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Die Gartenkunst — 2.1900

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Wieck, Hans: Fürst Pückler-Muskau in der Beurteilung seiner Zeitgenossen, [2]
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Verschiedenes
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Vereinsberichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.22267#0180

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168

wissermafsen nur als „Toilettengegenstände seiner Freundinnen"
betrachtete, keine Rolle. Seiner Muttei schrieb er zu jener
Zeit einen Brief, der allerdings sein vergnügliches Leben
wenig vermuten läfst; es heifst u. a.: „Schreckensvoll hat «las
Bewufstsein der finsteren Gegenwart mich aufgeschreckt, und
in wilder Verzweiflung habe ich das Pistol ergriffen, das stets
geladen an meinem Bette liegt. Darf ich es Dir sagen ? ich
habe losgedrückt und unbegreiflich bleibt mir noch — der
Schufs versagte — ein schlechter Flintenstein entschied über
mein Leben" . . . und zum Schlufs . . . „und hörst Du, dafs
ich ausgerungen habe, so denke: er war zum Glücke nicht
geboren, wohl ihm, dafs er gestorben."

Während dieser Zeit in Neapel und Rom erhielt Pückler
die Nachricht von der Erkrankung seines Vaters und er macht
sich daraufhin auf, nach Hause zurückzukehren. Unterwegs
in Strafsburg, als er von Wolff die Nachricht bekommt, der
alte Graf sei mit der Arrangierung der Schulden beschäftigt
und nichts stände im Wege zu kommen, brachte ihn der un-
überwindliche Widerwillen vor dem stillen Muskau auf einen
sonderbaren Einfall. Er schrieb, es wäre besser, wenn er
nicht nach Muskau käme, denn wenn vielmehr seine Gläubiger
jeden Augenblick seinen Tod gewärtig seien, würden sie ge-
nötigt sein, so schnell wie möglich eine Einigung zu erzielen.
Deshalb sollte nun der Vater ihm die Erlaubnis geben, mit
den sächsischen Truppen nach Spanien gehen zu dürfen. Ein
Jahr wolle er unterwegs sein und dann zurückkommen. Die
Entscheidung des Vaters war, wie zu erwarten war, verneinend.
Pückler erhielt dieselbe in Stralsburg, wo er die Zeit mit 3
verschiedenen Liebesverhältnissen ausfüllte, die ihn „in be-
ständiger dramatischer Spannung hielten." Pückler hatte in
seinem Brief versprochen, der Entscheidung des Vaters un-
bedingte Folge zu leisten. Einen kleinen Umweg machte er
aber doch noch schnell: er bat nämlich um die Erlaubnis,
nach Paris gehen zu dürfen, reiste, ohne die Antwort abzu-
warten, dorthin und „sah dort in 3 Monaten alles, was man
sehen kann, mit der Unermüdlichkeit seiner Natur, mit der
Unersättlichkeit der Jugend."

In Muskau herrschten ungemütliche Zustände. Der alte
Graf, der sich unter eine französisch-sächsische Regierung im
Sinne Napoleons nicht fügen wollte, wurde von den meisten
einflul'sreichen Personen, die ihre Mäntel nach dem Winde
gehängt hatten, mit Kälte behandelt. Dies, dazu die Kränk-
lichkeit und die Sorgen, die ihm sein Sohn und seine frühere
Gemahlin aufgelegt hatten, die Verschuldung des Gutes,
hatten aus ihm einen erbitterten, grämlichen Mann gemacht.
So traf der junge Pückler es nicht allzuglücklich bei seiner
Ankunft. Die Krankheit des Vaters wurde immer bedenk-
licher und Pückler entfloh so oft als möglich der unbehag-
lichen Stille, indem er häufig nach dem nicht allzuweit ent-
fernten Berlin fuhr und sich dort nach Kräften amüsierte.
Eines Tages starb dann der alte Mann und Pückler war nun
der Erbe eines riesigen Besitzes. Der Vater hatte seine an-
fänglichen Pläne, die Herrschaft Muskau zu einem Mdeikommifs
zu machen, um sie vor der Verschwendung seines Sohnes zu
schützen, fallen gelassen. Pückler wurde mit einem Schlage:
Standesherr von Muskau, Baron von Groditz und Erbherr zu
Branitz. (Fortsetzung folgt.)

Verschiedenes.

Die Stadtgärtnerei Münchens ist schon vor der nun-
mehr von beiden Kollegien durchgeführten Reorganisation
des Stadtbauamtes seit 1. Januar ds. Js. zu einer selbst-

ständigen Abteilung erhoben. Die Stadtgärtnerei hat in
den letzten 15 Jahren einen ungeahnten Aufschwung ge-
nommen, indem sich ihr Wirkungskreis in dieser Zeit mehr
als verdreifachte. Im Jahre 1884 hatte die Stadt an "5 Stral'sen
und Plätzen 43 Hektar Anlagen und 39 Kilometer Alleen, An-
fang dieses Jahres 145 Hektar Anlagen und 67 Kilo-
meter Alleen. Letztere sind aus etwa 17000 Bäumen
gebildet. Da der gartenkünstlerischen Ausgestaltung der An-
lagen besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird und auf dem
ehemaligen Kulturgarten an der Mathildenstral'se, wo nur
eine Fläche von etwa '/2 Tagwerk zur Verfügung stand, den
wachsenden Bedürfnissen nicht mehr genügt werden konnte,
war die Anlage eines neuen Kulturgartens unerliifslich. Einem
Antrag des dermaligen hochverdienten Leiters der Stadt-
gärtnerei, Herrn Direktors J. Heiler, entsprechend, wurde im
Jahre 1889 von beiden Kollegien beschlossen, den städtischen
Kulturgarten in die Anlage an der Frühlingsstrafse zu ver-
legen. Im Jahre 1890 wurde mit dem Bau begonnen, indem
etwa 14000 Quadratmeter Fläche umzäunt, mit einer Wasser-
leitung versehen und ein Aufseherhaus wie das Vermehrungs-
haus geschaffen wurden. Mit der Erbauung dieses Ver-
mehrungshauses, das eine Länge von 30 Meter hat, war
die Möglichkeit einer reicheren Ausgestaltung der Blumen-
beete in den Anlagen gegeben, da darin jedes Frühjahr binnen
einiger Wochen etwa 60 000 Stecklinge zur Bewurzelung
gebracht werden, wodurch sehr starke Pflanzen für die Zeit
des Auspflanzens gewonnen werden. — Im Jahre 1892 und
1893 wurden die grofsen Gewächshäuser erbaut, die haupt-
sächlich zur Anzucht und Kultur der bei festlichen Anlässen
nötigen Dekorationspflanzen zu dienen haben. Vier weitere
Sattelhäuser in einer Gesamtlänge von 150 Meter dienen
zur Überwinterung von Schmuckpflanzen, wie Musa
Ensete und Knollengewächse. Sämtliche Glashäuser sind,
den speziellen Bedürfnissen der Stadtgärtnerei entsprechend,
nach den Entwürfen des Plerrn Direktors Heiler ausgeführt
und hiebei ist durch Herstellung eines unterirdischen Ver-
bindungsganges der Pflanzenaustausch mit allen Häusern
auch bei der gröfsten Kälte ohne Nachteil möglich. Zur An-
zucht der nötigen Blumenpflanzen sind 9 5 Treibkästen mit
560 Frühbeetfenstern und 1 4 feststehende Kästen mit
350 Fenstern vorhanden, die mit frischem Pferdodünger er-
wärmt werden. Von den für Kulturzwecke dienenden Räumen
sind 3010 Quadratmeter mit Glas bedeckt. Die Gesamtzahl
der hier jährlich gezogenen Blumenpflanzen beträgt etwa
150000, die sowohl bei Bepflanzung der öffentlichen An-
lagen mit Frühjahrs-, Sommer- und Herbstflor, als für Fried-
höfe und andere städtische Anstalten benötigt werden. Eine
besondere Aufmerksamkeit wird den ausdauernden Stauden
und Perennen gewidmet. Nicht allein alle wertvollen Neuheiten,
sondern auch die hier vorkommenden wildwachsenden
Pflanzen werden in Kultur genommen, um sie auf ihre Ver-
wertbarkeit zu erproben. M. N. N.

Vereinsberichte.

Verein deutscher Garteiikünstler.

Unsere Hauptversammlung.
Voll Befriedigung kann der Verein auf seine diesjährige
Hauptversammlung blicken. Nicht nur der den gemeinsamen
Fahrten und der dem Vergnügen gewidmete Teil zeugte von
einem Frohsinn und einer alle Anwesenden vereinigenden
Fröhlichkeit, sondern auch die Beratungen und fachmännischen
Betrachtungen verrieten ein reges Interesse und einen wohl-
 
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