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Zeitschrift für christliche Kunst — 21.1908

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Poellmann, Ansgar: Die Signierungsweise des Meisters von Meßkirch
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https://doi.org/10.11588/diglit.4126#0154

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267

1908.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

268

gezeichnet. Um so seltsamer muß diese Außer-
achtlassung erscheinen, als das Blid im Jahre
1845 in München einer Reinigung unterzogen
wurde.) Das war der Ausgangspunkt meiner
langen Bemühungen .... Der Name des
Meisters von Meßkirch lautet Jerg Ziegler,
und dieser Name ist auf allen Hauptbildern
(zum Teil auch auf den sonst ja bei Signierung
nicht in Frage kommenden Flügelbildern) in
meist brauner Farbe mit einem feinsten Stich-
pinsel, mit Federkiel oder mit der Schnepfen-
feder in die letzte Farbschicht eingeschrieben
und zwar in den Modifikationen Jerg, Jerg z,
Zieg, Jerg Ziegler". (S. 421).

Diese Signierungsweise hängt aufs innigste
zusammen mit der Maltechnik Zieglers, die
von Prof. Lange (Tübingen) vorerst einmal als
Öltempera bezeichnet wurde. Eine chemische
Untersuchung lieferte keine genügende Aus-
kunft. Bayersdorffer riet beim Inkarnat auf
ein lackartiges Bindemittel. Einen leichten
Ölzusatz hat Jerg Ziegler sicher zugefügt.
Nachdem er in starken Konturen den Vor-
wurf aufgezeichnet, untermalt er das ganze
Bild mit einem stimmungsvollen Tone und
arbeitet alsdann, unter Festlegung der Lokaltöne,
mit reinen Lasuren, so zwar, daß vielfach die
Zeichnung des Kreidegrundes durchschimmert.
Meiner Ansicht nach aber besteht sein Haupt-
geheimnis in der Bereitung des Kreide-
grundes. So gleichmäßig, sprunglos, steinhart,
glanzausstrahlend hat kein deutscher Maler
wieder den Grund zur Aufnahme seiner
Schöpfungen bereitet. Bei Jerg Ziegler hat er
den Charakter des Alabasters. Den Schäufelein-
schen Traditionen gemäß, die von den Dürer-
schen Flachbildem stammen, und dem Lasur-
verfahren entsprechend, hat der Meister von
Meßkirch über dem fertigen Bilde viel mit
dem konturierenden Spitzpinsel und dem
Federkiel gearbeitet. Selbst seine Fresken in
Heiligkreuzthal bei Riedlingen an der württem-
bergischen Donau (bisher nicht identifiziert)
tragen den Charakter der ins Monumentale
erhobenen Federzeichnung. So kam es nun
von selbst, daß Ziegler seinen Namen in
eine stille Ecke seiner Bilder in kaum sich
abhebender Farbe einschrieb. Die Zeichen
sind nicht höher als 1—2 mm. Das wunder-
bar scharfe Auge, das unserem Meister eine
genau optische Angleichung der Komplementär-
farben gestattet, vermochte die feinfühlige Hand
zu leiten, so daß es ihr gelang, Namen und

Zahlen mitten auf den exponiertesten Farb-
flächen anzubringen, ohne daß sie den harm-
losen Beschauer stören. Alles dies paßt zu
dem Charakterbilde eines bescheidenen und
doch dabei mit eigensinniger Konsequenz
rastlos arbeitenden Menschen.

Ich führe hier zunächst einen sehr viel
vergrößerten Ausschnitt aus dem Stuttgarter
Benediktusbilde vor. Er wurde nach langen
vergeblichen Versuchen unter meiner Leitung
hergestellt in der Eberhard Schreiberschen
Kunstanstalt in Stuttgart. Das Bild wurde
dabei einem Reflektor von mehreren Bogen-
lampen violetten Scheines ausgesetzt und
direkt im Aufnahmeverfahren vergrößert. Links
auf dem hellbraunen Felsen über dem grünen
eichenlaubartigen Busch steht mit ein klein
wenig dunklerer Farbe: 1524 und Jerg z. Die
Eigentümlichkeiten des Schriftduktus liegen
natürlich in der Vergrößerung. Sowohl Zahl
wie Name sind, einmal erfaßt, mit bloßem
Auge deutlich zu lesen. Zu gleicher Zeit führe
ich das ganze Felsstück des genannten Bildes in
vorzüglicher photographischer Wiedergabe des
Hofphotographen Lill von Stuttgart mit vor;
die Photographie zeigt in Originalgröße die
Einschreibungen aufs schärfste. Von der
klischierten Reproduktion darf man das jedoch
nicht erwarten. Das Stück soll hier nur zur
Klarstellung des Maßstabes der Vergrößerung
seinen Platz finden. An der Struktur der
Blätter wird man leicht den Sitz der Signierungen
erkennen.

Wie ich in meinem Aufsatz in den historisch-
politischen Blättern bereits angedeutet habe,
vermag ich Jerg Ziegler als Schüler nicht in
erster Linie Schäufeleins, sondern Sebastian
Daigs nachzuweisen. Daig hat nun, ganz im
Gegensatz zu dem deutlich monogrammieren-
den jüngeren Genossen Schäufelein, niemals
ein Monogramm benutzt: nur einmal wich er
von seiner Gewohnheit ab, als er zusammen
mit anderen an einer großen Tafel, die ich
kürzlich entdeckt habe, arbeitete. Sonst schrieb
er ganze Urkunden auf die freie Holzfläche hinter
den vor den Bilderserien aufgestellten Statuen,
wie er das z. B. bei seinem Marienaltar und
seinem sog. Diakonenaltar in Heilsbronn (bei
Nürnberg) tat. Spuren einer Signierung in
der Art des Meisters von Meßkirch habe ich
auch bei Daig gefunden. Ausführlichere Be-
weisproben wird mein Buch enthalten.

Beuron. P. Ansgar Püllmann O. S. B.
 
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