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Zeitschrift für christliche Kunst — 21.1908

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Firmenich-Richartz, Eduard: Zur Wiederherstellung des Clarenaltares
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333

1908.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

334

sein Buch über „den Dom zu Köln" 1834
zuerst erschien, hatte J. D. Passavant bereits
seine 1831 bis 1832 gesammelten Reisebeob-
achtungen und Notizen veröffentlicht.6) Aus
wenigen Bemerkungen ist bestimmt zu ent-
nehmen, daß der hochangesehene vielseitige
Kenner die Gemäldeserien schon in ihrer
Umbildung vorfand; er unterscheidet ver-
schiedene Hände, „den Meister Wilhelm und
zwei Gehilfen" bei der Ausführung und er-
wähnt die geflügelten Engel, die nicht mehr
dem ursprünglichen Bestand angehören. Seine
Darlegungen historischer Zusammenhänge be-
ruhen auf mündlichen Mit-
teilungen de Noels.

Bei ihrem „Ausflug an
den Niederrhein im Jahre
1828" lernte Johanna Scho-
penhauer7) im Wallrafia-
num den „sehr geschickten
Restaurator, Herrn Lau-
rent" kennen, „der mit
schonend leiser Hand im
Laufe des vergangenen
Sommers mehrere der vor-
züglichsten Gemälde von
hundertjährigem Staube
usw. befreite, die, seit dieser
dicke, entstellende Schleier
gelüftet wurde, in erneuter
Farbenpracht strahlen."

Die Berufungdes Restau-
rator Anton Lorent aus
Gent, der auf Veranlassung
de Noels eine Anzahl der
vorzüglichsten Gemälde
des städtischen Museums seit 1827 bis 1829

Abb. 3.

c) J. D. Passavant: »Kunstreise durch England
und Belgien.« Frankfurt 1833. Im Frühjahr 1831 vor-
bereitet, März 1833 herausgegeben. S. 406 fg. —
„Die Köpfe in diesen Bildern sind meistens lieblich,
besonders die der Frauen, ihre Form rundlich, das
Kinn etwas spitz; (Merkzeichen des Meister-Wilhelm-
Stiles). Der Ausdruck ist nicht sehr lebhaft, aber
richtig; die Proportionen sind etwas lang nnd die
Figuren in ihren Bewegungen denen der Skulpturen des
XIV. Jahrhunderts ähnlich; die Flügel der Engel
sind rundlich geschweift und in einzelne Federn
endigend." Ebenso »Kunstblatt« 31. Jan. 1833. Nr. 10.
__ De Noel kannte von deu Malereien an den Chor-
schranken nur die Bruchstücke, die nicht von den dar-
übergespannten Gobelins bedeckt waren.

7) Johanna Schopenhauer: »Ausflug an den
Niederrhein und nach Belgien im Jahr 1828.-: (Leipzig
1831) S. 268.

renovierte,8) war auch für das Schicksal der
Bilder des Clarenaltares nicht ohne Folgen. Das
warme Lob und der Ausdruck vollen Vertrauens,
die diesem Künstler in Köln zuteil wurden,
kontrastieren jedoch stark mit dem Vorwurf
eines subjektiven und rücksichtslosen Verfahrens
bei jenen stilfälschenden Übermalungen. Nur
durch eine seltene Anpassungsfähigkeit und
die Gelegenheit bei steter Beschäftigung sich
in die Art der altkölnischen Meister einzu-
leben, gelangen mit erstaunlicher Virtuosität
diese rätselhaften Täuschungen. Nach seinen
sonstigen Leistungen zeigt sich Anton Lorent
gänzlich frei von solchem
Raffinement und Künstler-
ehrgeiz. Auch bleibt es auf-
fallend, daß die Beschwer-
den über Vernachlässigung
und Verfall des Claren-
altares nach der Anwesen-
heit Lorents in Köln keines-
wegs verstummen und seine
Witwe erst im Herbst 1861
für Restauration der Ge-
mälde in der Johannis-
kapelle 400 Taler empfing.
Hierdurch scheint mir viel-
mehr erwiesen, daß A.
Lorent nur für die Reno-
vierung von 1859/61 ver-
antwortlich ist. Es ist aus-
geschlossen, daß der näm-
liche Künstler die Wieder-
herstellungsarbeiten schon
um 1834/37 begann, jedoch
erst 1859/61 vollendet
habe, weil das Verhältnis der beiden Restau-
rierungen zueinander dieser Annahme wider-
spricht. Der Urheber der jüngsten Über-
malungen hat doch wohl seine Unterlage
als Original respektiert, sonst hätte er sich
kaum so emsig bemüht, deren Stil zu bewahren,
sie überall zu ergänzen und auszubessern.
Aber selbst.mit dem Nachweis der Autorschaft
Lorents bei jenen stilfälschenden Übermalungen
des Clarenaltares fällt noch keineswegs die ge-
samte bisherige Kennzeichnung des beginnenden
malerischen Stils in Westdeutschland. Es wäre
sehr voreilig, einen gewissenlosen Restaurator
gleichsam zum Erfinder und Schöpfer einer

8) Vergl. Professor J. Hansen : „Meister Wilhelm
und die Kölner Malerschule" in der »Kölnischen Zeitung«
(1909). Nr 81, 30, 4-1.

Fragment der Wandbilder des Hanse-
saales im Kölner Rathaus.
 
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