Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Gartenkunst — 2.1900

DOI Artikel:
Janorschke, Oskar Karl: Oberschlesische Parkanlagen, [2]: Dobrau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22267#0052

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DIE GARTENKUNST

41

Park- und Friedhofsanlagen.

Oberschlesische Parkanlagen. *)

Von

Janorschke, Landschaftsgärtner in Oberglogau.
2. Dobrau.

(Hierzu 2 Abbildungen.)

In der Mitte dieses Jahrhunderts, wo in Oberschlesien
noch wenige Stätten gartenkünstlerischen Schaffens zu
finden waren, begann ein Mann nach eigenem Gutdünken
die Umgebung seiner neu erbauten Heinistätte zu ver-
schönern. Es war dies Graf Hermann von Seherr-Thofs,
Erbherr zu Schlofs Dobrau im Kreise Neustadt O.-S., einer
der wenigen Magnaten, der es sich zur Lebensaufgabe
machte, seinen umfangreichen Besitz musterhaft einzu-
richten und zu pflegen. An erster Stelle galt dieses Streben
seinem Schlofs und der nächsten Umgebung, dem Park.

Dobrau, Haltestelle an der Neustadt-Gogoliner Eisenbahn,
ein kleineres Dorf mit altem Herrensitze, wird seines
Parkes wegen vielfach von nah und fern besucht. Hundert
Meter vom Bahnhof ab ziehen sich die in der Längsachse
etwa 3 km sich ausdehnenden umzäunten Parkanlagen
hin, an deren südlicher Längsseite zwei elegante Parkthore
mit Thorwärterwohnungen liegen. An dem ersten eisernen
Parkthor und an der burgturmartigen Wohnung auf der
von Parkbäumen stark beschatteten Chaussee vorüber-
gehend, empfängt uns bald ein mächtiges Rauschen. Wir
passieren eine 20 m lange Brücke, wo sich 50 Schritt
weiter links ein ca. 25 m breiter Wasserfall präsentiert,
der über mächtige Pelsblöcke 2 bis 3 m tief die hellschäumen-
den Wassermassen stürzen läfst.

An dem weiteren Wegelauf liegt ein 3—4 ha grofser
Teich mit Kahnstation, gegenüber das im Schweizerstil
erbaute Parkhotel, und von hier gelangen wir auf der
1 km langen Dorfstrafse nach dem an der nördlichen
Parkseite gelegenen Schlofs. In der Achse desselben wirkt
eine mehrere km lange Lindenallee — die Proskauer
Strafse — mit etwa zwei- bis dreihundertjährigen, dreifsig
Meter breiten Linden geradezu imposant. Ein zehn Meter
breiter Fufs- und Fahrweg führt bis an die Parkmauer,
an deren Portal zwei wachende Löwen aus Bronze in
Lebensgrösse ruhen (s. Abb. Seite 43), während das Schlofs
von dieser Einfahrt durch ein 40 m breites Rondell getrennt
wird. Hier schleudert eine mächtige Fontäne ihre silber-
hellen Perlenketten in die Höhe; weiterhin unterbrechen
stark erhöhte Gruppen blühender Knollenbegonien und
4—6 m hohe Thuja den schönen grünen Rasen.

Das im Renaissancestil erbaute Schlofs ist an seiner
nördlichen (Turm - )Seite mindestens 30 m hoch mit
Ampelopsis und Epheu berankt, in der wechselnden
Herbstfärbung einen netten Anblick gewährend. Ueber der

*) Vergl. Jahrgang 1899 dieser Zeitschrift Seite 137.

Die Gartenkunst.

grofsen Schlofsauffahrt prangen sehr hohe Lichtfenster mit
Glasmalerei, die den Reflex der Abendsonne bezaubernd
wirken lassen. Der Bau ist aus Kalkstein ausgeführt,
während eine Sandsteinbalustrade die Schlofsterrasse nach
der südlichen Parkseite abgrenzt. Die Terrasse liegt
2—3 m über dem Parkterrain und gleicht dem Flächen-
raum des Schlosses. Zwei Springbrunnen und eine reiche
Anzahl moderner Blumen- und Teppichbeete, allerhand
Kübel- und Dekorationspflanzen bringen Abwechslung in
die Fläche (s. Abb. Seite 45). Eine herrlich gebaute Weifs-
Birke mit fast 1 m Stammdurchmesser, eine mächtige
Platane an dem Sitzplatz für die Herrschaften, ältere
Linden, eine Weide von vier Metern Stammumfang sind
noch Reste der einstigen Umgebung des alten Schlosses.
Ein Treppenbau führt von der Terrasse nach dem Rosen-
gang, an welchem einige hundert Rosen stehen. Dahinter
grenzt der Schlofsteich in Gröfse von 3—4 Morgen. Auch
hier springt ein starker Wasserstrahl aus der freien Teich-
fläche, in welcher sich hunderte von Wildenten tummeln,
die hier besondere Gastfreundschaft geniefsen, wogegen
auf den dicht bepflanzten Inseln sich in der Winterszeit die
schön gefiederten Eisvögel ein Anrecht auf Futtergemein-
schaft erworben zu haben scheinen. Die Blicke über den
Wasserspiegel nach den Parkflächen sind wechselreich
und mit besonderem Geschick gewählt. 10—-20 m breite,
30—40 m lange dicht bewaldete Inseln lassen den Teich
viel gröfser erscheinen, als er wirklich ist. Wenige
hundert Schritt davon liegt der Ententeich, 6—8 Morgen
grofs, im Norden als Hintergrund von dunklen Fichten-
massen begrenzt, während die hellfarbigen, mit Birken
bestandenen Inseln sich vorteilhaft abheben. An den nur
wenig über die Wasserfläche ragenden schmalen Rasen-
streifen zwischen dieser und dem nächsten Wege stehen
auf meterhohen Hügeln einige starke Eichen, Birken oder
gröfsere Felsblöcke, daneben entfalten vier einzelne Taxo-
dium distichum von schön pyramidaler Form, 8—9 m
hohen und fast vierkantigem, 50 cm starkem Stamm ohne
erhöhten Stand ein üppiges Wachstum; an ihnen ist die
massenhafte Bildung von starken Wurzelknoten an der
Rasenoberfläche auffallend.

In geringer Entfernung vom Schlosse liegt in einer
Teichbuchtung eine hochgelegene Insel für ein zu errichten-
des Theehäuschen, während die Bepflanzung aus niedrigen
Coniferen, Mahonien oder Deutzien und Weigelien besteht.
Weite Fernblicke bieten sich dem Auge von hier aus, und
nach einem Weilchen behaglicher Ruhe schreiten wir
weiter an der Gondelstation mit einem im Schweizerstil
errichteten Gondelhäuschen vorüber.

Fast in der Mitte des muldenartigen Parkterrains liegt
der früher nur eintönig schmal gewesene Wasserlauf —
der Mühlgrabenkanal. Er läuft jetzt in schwachen

7

II
 
Annotationen