auf der Kehrseite vom] Kußtäfelchen im
Kölner Domschatz, vergl. diese Zeitschrift II,
305), aber auch zu farblich höchst wirkungs-
vollen Anhängern, die im XVI. Jahrh. stark
verbreitet waren. Über sie wie über die
weitere Entwicklung dieser Technik soll später
berichtet werden. Sehnüigen.
 
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