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Die Gartenkunst — 2.1900

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Traulsen, Arne: Wiesbadens Kuranlagen
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https://doi.org/10.11588/diglit.22267#0093

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Ii, b DIE Gartenkunst h\

Öffentliche Park-Anlagen.

Wiesbadens Kuranlagen.

Von A. Trauisen in Wiesbaden.
(Hierzu 1 Kunstbeilage und 3 Abbildungen.)

Waldumrauschtes Wiesbaden, du Perle der deutschen
Städte! Wie ein Kind in den Mutterarm, so schmiegst
du dich an die Taunushöhen! Wem wird nicht das Herz
weit, wenn dein Name'genannt wird! —

117 Meter über dem Meere gelegen, im Norden und
Osten durch die bewaldeten Höhen des Taunus geschützt,
und nur gegen Süden und Südwesten ganz frei, breitet
sich die bereits 80 000 Einwohner zählende Stadt an den
ßerghängen und in den von diesen gebildeten anmutigen
Thälern aus. Diese äufserst geschützte Lage bedingt ein
aufserordentlich mildes Klima, wie man solches sonst nur
bedeutend südlicher antrifft, und gestattet den Gebrauch
der Kur hier auch im Winter, ein Vorzug, der für die
Bntwickelung Wiesbadens von grofser Bedeutung ist. Die
Zahl der alljährlich hier Erholung und Heilung Suchenden
ist denn auch eine sehr grofse und wächst von Jahr zu
Jahr; nach der amtlichen Kur- und Fremdenliste übersteigt
sie bereits 100000, eine Frequenz, die kein anderer deutscher
Kurort aufzuweisen vermag.

Ein wesentlicher Faktor für das Aulblühen der Stadt
sind die eine Fläche von mehr wie 100 Morgen bedeckenden
Kuranlagen. Dieselben liegen zum Teil im Herzen der
Stadt und im Mittelpunkte des Verkehrs, zum Teil ziehen
sie sich im Thale des Rambach entlang und erstrecken
sich von der Wilhelmstrafse bis zur Dietenmühle. In
Folge dieser günstigen Lage, des prächtigen, dichten
Baumbestandes und der abwechselnden Scenerie der Land-
schaft erfreuen die Kuranlagen sich einer grofsen Beliebt-
heit; was für die Kranken der Kochbrunnen und seine
Bäder, das sind sie für die Erholung Bedürftigen und
Genesenden. Wenn im zeitigen Frühjahr kaum die ersten
Knospen sich regen, strömen diese schon in Scharen her-
bei, um hier, gegen rauhe Winde gesichert, die laue Luft
zu atmen, im warmen Sonnenschein sich zu baden und
den so lieblich sich einstellenden Frühling zu geniefsen.

Der Verkehr in dem Kurpark ist das ganze Jahr hin-
durch ein sehr reger und erreicht in der Hochsaison
(April, Mai, Juni) eine ganz erstaunliche Gröfse. Es ist
deshalb sehr angebracht und anerkennenswert, dafs von
Seiten der Stadt projektiert ist, auch die anderen Thal-
mulden, welche den Stadtbereich berühren, in Anlagen
umzuwandeln. In dem vom Schwarzbach durchströmten
lieblichen Nerothal ist bereits der Anfang dazu gemacht
und auf einer Fläche von ca. 25 Morgen ein Stadtpark
geschaffen worden. Mit der Zeit werden diese Neuanlagen,
wenn auch nicht den Fremdenverkehr, so doch einen
gröfseren Teil des einheimischen Publikums anziehen, und
es wird so einer weiteren Uberfüllung des Kurparks vor-
gebeugt. Der letztere wird allerdings, schon seiner
centralen Lage wegen, stets den Vorzug behalten.

Die Gartenkunst.

Die Kuranlagen setzen sich zusammen aus dem eigent-
lichen Kurpark, den Anlagen auf dem Warmen Damm,
der Dietenmühlanlage, der Blumenwiese mit den Tennis-
Plätzen und der Kochbrunnenanlage. Mit Ausnahme der
letzteren, welche isoliert an dem Kochbrunnnen an der
Taunusstrafse liegt, greifen diese Teile sämtlich ineinander,
sind aber zu verschiedenen Zeiten geschaffen worden.

Die schönsten Partien findet man auf dem von
Wilhelm- und Paulinenstrafse begrenzten Warmen Damm.
Hier stehen unter anderem herrliche Exemplare von Blut-
buchen. Auch zwei Rosenparterres enthalten diese An-
lagen; das eine umgiebt halbkreisförmig das Kaiser
Wilhelm-Denkmal, das andere gröfsere befindet sich vor
dem in die Anlagen einbezogenen königlichen Theater.
Zwischen Wilhelmstrafse und Wilhelmdenkmal breitet sich
ein in natürlichen Formen gehaltener Weiher aus. Der
Blick von der Wilhelmstrafse über diesen hinweg auf das
aus karrarischem Marmor errichtete Denkmal, welches sich
wirkungsvoll von den Parkbäumen abhebt, ist einzig in
seiner Art (siehe Kunstbeilage).

Hat man das Kurhaus passiert, so gelangt man in den
ältesten Teil der Anlagen, den eigentlichen Kurgarten.
Hier ist das Centrum des Fremdenverkehrs, hier werden
die berühmten Gartenfeste abgehalten, bei denen Abends
diese Parkpartie in einem Feuer- und Lichtermeer schwimmt,
wie in einem Feenmärchen. An den Konzertplatz schliefst
sich sogleich der grofse Weiher an mit seinem prächtigen
Hintergrund. Ein dichter alter Baumbestand spendet in
diesem Teil auch an den heifsesten Sommertagen kühlen
Schatten. Bemerkenswert sind riesige Exemplare von
kanadischen Pappeln, welche über alle anderen Bäume
hinausragen.

Auch die Anlagen jüngeren Datums enthalten manches
Sehenswerte. Ich will hier nur den idyllisch gelegenen
Weiher der Dietenmühlanlage und das kleine, aber ge-
schmackvolle Blumenparterre vor dem Kochbrunnen er-
wähnen.

Der Glanzpunkt aber der gesamten Kuranlagen ist
der ca. 3'/2 Morgen grofse Blumengarten vor dem Kur-
hause (siehe Abbild. Seite 82), das Bowling-green, wie der
Wiesbadener ihn nennt. Derselbe istmitBlumenarrangements
und dekorativen Pflanzen (Palmen, Lorbeer etc.) reich aus-
gestattet, rauschende Kaskaden beleben ihn und zwei
Reihen herrlicher alter Platanen fassen die Längsseiten
ein und beschatten die hier reichlich aufgestellten Ruhe-
bänke. Zwischen dem Garten einerseits und den Platanen-
alleen und dem von jonischen Säulen getragenen
antiken Kurhausportal andererseits waltet eine so wohl-
thuende Harmonie, dafs man dieses Stückchen Erde mit
Fug und Recht als ein ideales bezeichnen darf. Die breit
und wuchtig ausladenden Platanen reichen mit ihren
Asten weit in den Garten hinein und werfen ihre Schatten
zum Teil bis in die Mitte desselben.

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