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Zeitschrift für christliche Kunst — 21.1908

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Arntz, Ludwig: Über die Baugeschichte der einstigen Abtei Altenberg im Rheinland
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https://doi.org/10.11588/diglit.4126#0175

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307

1908. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.

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durch die wiedergegebene Grundrißaufnahme
des Münsters (vergl. Abb. 3) mit den südlich
anschließenden Klostergebäuden veranschau-
licht, bei welcher die Aufnahme von Hundes-
hagen (vor 1820) verwertet worden ist; die
Grundmauern sind größtenteils verdeckt, vom
aufgehenden Mauerwerk stehen zwei Mauerreste
der einstigen Konventräume noch aufrecht.
Nur von einer sachkundigen Aufgrabung im
Bereiche des Claustrums sind für die bauge-
schichtliche Forschung noch wertvolle Auf-
schlüsse zu erwarten.

Der wiedergegebene Lageplan (Abb. 2)
läßt den Zug der teilweise erhaltenen Kloster-
mauer, den Lauf der Dhün, des Mühlgrabens
und die erhaltenen Stauweiheranlagen im
Pfengsbachtale noch erkennen. Auch ist der
jetzige Besitzstand daraus zu ersehen: das
Kirchengebäude auf fiskalischem Grund
(F gezeichnet), der Besitz des erzbischöf-
lichen Stuhles (E gezeichnet) mit dem lang-
gestreckten Kellereigebäude und der neu-
gebauten erzbischöflichen Villa (der jetzigen
Rektorwohnung). Der verbleibende über-
wiegende Bestand (MI gezeichnet) ist zurzeit
im Besitz des Grafen Wolff- Metternich
zur Gracht; er enthält außer einem Teil
der Konventsbauten, den Fabrikbau, die
Rentei, die Markuskapelle und den Küchen-
hof, welcher noch jetzt landwirtschaftlichen
Zwecken dient. Auch heute noch gewährt
der überlieferte Abteibezirk in seiner male-
rischen Lage und landschaftlichen Um-
gebung ein ganz eigenartiges Stimmungsbild
(vgl. Abb. 1).

Vergleicht man den überlieferten Bestand
der Abtei Altenberg, soweit er zutage tritt und
der Forschung erschlossen ist, mit dem bekannten
historischen Schaubilde vom Jahre 1707, so er-
kennt man leicht, daß das Bauwerk seit 200
Jahren gar vieles eingebüßt hat. Infolge des auf-
geteilten Besitzes sowie der Durchführung der
neuen Straße, ist mancher wertvolle Bauteil
zum Opfer gefallen, nicht zum wenigsten auch
die geschlossene Ringmauer, welche einst den
Besitzstand der Abtei umschloß. Das kommt
ganz besonders zum Bewußtsein, wenn man
damit den jetzigen Zustand des gleichaltrigen
Klosters Eberbach i. Rheingau vergleicht,
welches glücklicherweise noch den wohl er-
haltenen Klosterbezirk und die meist noch be-

nutzten Klosterbauten in ihrem historischen
Zusammenhange aufweist. Immerhin dürfen
wir froh sein, daß Altenberg dem härteren
Schicksal anderer Schwesterklöster, wie dem
von Heisterbach und Himmelrot entgangen ist.
Aber dies wertvolle Erbteil des Zisterzienser-
ordens stellt, wie so manches Klosteranwesen
unserer Zeit, die nicht ganz leichte Aufgabe,
das überkommene Werk als ein lebens-
fähiges Bauwesen auch den nachkommen-
den Geschlechtern zu erhalten. Es fällt das unter
das große Kulturproblem der Heimat-
pflege: ein überliefertes Werk unter Wahrung
seiner kulturgeschichtlichen Beziehung, den be-
rechtigten Forderungen der Gegenwart anzu-
passen. Dabei sind außer technischen und
und künstlerischen Gesichtspunkten auch
wichtige volkswirtschaftliche Lebensfragen wohl
in Betracht zu ziehen. Denn eine ange-
messene Verwertung unserer historischen Bau-
werke für die Zwecke des praktischen Lebens
im materiellen oder ideellen Sinne bietet er-
fahrungsgemäß die sicherste Gewähr für eine
dauernde Erhaltung, die beste Kapitalanlage
einer historischen Errungenschaft. — Im Gegen-
satz zu Eberbach, einem ungeteilten Anwesen,
das bisher im Dienste der Provinzialverwaltung
nutzbringend verwertet wurde, liegen die wirt-
schaftlichen Verhältnisse in Altenberg sehr
ungünstig: Hier ein zerstückelter Besitzstand,
mit einem, aus dem geschichtlichen und bau-
lichen Verbände losgetrennten Kirchengebäude,
dessen Wiederaufrichtung bereits sehr be-
deutende Kosten verursachte, und dessen
planmäßige Instandsetzung weitere, nicht un-
erhebliche Aufwendungen an Baukosten und
Bauleitungskosten aus allgemeinen Mitteln er-
fordern wird. Die Nutznießung des umfäng-
lichen Kirchenbaues (von etwa 2200 qm Grund-
fläche) fällt zwei kleinen Gemeinden ver-
schiedenen Bekenntnisses zu, welche schwerlich
zu den Baulasten angemessen herangezogen
werden können. Wohl werfen die vorwiegend
an Gastwirte verpachteten Abteigebäude eine
annehmbare, durch den Fremdenbesuch ge-
steigerte Rente ab. Dagegen entbehrt der
Bergische Dom bis jetzt, unter den gegebenen
Verhältnissen, die notwendige, wirtschaftliche
Sicherstellung, die seiner baugeschichtlichen
Bedeutung entspricht.

Köln.

Ludwig Arntf..
 
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