Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Baumeister: das Architektur-Magazin — 9.1911

DOI issue:
Heft 2
DOI article:
Reicke, Emil: Kirchenbauten
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.54602#0027

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
DER BAUMEISTER • 1910, NOVEMBER.

19


geräumigen Krypta, ein Gedanke, der bei einer zum Teil aus
Bergleuten bestehenden Bevölkerung nahe lag. Der Stil der
Kirche ist im wesentlichen romanisch, mit norditalienischen An-
klängen. Schmitz weiss aber für jede einzelne Aufgabe eine sehr
freie und glückliche, man darf sagen, geistreiche Lösung zu finden.
Eine seiner schönsten Kirchenschöpfungen ist ferner die Marien-
kirche in der Innsbrucker Vorstadt Pradl. Sie wurde in den
Jahren 1905 und 1906 erbaut. Auch sie kein Prunkbau — in
der Mehrzahl der Fälle ja nur ein Lob — vielmehr von schlichter,
aber weihevoller Wirkung, entbehrt die Kirche in ihren ruhigen
romanischen Formen, in deren Details, wenn auch nur ganz
dezent, auch ein gewisser moderner Einschlag auftritt, doch auch


♦Kirche in Königshütte.
Die umgekehrt orientierte Kirche ist aus blass-
rötlichem Sandstein aufgeführt.
Ein ganz anderes Bild gewährt uns die in den
Jahren 1904 bis 1906 erbaute katholische Kirche
in Königshütte in Oberschlesien. In dieser an
Hausteinen armen Gegend war die Verwendung
des Backsteins geboten. Dabei wurde aber ein
gleichmässig eintöniger Brand, überhaupt die so-
genannte „saubere“ Technik vermieden, vielmehr
kamen mit der Hand im Holzmodel geschlagene
rauhe Steine zur Verwendung. Mit Formsteinen
wurde sehr sparsam verfahren, dafür wurde die
alte Technik des Zurichtens einzelner Steine mit
dem Hammer, z. B. bei den Kapitellen der Krypta
wieder ausgeübt. Zur Vermeidung der Eintönig-
keit wie auch zur besseren Ausgestaltung des
ornamentalen Schmucks wurde beim Hauptportal,
dann auch an den Ecken und Gesimsen des
Turmes in seinen unteren Teilen Betonstein ver-
wendet. Auch hier ist die Hauptwirkung die
des Gedrungenen, in richtig empfundenem Gegen-
satz zu den dort überall in die Luft ragenden
schmalen Schlöten. Andererseits ist aber auch
hier wieder, nicht zum wenigsten infolge des ver-
wendeten Materials, ein malerischer Eindruck vor-
herrschend. Interessant ist die Anlage einer sehr



♦Kirche in Stadtsteinach.

wieder nicht einer ziemlich reichen
Gliederung, im Grundriss sowohl wie
in den Einzelheiten. Von grösserer
künstlerischer Prachtentfaltung ist das
Hauptportal mit seinem reliefge-
schmückten Tympanon, der reichen
und doch feinen Säulenarchitektur, den
in stilistischer Gebundenheit starr hin-
gelagerten Portallöwen. Doch ist über-
haupt die ganze Ostfassade — die
Kirche ist umgekehrt orientiert — mit
Fensterrose, Rundbogenfries, Lisenen
und Ziersteinen, mit den im Giebel
stufenförmig aufsteigenden Blendar-
kaden, deren (oberste) Mittelnische ein
sitzendes Muttergottesbild schmücken
soll, reichbelebt. Der Turm erfreut
das Auge durch seine offene Gliede-
rung. Die Langseiten habenverhältnis-
mässig grosse Fensteröffnungen, eine
heitere Note in dem sonst etwas
schweren romanischen Ernst des
Innern, in dem sich aber infolge der
feinsinnigen Gestaltung des Grund-
*Arch. Josef Schmitz, Nürnberg.
Peterskirche in Nürnberg,
 
Annotationen